Von: Birgit Fischer, BI Creußen <bir.g@web.de>
Am 05.11. fand in der voll besetzten Mehrzweckhalle in Creußen eine interessante Veranstaltung zum Thema „Stand und Perspektiven der Speichertechnologie für regenerative Energien“ statt. Iniziiert wurde sie vom Creußner Ortsverband der CSU in Zusammenarbeit mit der Stadt Creußen.
Bürgermeister Dannhäußer (FW) konnte Prof. Dr. Wolfgang Arlt von der Universität Erlangen (Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik und gleichzeitig Gründungsleiter des Energiecampus Nürnberg) sowie die Besucher, darunter auch viele Mitglieder der Bürgerinitiativen gegen die Trasse, begrüßen. Martin Dannhäußer sah die Veranstaltung in der Reihe zum Besuch von Prof. Dr. von Hirschhausen, der im Frühjahr ebenfalls vor großem Publikum hier in Creußen zum Netzausbau sprach. Auch der Vorsitzende des CSU-Ortsverbandes war sehr erfreut über die zahlreichen Zuhörer. Mild wies daraufhin, dass Creußen bereits vor über zehn Jahren mit der Energiewende begonnen hat. Bereits 2002 wurden in Creußen die ersten drei Windräder installiert. Öffentliche Gebäude wurden mit Photovoltaikanlagen (PV) versehen und im Rathaus wurde eine klimaneutrale Hackschnitzelanlage angeschlossen. Den ersten Windrädern sind mittlerweile weitere gefolgt. Creußen ist sehr engagiert in Richtung Erneuerbare Energien (EE).
Prof. Dr. Arlt ging zu Beginn seines Vortrages auf die rasante Entwicklung bei den EE ein. Am Beispiel der Windmühlen zeigte er auf, dass man früher auf Anlagen mit nur einem Megawatt Leistung stolz war, mittlerweile sind Anlagen zwischen drei und sechs Megawatt Standard. Es gibt bereits Anlagen mit acht Megawatt Leistung. Dies hätte man noch vor wenigen Jahren nicht geglaubt. Auch die Produktion von PV-Anlagen hat sich rapide entwickelt. Mittlerweile kann man diese kostengünstig installieren. In einem Jahr wird man soweit sein, dass man neun Zellen pro Minute herstellen kann, dass heißt für 4 Cent pro kwh. PV-Anlagen halten 40 Jahre. Nach ihrer buchhalterischen Abschreibung heißt das 10 bis 20 Jahre Strom umsonst.
Prof. Dr. Arlt sieht in der dezentralen Energiewende die Zukunft. Natürlich sehen dies die Energiekonzerne mit großem Unwillen. Das Monopol, das sie bisher hatten, könnte verloren gehen. Prof. Dr. Arlt ist auch sehr vorsichtig bei den Prognosen der vorausgesagten Blackouts, die von den Stromlobbyisten verbreitet werden. Bereits 2011, als die ersten Kernkraftwerke vom Netz genommen wurden, hatte die Stromlobby damit gedroht. Es wurden mittlerweile acht von 16 Kernkraftwerken abgeschaltet und ein neuntes kommt demnächst dazu, trotzdem ist in Deutschland die Stromversorgung die sicherste der Welt, mit den wenigsten Ausfällen.
Der Bau der HGÜ Süd-Ost bremst Innovation aus. Der Netzausbau wird von uns allen bezahlt werden müssen. Er wird viele Milliarden Euro im zweistelligen Bereich kosten. Der Strompreis wird dadurch steigen. Bereits in der Vergangenheit ist dieser kontinuierlich gestiegen, erst mit Einführung der EEG-Umlage ist er wieder gesunken. Das mag auf den ersten Blick kurios klingen, ist aber wahr. Es liegt an der Konkurrenz durch die EE am Strommarkt. Die Einfuhrbilanz Deutschlands wurde wegen den EE um 10 Milliarden entlastet. Deutschland brauchte weniger Gas und Kohle. Das hat Deutschland und seiner Wirtschaft gut getan. Bei der EEG-Umlage ist nach Frau Prof. Dr. Kempfert vom DIW nur 1/3 der Umlage echte EEG-Umlage. 2/3 der Umlage, die wir alle zahlen, sind den Befreiungen bestimmter Branchen der Wirtschaft geschuldet, deren Beitrag zahlen wir mit. Eigentlich sollten nur solche Firmen von der EEG-Umlage ausgenommen werden, die wegen des höheren Strompreises ihr Unternehmen ins Ausland transferieren könnten. Wie kann es da sein, dass z. B. der VAG Nürnberg (öffentlicher Nahverkehr) von der EEG-Umlage befreit ist? Vermutet man, dass der VAG sein U‑Bahn-Netz nach Rumänien verlagert?
Wir müssen auf die EE setzen. Nur in den letzten 100 Jahren haben wir die Hälfte der fossilen Ressourcen, die sich über 500 Mio. Jahren angesammelt haben, verbrannt und damit CO2 über die Maßen produziert. Unsere Kindeskinder werden sich bedanken. Die Erde wird es verkraften, der Mensch wohl nicht.
Um das Potenzial der EE gut ausschöpfen zu können benötigen wir Energiespeicherung. Gigantische Stromleitungen sind viel zu anfällig für Terroraktionen, die sogar ohne größeren Aufwand von einzelnen verübt werden könnten. Da muss nur jemand entlang der Leitungen auf dumme Gedanken kommen und stolpern, schon haben wir tatsächlich ein Blackout. Bei der HGÜ Süd-Ost würden da plötzlich 2 bis 4 GW (nach jetzigem Planungsstand) fehlen. Wir brauchen Speicherung.
Prof. Dr. Arlt stellte eines seiner beiden Konzepte an denen er forscht vor: Das LOHC-System. Dabei handelt es sich um eine schwer entzündbare Flüssigkeit, die nicht giftig ist und sich vor Ort, dort wo Strom produziert wird, mit Energie aufladen kann und diese aufgeladene Energie wieder am Verbrauchsort abgeben kann. Prof. Dr. Arlt hat dies natürlich etwas wissenschaftlicher formuliert. Diese Art von Energiespeicherung kann zum Heizen, Kühlen, für Strom und für Mobilität genutzt werden. Die Flüssigkeit kann sicher über weite Strecken transportiert werden. Sie ist erst ab 150 Grad brennbar. Beim Betanken eines Autos tauscht man sozusagen die Flüssigkeit ohne Energie mit der energiebeladenen Flüssigkeit aus. Eine Tankstelle, die mit einem 4‑MegaWatt Windrad verbunden wäre, bräuchte durch diese Flüssigkeit keine andere Energiezufuhr, was natürlich den großen Ölkonzernen und Ölexporteuren nicht gefallen wird. Deutschland hätte die Chance energieautark zu werden. Ein Haus in unseren Breiten mit einer 70 qm PV-Anlage bräuchte keine Heizung und keinen Strom zusätzlich. Bei der Flüssigkeit wäre bei einem Terrorakt höchstens der Inhalt des jeweiligen Tanklastzuges bzw. Tankschiffes verloren, was in keinem Fall zu einem Blackout führen würde.
Die Gebäude und die Technik der abgeschaltenen Atomkraftwerke könnte man für das LOHC-System weiter verwenden, ohne die Riskien der Kernkraftwerke zu haben. Es wäre sozusagen eine Verwandlung vom Saulus zum Paulus. Man könnte Kosten beim Rückbau der Kernkraftwerke einsparen. Die Betreiber haben nur eine Milliarde Einlage pro Kernkraftwerk für den Rückbau gebildet. Nach jetzigem Stand und Angaben des TÜV-Süd wird der vollständige Rückbau ca. 10 Milliarden Euro pro Atomkraftwerk kosten, ohne das Problem der Endlagerung zu berücksichtigen. Hier könnten mit der Weiterverwendung für das LOHC-System Gelder eingespart werden. Puffern, heizen, kühlen und Mobilität könnte CO2-neutral gelöst werden.
Prof. Dr. Arlt, der sich als „konvertierter“ Franke geoutet hatte, ist froh in Bayern zu forschen. Die Staatsregierung hat viel Geld für seine Forschung gegeben, die Gelder fließen zwar erst seit zwei Jahren, aber immerhin. Es ist bereits schon viel passiert. Der Bayer. Staat gibt für die Forschung die meisten Gelder bundesweit aus. Für die Serienreife benötigt das Konzept LOHC noch etwa ein bis zwei Jahre. Es gibt wohl keine größeren Hürden bei der Umsetzung, allerdings Feinheiten müssten noch verbessert werden. Man sucht bereits nach Firmen, die das Konzept umsetzen. Es laufen auch bereits mehrere Pilotprojekt. Eine Anlage steht sogar bei AREVA, einer französischen Firma mit einem Sitz in Erlangen, die eigentlich für den Bau von Atomkraftwerken bekannt ist. Man hat anscheinend auch dort erkannt, dass Kernkraft keine Zukunft hat, weil es immer noch zu teuer und gefährlich ist.
Toller Bericht-vielen Dank für die Info!