Poli­ti­sche Bank­rott­erklä­rung für den Gesund­heits­schutz beim Stromnetzausbau

Von: Dör­te Hamann (bi-leinburg@stromautobahn.de)

HochspannungDie Fra­ge nach den gesund­heit­li­chen Aspek­ten beim Tras­sen­bau wird in den Dis­kus­sio­nen der Tras­sen­geg­ner im Ver­gleich zu ande­ren The­men – Bedarf, Finan­zie­rung, Tech­nik usw. – nicht so häu­fig gestellt, wie es ihrer Bedeut­sam­keit ent­sprä­che. War­um ist das so? Wer sich mit dem The­ma Strom­tras­sen und Gesund­heits­ge­fah­ren beschäf­tigt hat, erwar­tet hier längst kei­ne zufrie­den­stel­len­den Ant­wor­ten mehr. Zwar gibt es Stu­di­en, die aber vie­le Fra­gen offen las­sen. Es ist eben die­ser Man­gel an aus­sa­ge­kräf­ti­gen For­schungs­er­geb­nis­sen, der immer wie­der zu Ver­un­si­che­rung und zu mas­si­ven Akzep­tanz­pro­ble­men bei vom Lei­tungs­aus­bau Betrof­fe­nen führt.

Für die mög­li­chen Gefah­ren durch Gleich­strom­tras­sen stell­te das Bun­des­amt für Strah­len­for­schung (BfS) schon 2013 fest: „Die Anga­be von belast­ba­ren Schwel­len­wer­ten für Wahrnehmungs‑, Belästigungs‑, Schmerz- und Gefähr­dungs­ef­fek­te ist im Hin­blick auf die begrenz­te Daten­la­ge, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Anzahl der unter­such­ten Per­so­nen und der Ein­flüs­se von Kofak­to­ren wie z.B. Ionen­dich­te, der­zeit nicht mög­lich. Die SSK emp­fiehlt daher die Durch­füh­rung wei­te­rer For­schungs­pro­jek­te zur Wahr­neh­mung vor allem in Form von Human­stu­di­en unter gut kon­trol­lier­ten Bedin­gun­gen.“ [1]

Seit­dem wur­de an der Beant­wor­tung die­ser Fra­gen offen­sicht­lich nicht effek­tiv gear­bei­tet, denn in der öffent­li­chen Sit­zung des Ener­gie­aus­schus­ses im Bun­des­tag am 27.01.2016 gab es Äuße­run­gen, die mehr sein soll­ten als nur eine Rand­no­tiz.[2] Die­ses Fach­ge­spräch gewährt tie­fe Ein­bli­cke in Den­ken und Vor­ge­hens­wei­se der Ver­ant­wort­li­chen. Hier wer­den die Wei­chen für poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen gestellt, und aus­ge­rech­net hier offen­bart sich ein Maß an Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit, das auf­rüt­teln muss. Denn die dort ange­dach­te Pro­blem­lö­sung ist anders, als man sie erwar­ten wür­de: Nicht ergeb­nis­of­fe­ne Stu­di­en ste­hen im Mit­tel­punkt, son­dern For­schungs­pro­jek­te wer­den laut Aus­sa­ge der Pla­nen­den des­halb für not­wen­dig erach­tet, damit man der beun­ru­hig­ten und ver­un­si­cher­ten Bevöl­ke­rung ent­lang der Strom­tras­sen etwas zu bie­ten hat. Das Ziel ist: Die Akzep­tanz des geplan­ten über­di­men­sio­nier­ten Netz­aus­baus – und nun sol­len Stu­di­en her, die bele­gen, dass von die­sem Netz­aus­bau kei­ne Gesund­heits­ge­fah­ren ausgehen.

Das BfS bestä­tigt: Es gibt For­schungs­be­darf zu Gesundheitsrisiken

Wolf­ram Königs Auf­ga­be als Prä­si­dent des Bun­des­am­tes für Strah­len­schutz (BfS) war es, im Fach­ge­spräch des Ener­gie­aus­schus­ses die gesund­heit­li­chen Risi­ken, die von Höchst­span­nungs­lei­tun­gen – sei­en es Wech­sel­strom- oder Gleich­span­nungs­lei­tun­gen – aus­ge­hen kön­nen, zu bewerten.

König beton­te, dass sei­ne Insti­tu­ti­on eine unab­hän­gi­ge Rol­le in den Ver­fah­ren des Strom­netz­aus­baus ein­neh­me. Mit den Ände­run­gen der 26. Ver­ord­nung zur Durch­füh­rung des Bun­des-Immis­si­ons­schutz­ge­set­zes (Ver­ord­nung über elek­tro­ma­gne­ti­sche Fel­der – 26. BImSchV) von 2013 sieht es der BfS-Prä­si­dent grund­sätz­lich für gege­ben an, dass alle bekann­ten und nach­ge­wie­se­nen Risi­ken durch Strom­lei­tun­gen aus­rei­chend besei­tigt wer­den.[3]

Es gebe sei­ner Auf­fas­sung nach jedoch Hin­wei­se auf mög­li­che Risi­ken, die zwei Fel­der betref­fen“, dass noch nicht alle mög­li­chen Gefah­ren und Ursa­che-Wir­kungs-Zusam­men­hän­ge aus­rei­chend unter­sucht sei­en. Denen müs­se man nach­ge­hen. Als Bei­spie­le nann­te König zum einen das Leuk­ämie­ri­si­ko bei Kin­dern im Umfeld von Wech­sel­strom­lei­tun­gen auf­grund von Magnet­fel­dern. Das zwei­te Pro­blem ist im Bereich der Hoch­span­nungs-Gleich­strom­tech­nik zu fin­den: Hier ist es das Gesund­heits­ri­si­ko durch Luft­schad­stof­fe, das auf­grund der Auf­la­dung von Par­ti­keln an Hoch­span­nungs­lei­tun­gen ent­ste­hen kann. Der Prä­si­dent des Bun­des­am­tes für Strah­len­schutz emp­fiehlt des­halb, ein „kon­zen­trier­tes For­schungs­pro­gramm auf­zu­stel­len“ (ab Min. 7:20). Gebaut kön­ne aber trotz­dem wer­den, da das Ergeb­nis ja sicher „unbe­denk­lich“ aus­fal­len wird.

Ioni­sier­te Luft: Ver­wen­det in der Indus­trie, bald auch ent­lang der HGÜ-Tras­sen zu finden?

Bei der Fra­ge nach “mög­li­chen sta­ti­schen Auf­la­dun­gen durch Gleich­strom­lei­tun­gen, die dazu füh­ren, dass es zu einer erhöh­ten Schad­stoff­auf­nah­me kom­men kann”, gibt es laut König wei­ter­hin Wis­sens­lü­cken, die geschlos­sen wer­den müss­ten. Kein gutes Gefühl hin­ter­lässt die Ant­wort Königs auf die kri­ti­sche Fra­ge von Ralf Len­kert (MdB Die LINKE), was man denn dann für Rück­schlüs­se aus der Tat­sa­che zie­he, dass ioni­sier­te Luft in der Indus­trie als Mit­tel zur Rei­ni­gung von Ober­flä­chen und zur Akti­vie­rung von Plas­tikober­flä­chen vor Kle­be­vor­gän­gen ver­wen­det wer­de. Die Wirk­me­cha­nis­men sei­en ja in der Indus­trie in der Anwen­dung bekannt, inwie­weit wer­de dies denn in die Betrach­tun­gen beim Bun­des­amt für Strah­len­schutz mit einbezogen?

Ant­wort BfS: “Dazu gibt es bis­lang nur eine Stu­die aus den 90er Jah­ren aus Groß­bri­tan­ni­en, die aber nicht ganz das wie­der­gibt, was not­wen­dig ist, um am Ende aus­rei­chend einen ent­spre­chen­den Aus­schluss von Gefah­ren dar­stel­len zu kön­nen. Das sind wis­sen­schaft­li­che Fach­fra­gen, die im Detail lie­gen, die aber hin­sicht­lich des Aus­baus unmit­tel­bar kei­ne eigent­li­chen Ein- und Aus­wir­kun­gen haben dürf­ten.” (Min. 26)

Die­se For­mu­lie­rung in schöns­tem Beam­ten­deutsch lässt einen fast die Bedeu­tung des Gesag­ten über­se­hen: Es gibt schlicht kei­ne belast­ba­ren Erkennt­nis­se zu den wis­sen­schaft­li­chen Details – was nicht ver­wun­dert, denn wir reden hier von einem Pilot­pro­jekt -, man nimmt aber an, es sei­en kei­ne Gefah­ren vor­han­den. Die Büch­se der Pan­do­ra wird den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern direkt vor die Haus­tür gestellt, und erst mit der Fer­tig­stel­lung der Strom­tras­sen wird sie geöff­net  – mal schau­en, was drin ist.

Abstands­re­ge­lun­gen und Strah­len­schutz bei Strom­tras­sen – Vor­sor­ge geht anders

Wäh­rend des Fach­ge­sprä­ches ist mehr­fach von bestehen­den Abstands­re­ge­lun­gen der Tras­sen zur Wohn­be­bau­ung die Rede. Für den Neu­bau von Wech­sel- oder Gleich­strom­tras­sen gilt laut §3 des Bun­des­be­darfs­plan­ge­set­zes (BBPlG): Die Lei­tun­gen sol­len (d.h. wenn mög­lich) im Abstand von 400 Metern bei Ort­schaf­ten und 200 Meter bei Gehöf­ten errich­tet wer­den.[4]

Weder in Euro­pa noch im Bun­des­ge­biet selbst herrscht Einig­keit oder gar ein all­ge­mein­gül­ti­ger Wis­sens­stand zum The­ma Strom­tras­sen, Gesund­heit und Strah­len­schutz. In der Schweiz nimmt man dies zum Anlass, nach dem Vor­sor­ge­prin­zip sicher­heits­hal­ber auf mög­lichst nied­ri­ge Grenz­wer­te zu set­zen. In Deutsch­land darf die elek­tro­ma­gne­ti­sche Strah­lung (bei Voll­be­las­tung direkt unter der Lei­tung einen Meter über dem Boden gemes­sen) mit 100 Mikro­tes­la das Hun­dert­fa­che betragen.

Wolf­ram König betont bei sei­nen Aus­füh­run­gen, dass in der über­ar­bei­te­ten 26. Bun­des­im­mis­si­ons­schutz­ver­ord­nung (26. BImSchV) ein Mini­mie­rungs­ge­bot ver­an­kert ist. „Danach sind künf­tig bei Errich­tung und wesent­li­cher Ände­rung von Nie­der­fre­quenz­an­la­gen und Gleich­strom­an­la­gen die von der Anla­ge aus­ge­hen­den Fel­der so gering wie mög­lich zu hal­ten. Was im Ein­zel­fall mög­lich ist, hängt vom Stand der Tech­nik und den Gege­ben­hei­ten im Ein­wir­kungs­be­reich der jewei­li­gen Anla­ge ab. Die Ein­zel­hei­ten zu die­sem Punkt sol­len in einer Ver­wal­tungs­vor­schrift gere­gelt wer­den“, so das BfS zu Vor­sor­ge­maß­nah­men bei der Strom­ver­sor­gung.[5]

Was genau bedeu­tet aber „so gering wie mög­lich“? All­ge­mein­gül­ti­ge nied­ri­ge Grenz­wer­te sind also wei­ter­hin Fehl­an­zei­ge? Geschützt wird vor nach­ge­wie­se­nen Gefah­ren, aber wo wir­ken sich die jetzt auf den Tisch gebrach­ten „Hin­wei­se auf mög­li­che Gefah­ren“ tat­säch­lich auf den Schutz von Mensch und Tier ent­lang der Tras­sen aus, und wann gibt es Ergeb­nis­se? Vor oder nach dem Bau der Stromleitungen?

Auch das Facts­heet des Bür­ger­dia­log Strom­netz kann von kei­nen ein­deu­ti­gen Vor­ga­ben berich­ten. Erkenn­bar ist, dass Min­dest­ab­stän­de nicht allein auf Fak­ten aus Strah­len­schutz-Stu­di­en und fes­ten Grenz­wer­ten basie­ren, son­dern gewis­ser­ma­ßen auf einem ver­han­del­ba­ren Kon­sens zwi­schen Netz­be­trei­bern, Bund und Län­dern beru­hen (Vgl. auch Fach­ge­spräch ab Min. 1:05). „In ein­zel­nen Bun­des­län­dern wur­den Min­dest­ab­stän­de zu Frei­lei­tun­gen als Zie­le und Grund­sät­ze der Raum­ord­nung fest­ge­legt. Die­se Abstän­de sind aber nicht durch Grenz- und Vor­sor­ge­wer­te für elek­tro­ma­gne­ti­sche Fel­der begrün­det, son­dern viel­mehr ein poli­ti­scher Kom­pro­miss aus ver­schie­de­nen Erwä­gun­gen wie Wohn­um­feld­schutz, Land­schafts­schutz, Sicht­bar­keit der Lei­tun­gen, elek­tro­ma­gne­ti­schen Fel­dern und Wert­ver­lust der Grund­stü­cke.“ Bis­lang bemü­hen sich hier bei­spiels­wei­se Nord­rhein-West­fa­len und Nie­der­sach­sen um ein­ver­nehm­li­che Lösun­gen unter Ein­be­zie­hung von Kom­mu­nen, Inter­es­sens­ver­bän­den und Bür­gern, mit denen kon­flikt­träch­ti­ge Ent­wick­lun­gen ver­hin­dert wer­den sol­len.[6]

Wie jedoch sieht es bei der geplan­ten Auf­rüs­tung von bereits bestehen­den Lei­tun­gen aus, die durch Bay­ern füh­ren? Vie­le Strom­tras­sen lau­fen direkt an Wohn­be­bau­ung vor­bei oder über­span­nen die Häu­ser sogar direkt und sol­len nun im Zuge des Umbaus in ein gesamt­eu­ro­päi­sches Netz auf 380 kV auf­ge­rüs­tet werden.

Auf sei­ner Web­sei­te infor­miert das BfS zum The­ma Über­span­nung von Wohn­häu­sern wie folgt: „Tras­sen für neue Höchst­span­nungs­lei­tun­gen zur Dreh­strom­über­tra­gung müs­sen aus Vor­sor­ge­grün­den so geplant wer­den, dass die Lei­tun­gen nicht über Gebäu­de oder Gebäu­de­tei­le, die zum dau­er­haf­ten Auf­ent­halt von Men­schen bestimmt sind, hin­weg­füh­ren.“[7]

Womit dann jedoch im Facts­heet des Bür­ger­dia­log Strom­netz, für das sich der eben­falls beim Fach­ge­spräch anwe­sen­de Dr. Peter Ahmels ver­ant­wort­lich zeich­net, das fol­gen­de Fazit belegt wird, bleibt das Geheim­nis der Ver­fas­ser: „Beim Bau einer neu­en Hoch- oder Höchst­span­nungs­lei­tung kann der gel­ten­de Grenz­wert für elek­tro­ma­gne­ti­sche Fel­der auch ein­ge­hal­ten wer­den, wenn die Lei­tung direkt über oder sehr nah an Wohn­häu­sern gespannt wird.“ Nach umfas­sen­der Vor­sor­ge klingt dies in jedem Fall nicht, und Bür­ger­be­ru­hi­gung geht anders – sieht so pro­fes­sio­nel­le Akzep­tanz­för­de­rung aus?[8]

Die zwei Haupt­pro­ble­me der Tras­sen­be­für­wor­ter: Zeit­man­gel und Akzeptanzverweigerung

Auch der CDU- Abge­ord­ne­te Kars­ten Möring spricht im Umwelt­aus­schuss klar aus, was er denkt. For­schungs­be­darf schön und gut, wenn dies aber den sorg­fäl­tig durch­dach­ten (und von den Tras­sen­geg­nern ja eh schon so unschön durch­ein­an­der­ge­brach­ten) Zeit­plan beim Lei­tungs­bau stört, hört der Spaß auf: For­schungs­pro­jek­te haben eine signi­fi­kant „zeit­kri­ti­sche“ Kom­po­nen­te. Fast schon hän­de­rin­gend stellt er BfS-Prä­si­dent König die Sug­ges­tiv­fra­ge: „Sind Sie nicht der Auf­fas­sung, dass es aus­reicht, auf der Basis der bis­he­ri­gen Erkennt­nis­se zu sagen: Das ist ver­tret­bar? Vor allem auch in der Rela­ti­on die­ser Gefah­ren­ab­wehr, weil wir ja mit einer Auf­la­ge von gro­ßen For­schungs­pro­jek­ten wenig Erkennt­nis­ge­winn zusätz­lich haben bei empi­ri­schen Stu­di­en.“ Was er als Ant­wort hören möch­te, unter­schei­det sich in nichts von dem, was auch die Ener­gie­lob­by will. (Min. 1:01)

Gro­ße Über­ein­stim­mung unter den Anwe­sen­den besteht bei der Fest­stel­lung Königs, der Bund sei in der „Risi­ko­kom­mu­ni­ka­ti­on“ (bedeu­tet salopp über­setzt: Wie sag ich´s den Betrof­fe­nen, ohne dass sie reni­tent wer­den und uns die Inves­ti­ti­on ver­mas­seln?) noch nicht ide­al aufgestellt.

Sor­gen berei­tet den Ver­ant­wort­li­chen vor allem, dass die betrof­fe­ne Bevöl­ke­rung spä­tes­tens mit Bekannt­ga­be von kon­kre­ten Tras­sen­ver­läu­fen Infor­ma­tio­nen zu bestehen­den Gesund­heits­ri­si­ken ver­lan­gen wird. Dem müs­se man “pro­ak­tiv” begeg­nen, bevor sich womög­lich her­um­spricht, dass es auf vie­le Fra­gen kei­ne wis­sen­schaft­lich belast­ba­ren Ant­wor­ten von unab­hän­gi­gen For­schun­gen gibt – dies führt dann zu man­geln­der Akzep­tanz der Tras­sen, und wo kei­ne Akzep­tanz herrscht, dort wird es Wider­stand geben. Denn, so Königs Erfah­rung: “Das sind auch die Ergeb­nis­se aus unse­ren Ver­an­stal­tun­gen, da sto­ßen wir schnell an Gren­zen, wir ver­su­chen deut­lich zu machen, wo wir unse­ren Erkennt­nis­stand haben. Die Risi­ken sind sehr rela­ti­ve Risi­ken, aber wir kön­nen sol­che Ergeb­nis­se nicht ver­schwei­gen. Sie wer­den dann von ande­ren pro­ble­ma­ti­siert, und dann sind wir in einer Glaub­wür­dig­keits-Lücke, die uns even­tu­ell ganz ande­re Schwie­rig­kei­ten berei­tet.” (Min 1:02).

Wohl wahr… Ob es den Ent­schei­dungs­trä­gern bewusst ist, dass die Bruch­lan­dung in der Glaub­wür­dig­keits­lü­cke längst Tat­sa­che ist? Man könn­te auch mei­nen, dass vie­len im Umwelt­aus­schuss nicht bewusst ist, dass die Öffent­lich­keit die­se Ein­schät­zung „…uns even­tu­ell ganz ande­re Schwie­rig­kei­ten berei­tet.“ mit­hört. Offe­ner und deut­li­cher kann es Herr König nicht for­mu­lie­ren: Die auf sie zukom­men­den Schwie­rig­kei­ten sind den Poli­ti­kern und Insti­tu­tio­nen sehr wohl bewusst, den­noch ver­su­chen sie, die Bevöl­ke­rung mit faden­schei­ni­gen Argu­men­ten zu befrieden.

Nicht beson­ders durch­dacht erscheint zudem Königs Rück­schluss, bei dem er sich nach glei­chem Mus­ter eine Zustim­mung zum Bau von Strom­tras­sen erhofft, wie sie sei­ner Ansicht nach durch For­schun­gen zur Wir­kung von Mobil­funk­strah­lung erreicht wor­den sei. Durch die Stu­di­en habe sich das Wis­sen enorm erhöht und es sei eine gro­ße Akzep­tanz erreicht wor­den. Dabei lässt er unbe­rück­sich­tigt, dass Mobil­funk­strah­lung allein schon des­halb von vie­len Tei­len der Bevöl­ke­rung als not­wen­di­ges Übel betrach­tet wird, da vie­le Men­schen täg­lich und unmit­tel­bar den Sinn eines funk­tio­nie­ren­den Han­dys erfah­ren. Bei Strom­tras­sen, die der Ener­gie­wen­de scha­den und die Strom­kun­den unnö­tig viel kos­ten, obwohl hohe Antei­le des benö­tig­ten Stroms umwelt­ver­träg­li­cher und güns­ti­ger vor Ort gewon­nen wer­den könn­ten, sieht das ganz anders aus.

Sie wis­sen, dass sie nichts wissen

Mit ihrer frei­mü­tig-nai­ven Fest­stel­lung, wie sie die der­zei­ti­ge Infor­ma­ti­ons­la­ge ein­schät­zen wür­de, trifft die Spre­che­rin der Bun­des­re­gie­rung, Staats­se­kre­tä­rin Schwar­zelühr-Sut­ter (SPD), den Nagel auf den Kopf, das muss man ihr las­sen. Es ist kei­ne Über­trei­bung, wenn sie bezüg­lich der Gesund­heits­ge­fah­ren des Strom­netz­aus­baus zugibt: „Sie sehen ja, man hat da an diver­sen Ecken Wis­sens­lü­cken, und das, was Sie ja auch an Her­aus­for­de­run­gen beschrie­ben haben, damit beschäf­ti­gen wir uns natür­lich genau­so. Nicht nur Sie, son­dern auch die Bür­ger und Bür­ge­rin­nen vor Ort, und des­we­gen ist uns des wich­tig, dass wir die­sen Pro­zess auch begleiten.“

Die­se Absichts­er­klä­rung klingt ober­fläch­lich betrach­tet wohl­mei­nend; die Leu­te da drau­ßen haben irgend­wie dif­fu­se Ängs­te, da muss man doch mal schau­en, ob die ernst zu neh­men sind. Wobei man bei den wir­ren, sich im Kreis dre­hen­den Aus­füh­run­gen nicht umhin kommt, dar­über nach­zu­den­ken, war­um aus­ge­rech­net Frau Schwar­zelühr-Sut­ter die­je­ni­ge sein muss, die bei die­sem The­ma in einem Fach­ge­spräch die Bun­des­re­gie­rung ver­tritt. Nichts­des­to­trotz, die Tras­sen müs­sen her, so viel hat die Staats­se­kre­tä­rin mit­be­kom­men – nur das War­um ist halt ein wenig schwer zu for­mu­lie­ren: „Weil wir sind ja aus bekannt­li­chen Grün­den, dass auch die Erneu­er­ba­ren wei­ter aus­ge­baut wer­den und der Netz­aus­bau dann auch erfolg­reich vor­an­geht, inter­es­siert.“ [sic] (Min. 53)

Bleibt die Fra­ge: Wel­cher Schutz bleibt den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern, wenn sie sich nicht vehe­ment gegen die­se Acht­lo­sig­keit und Total­ver­wei­ge­rung unse­rer Bun­des­re­gie­rung bei der Gesund­heits­vor­sor­ge wehren?

Machen wir es unse­ren gewähl­ten Volks­ver­tre­tern nicht zu ein­fach – Strom­tras­sen gibt es über­all. Das Recht auf Gesund­heit geht jeden von uns etwas an.

Man kann sich der Anti-Koh­le-Bewe­gung Ende Gelän­de nur anschlie­ßen: „Wir sind das Inves­ti­ti­ons­ri­si­ko!“ Denn: Wir sind der Raumwiderstand!

Link zum Video­mit­schnitt des öffent­li­chen Fach­ge­sprächs vom Mitt­woch, 27. Janu­ar 2016, im Aus­schuss für Umwelt, Natur­schutz, Bau und Reaktorsicherheit:

http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw04-pa-umwelt/401306


 

[1] http://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse_PDF/2013/HGUE.pdf?__blob=publicationFile S. 28

[2] http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw04-pa-umwelt/401306

[3] http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bimschv_26/gesamt.pdf

[4] https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bbplg/gesamt.pdf

[5] http://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/schutz/vorsorge/vorsorge_node.html

[6]https://land.nrw/sites/default/files/asset/document/bericht_ueber_den_kabinettbeschluss_vom_28.04.2015_zur_aenderung_des_lep-entwurfs.pdf

[7] http://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/schutz/vorsorge/vorsorge_node.html

[8] http://www.buergerdialog-stromnetz.de/sites/default/files/mediathek/bds_factsheet_stromnetzgesundheit_read.pdf

Ein Gedanke zu „Poli­ti­sche Bank­rott­erklä­rung für den Gesund­heits­schutz beim Stromnetzausbau“

  1. War es die­se fun­dier­te Ana­ly­se, die Ten­net bewo­gen hat, am 19.02. doch lie­ber nicht nach Alt­dorf zu kom­men? Es scheint fast so. Ja, ja, die lie­ben ÜNB, fet­te Ren­di­ten ein­strei­chen und den Bür­gern was vom Weih­nachts­mann erzäh­len, dazu sind sie in der Lage. Aber Rede und Ant­wort zu ste­hen und die Fra­gen von gut infor­mier­ten Bür­gern zu beant­wor­ten – da hapert es offen­sicht­lich. Ich habe noch Lex Hart­mans Wor­te vom Okto­ber 2014 im Ohr: Wenn die Tras­sen nicht bald gebaut wer­den, dann wird´s dun­kel in Bay­ern und BMW heißt dann Bre­mer Moto­ren Wer­ke. Ja der Lexi, immer einen Scherz auf den Lip­pen. Hät­te doch selbst kom­men kön­nen, ist doch nicht weit weg von Bayreuth.

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