von: Maria Estl <pressestelle@steinwaldsagtnein.de>
Spiegel online berichtet am 24.06 von den negativen Folgen der Braunkohleverstromung und klärt über die Hintergründe auf.
Bestandsaufnahme: Braunkohleabbau und –verstromung boomen seit geraumer Zeit. In Deutschland ist das ein Milliardengeschäft und neue Abbaugebiete werden laufend beantragt und genehmigt. Denn die Energieerzeuger wie z. B. der schwedische Stromkonzern Vattenfall brauchen Nachschub für ihre auf Höchstlast laufenden Kraftwerke und Braunkohle ist aus verschiedenen Gründen sehr profitabel
- der niedrige Börsenkurs für CO2-Zertifikate macht sie konkurrenzlos günstig, obwohl diese börsengehandelten Zertifikate umweltschädliche Energieträger wie die Braunkohle eigentlich verteuern sollen. Da sie aber vor Handelsbeginn gratis auf den europäischen Energiemarkt geworfen wurden, ist ein Preisverfall eingetreten. Durch die in den Zertifikaten enthaltenen Verschmutzungsrechte kann die zusätzliche Luftverschmutzung durch Braunkohle nun nicht mehr wirkungsvoll sanktioniert werden.
- Braunkohlestrom gilt als sog. Regelenergie, die Netzschwankungen beim Angebot von Sonne- und Windenergie ausgleichen soll
- Braunkohletagebau ist sehr energieintensiv und deshalb von der EEG-Umlage ausgenommen.
Vattenfall will seinen Tagebau Welzow-Süd um fast 20 Quadratkilometer erweitern, um ab 2027 zirka 200 Millionen Tonnen Braunkohle fördern zu können. 800 Menschen würden im Gegenzug ihre Heimat verlieren.
Kohlebefürworter stehen Kohlegegnern gegenüber, als der in Cottbus tagende Braunkohleausschuss die Entscheidung trifft.
Die Gegner kritisieren, dass die 120.000 Einwendungen gegen das Projekt kaum Eingang in den Braunkohleplan gefunden haben. Über diesen wird nun abgestimmt.
Die Befürworter gehören zu der Gewerkschaft IG BCE, denn in der Lausitz hängen 8200 Jobs von Vattenfall ab. Und dieser Konzern weiß, wie man die Leute überzeugt: Bei der entscheidenden Diskussion hat die Firma ihre Mitarbeiter in die Cottbusser Messehalle geschickt, vor allem Azubis. Auf Nachfrage bestätigen die jungen Männer, ihre Vorgesetzten hätten die Sitzung zum Pflichttermin erklärt.
Das erklärt auch die Stimmung: Kohlebefürworter auf dem Podium werden begeistert beklatscht, Gegner verlacht. Am Ende wird der Ausschuss mit 15 zu 8 Stimmen empfehlen, Welzow-Süd zu erweitern.
Die hier zu fördernde Braunkohle ist in großen Mengen vorhanden, könnte also noch jahrzehntelang abgebaut werden. Zumindest, wenn man weiter gewillt ist, den Preis dafür zu bezahlen. Für die Tagebaue wird nicht nur die Landschaft komplett umgepflügt und muss mühevoll rekultiviert werden. Die Folgen sind auch lange nach dem Ende der Förderung spürbar. Das zeigen etwa die von Eisenhydroxid verdreckten Wasserkanäle in Brandenburg, die die Touristenidylle im Spreewald bedrohen. Die ockerrote Substanz wird aus alten Tagebaugebieten gespült.
Außerdem gibt es da noch das Problem der instabilen Böschungen an vielen, längst gefluteten Fördergebieten der ostdeutschen Braunkohlereviere. Riesige Hangbereiche können unter ungünstigen Bedingungen abrutschen.
Die Politik hat es versäumt, die Kluft zwischen Kohlegegnern und –befürwortern zu überbrücken.. Etwa dadurch, dass sie vor schon vor Jahren ein Ausstiegsdatum festgelegt hätte. Stattdessen will die Mehrheit in Brandenburgs Landesregierung die Kohle um jeden Preis.
Damit riskiert die Politik eine Klagewelle ungekannten Ausmaßes. Die Eile hat freilich auch damit zu tun, dass in Schweden im September gewählt wird. Und eine neue Regierung könnte dem Staatskonzern Vattenfall womöglich sogar den Rückzug aus dem schmutzigen Geschäft in Deutschland verordnen.
“Kohlestrom gehört der Vergangenheit an”, sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert von der Hertie School of Governance in Berlin. Längst nicht jeder in der Lausitz teilt allerdings diese Meinung.
Der gesamte Artikel ist zu finden unter: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/braunkohle-boom-in-der-lausitz-warum-die-billig-energie-riskant-ist-a-970690.html