Wir müssen alles tun, um die Bürger zu verwirren. Das könnte das Motto der deutschen Politik sein.
Am Beispiel des Strommarktes wird deutlich, wie man dieses Motto am besten umsetzen kann. Netzentwicklungsplan, Szenariorahmen, Grünbuch, Weißbuch, Umweltbericht, Strategische Umweltprüfung das alles sind Dokumente bzw. Verfahren, die der Bevölkerung aufzeigen sollen, wie der Strommarkt der Zukunft aussehen soll und sich realisieren lässt.
Das Beste an diesen Dokumenten ist aber, dass sich die offiziellen Stellen damit brüsten können, die Bevölkerung könne sich an der Gestaltung des Strommarktes beteiligen. Das Ganze nennt sich Konsultation. Während der Konsultation, kann jeder Bürger seine Bedenken schriftlich äußern. Wie man am 2. Entwurf des Netzentwicklungsplan für 2024 sehen kann, können Bürger einen Einspruch abgeben, der muss aber nicht zwangsläufig ernst genommen werden. Die einfachste Maßnahme, man wertet die Einsprüche als Massenbrief.
Beginnen wir von vorne: Der Szenariorahmen versucht vorherzusehen, wie viel Strom in den nächsten Jahren wo verbraucht wird, welche Rolle werden Kraftwerke und erneuerbare Energieträger spielen. Auf Basis des Szenariorahmens wird jährlich der Netzentwicklungsplan (NEP) erstellt. Zum Thema Trassenbau gehört auch das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG). Natürlich nicht zu vergessen, der Bundesbedarfsplan, der auf Basis des NEP erstellt wird. Im Bundesbedarfsplan sind die großen Stromautobahnen gekennzeichnet, denn für die gilt dann das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG).
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie schreibt zum Thema “Beteiligung der Öffentlichkeit”:
„Das BMWi setzt beim Netzausbau auf eine umfassende Information und einen frühzeitigen Dialog mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Nur mit einer hohen Akzeptanz der geplanten Vorhaben lässt sich der Netzausbau erfolgreich realisieren. Deshalb beteiligt die BNetzA die Öffentlichkeit in allen Prozessabschnitten des Netzausbaus frühzeitig und umfassend.“
Was, wann, wo??? Ja das ist die Frage, woher erhält man die Informationen, zu was gerade zur Konsultation steht, an wen schicke ich den Einspruch und bis wann. Das ist ganz einfach. Jeder muss selbst aktiv werden und sich die Infos selbst beschaffen. Der interessierte Bürger hat dann sagenhafte 6 Wochen Zeit, den Netzentwicklungsplan zu lesen, zu verstehen und seinen Einspruch zu verfassen. Der Netzentwicklungsplan besteht in Teil 1 aus 137 Seiten und in Teil 2 aus 310 Seiten, dazu noch die Anhänge. Ist doch ein Klacks. Der Szenariorahmen besteht aus 184 Seiten. Das Grünbuch ist mit immerhin 60 Seiten und das Weißbuch mit 108 Seiten dabei.
Wer Interesse am Lesen der 1275 Seiten hat, hier gibt es die Dokumente in einer gesammelten Datei zum Download: Sammelmappe_Netzausbau (pdf, 70,2 MB)
Das Pseudoveranstaltungen mit Bürgerbeteiligung angeboten werden ist ehrenwerter Ansatz, warum aber finden diese Veranstaltungen nicht entlang der vom Trassenbau betroffenen Gebiete statt?
Wir haben ja sonst nichts zu tun!
Strategische Einbindung der Bürger – alles zum Schein. Wir haben euch alle Infos angeboten (auch wenn diese keinen Sinn ergeben), wir haben euch zugehört aber wir machen was wir wollen. Demokratie geht anders. Diese angebliche Einbeziehung ändert grundsätzlich nichts daran, dass weiterhin Politik für die großen Lobbyisten gemacht werden soll. Wir aber sind das Volk und die Wähler. Immer noch.
Den Bürgern wird eine verbindliche Beteiligung verwehrt. Ich zitiere mal aus dem Flyer der Aarhus Konvention Initiative ( http://www.aarhus-konvention-initiative.de ) “Wenn Regierungen von „Partizipation der Öffentlichkeit
bei umweltrelevanten Projekten“ reden, so meinen sie
harmlose Gesprächskreise. Dabei gilt seit 1998 die UN
Aarhus Konvention in Deutschland und in der EU, die
seit 2007 einklagbares Gesetz in Deutschland ist. In der
Konvention ist vorgeschrieben: das Recht auf
Information, auf Beteiligung und auf den Zugang zu
Gerichten, wenn alle Optionen offen sind. Das heißt,
von Anfang an.” Und genau dieses Recht ist weder in den einschlägigen europäischen noch deutschen Gesetzen korrekt verankert. Warum? Hat doch Sigmar Gabriel die Aaarhus Konvention 2007 eigenhändig unterschrieben. Wahrscheinlich fühlen sich die Politiker in ihren angestammten rechten gegenüber den Wählern beschnitten, wo käme man denn da hin, wenn Hinz und Kunz mitentscheiden dürften, welche Stromtrassen, atomare Endlager und Braunkohletagenaue errichtet werden dürften.