Ten­net: Pla­nungs-Pan­ne bei der Südostlink-Korridoralternative?

Von: Dör­te Hamann (pressestelle@stromautobahn.de)

Noch immer wird bei Ten­net-Ver­an­stal­tun­gen gegen­über den vom Tras­sen­ver­lauf Betrof­fe­nen davon gespro­chen, dass alle Ver­laufs-Vari­an­ten einer gleich­wer­ti­gen Prü­fung unter­zo­gen wer­den. Wel­chen kon­kre­ten Ver­lauf der Süd­ost­link nimmt und wer somit defi­ni­tiv betrof­fen sein wird, soll erst im Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren bekannt gege­ben wer­den. Nun zeich­net sich jedoch schon früh ab, dass der west­li­che Alter­na­tiv­kor­ri­dor in Abschnitt C kei­ne ernst­haft in Betracht kom­men­de Pla­nungs­va­ri­an­te sein dürfte.

Beim letz­ten „Pla­nungs­be­glei­ten­den Forum“ in Hof am  10. Novem­ber 2017 kün­dig­te Netz­be­trei­ber Ten­net an, es wer­de nun eine „poten­ti­el­le Tras­sen­ach­se“ fest­ge­legt. Die­se ver­läuft im Osten über Wun­sie­del und Wei­den. Offi­zi­ell beeil­te man sich zu ver­si­chern, man benö­ti­ge ledig­lich ein Hilfs­mit­tel, um einen Kor­ri­dor bewer­ten zu kön­nen, da sonst kein Beleg dafür geschaf­fen wer­den kön­ne, dass „nach der­zei­ti­gem Kennt­nis­stand zumin­dest eine kon­kre­te Tras­se rea­li­sier­bar ist“. Dies sei kei­nes­falls eine Fest­le­gung des tat­säch­li­chen Ver­lau­fes. Deut­lich erkenn­bar war und ist das Bemü­hen, so spät wie mög­lich einen end­gül­ti­gen Ver­lauf des Süd­ost­link bekannt­zu­ge­ben. Die­se Beschwich­ti­gungs­tak­tik ver­wun­dert nicht, denn die Dis­kus­sio­nen zwi­schen Netz­be­trei­ber und Tras­sen­geg­nern ver­lie­fen auf die­ser Ver­an­stal­tung zuneh­mend emotional.

Bun­des­wehr­stand­ort Hohen­saas im Planungskorridor

Das Ver­wirr­spiel mit den alter­na­ti­ven Tras­sen ist im Bereich Hof jedoch nicht sehr über­zeu­gend. Am west­li­chen Tras­sen­ver­lauf (Süd­ost­link Abschnitt C) befin­den sich unüber­seh­bar an einem neur­al­gi­schen Punkt tech­ni­sche Anla­gen der Ober­fran­ken-Kaser­ne an der Hohen­saas. Die­se  wer­den zukünf­tig erwei­tert. Um sie her­um zie­hen sich zwei Schutz­be­rei­che: Der inne­re Kreis, 1000 Meter im Durch­mes­ser, behält sei­ne Aus­deh­nung; der äuße­re Kreis soll von 1400 auf 1500 Meter ver­grö­ßert werden.

Es ist höchst zwei­fel­haft, dass an die­ser Stel­le eine Gleich­strom-Lei­tung gebaut und ent­lang­füh­ren kann, denn die Auf­la­gen in die­sem Bereich sind hoch: Um die Emp­fangs-Qua­li­tät für die Mess­ein­rich­tun­gen am Stand­ort gewähr­leis­ten zu kön­nen, gibt es stren­ge Auflagen.

Hier stellt sich die Fra­ge: Ist Netz­be­trei­ber Ten­net im Fall des Alter­na­tiv­kor­ri­dors nicht mit der erfor­der­li­che Sorg­falt bei der Tras­sen­pla­nung vor­ge­gan­gen? Han­delt es sich bei dem west­li­chen Kor­ri­dor um eine Scheinalternative?

Nach eige­ner Aus­sa­ge prüft die Bun­des­netz­agen­tur als zustän­di­ge Behör­de die Sach­la­ge derzeit.

Schein­al­ter­na­ti­ve oder Planungspanne?

Ten­net wur­de schon im April 2017 von Stake­hol­dern auf Pla­nungs­be­glei­ten­den Foren wie­der­holt dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Stand­ort Hohen­saas einen beträcht­li­chen Raum­wi­der­stand auf­wei­se. Trotz­dem wur­de der west­li­che Tras­sen­ver­lauf durch Hohen­saas in die Antrags­kon­fe­ren­zen zur Bun­des­fach­pla­nung in Hof am 31.05.2017 als gleich­wer­ti­ge Kor­ri­dor­va­ri­an­te ein­ge­bracht. Ein Ver­tre­ter der Bun­des­wehr von der zen­tra­len Unter­su­chungs­stel­le für tech­ni­sche Auf­klä­rung in Hof wies laut Pro­to­koll dar­auf hin, dass die emp­find­li­che Emp­fangs­elek­tro­nik und die Anten­nen­an­la­gen in bestimm­ten Teil­ab­schnit­ten direkt von der HGÜ-Tras­se betrof­fen sei­en und der Schutz­be­reich der Bun­des­wehr damit beein­träch­tigt wer­de. Der Stand­ort Hohen­saas lie­fe­re jedoch laut Bun­des­wehr einen wich­ti­gen Bei­trag „für den Schutz der deut­schen Streit­kräf­te“. Eine öffent­li­che Ant­wort von Netz­be­trei­ber Ten­net oder der Bun­des­netz­agen­tur blieb aus. Im Gegen­satz dazu wur­de bei die­ser Antrags­kon­fe­renz auf die Rede­bei­trä­ge von Behör­den­ver­tre­tern fast aus­nahms­los sofort und aus­führ­lich ein­ge­gan­gen. (Vgl. Anhang Pro­to­koll S. 75 f.)

Die Antrags­kon­fe­renz war zugleich die öffent­li­che Be­sprechung nach dem Gesetz über die Umwelt­ver­träg­lich­keits­prü­fung (UVPG) zur Fest­le­gung des Unter­su­chungs­rah­mens für die Stra­te­gi­sche Umwelt­prü­fung (SUP). Die jewei­li­gen Umwelt­prü­fun­gen müs­sen den Anforderun­gen des UVPG ent­spre­chen. Laut § 40 Absatz 1 UVPG dür­fen nur Alter­na­ti­ven geprüft wer­den, die nicht offen­sicht­lich ohne ver­nünf­ti­gen Zwei­fel fernliegen. 

Angst vor dem „Ampri­on-Effekt“

Wür­de der gesam­te west­li­che Kor­ri­dor-Vor­schlag aus­fal­len, blie­be es bei dem Vor­schlags­kor­ri­dor im Osten, an dem der mensch­li­che „Raum­wi­der­stand“ gera­de an Kraft gewinnt.

Je län­ger die Men­schen sich nicht direkt und unaus­weich­lich betrof­fen füh­len, des­to bes­ser für die Ruhe vor Ort, hof­fen Ten­net und die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung. Um ein schlag­ar­ti­ges Auf­flam­men neu­er Pro­tes­te zu ver­hin­dern, sol­len der betrof­fe­nen Bevöl­ke­rung die Fak­ten über den tat­säch­li­chen Tras­sen­ver­lauf offen­bar in homöo­pa­thi­schen Dosen ver­ab­reicht wer­den. Wei­ter­hin scheint gro­ße Angst vor dem „Ampri­on-Effekt“ zu herr­schen –  denn wer schlag­ar­tig Betrof­fe­ne schafft, hat Geg­ner, die mit dem Rücken zur Wand ste­hen. Dies hat am ehe­ma­li­gen Tras­sen­ver­lauf des Süd­ost­link ab Anfang 2014 zu mas­si­ven Pro­tes­ten geführt. Bun­des­netz­agen­tur-Prä­si­dent Jochen Homann muss­te zuge­ben: „Eine Pla­nung gegen die Total­ab­leh­nung in man­chen Regio­nen war schlicht nicht erfolgs­ver­spre­chend.“ (Link). Die­ser fun­da­men­ta­le Wider­stand ist es, vor dem die Stra­te­gen der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung und Netz­be­trei­ber Ten­net mit ihren Bau­plä­nen in den Osten Bay­erns geflo­hen sind. Wür­de es sich als zutref­fend erwei­sen, dass der west­li­che Kor­ri­dor früh­zei­tig aus dem Ren­nen ist, wird sich der Wider­stand im Osten mög­li­cher­wei­se schnel­ler ver­stär­ken als von den Pla­nern erwünscht.

Mit den fort­schrei­ten­den Pla­nun­gen haben sich vor allem am öst­li­chen Süd­ost­link-Tras­sen­ver­lauf von Abschnitt C bereits neue Bür­ger­initia­ti­ven gegrün­det, die im seit 2014 bestehen­den Akti­ons­bünd­nis gegen die Süd-Ost-Tras­se mit­ar­bei­ten und Demos und Info-Ver­an­stal­tun­gen orga­ni­sie­ren. Der Süd­ost­link wird von die­sen Bür­ger­initia­ti­ven in jeder Vari­an­te abge­lehnt, eine Ver­schie­bung ist kei­ne Opti­on. Gefor­dert wird eine dezen­tra­le Ener­gie­wen­de mit loka­ler Wert­schöp­fung, die bereits bestehen­den Über­tra­gungs­lei­tun­gen nach Bay­ern wer­den als aus­rei­chend für die Ener­gie­ver­sor­gung erachtet.

Bil­der zur Ver­fü­gung gestellt mit freund­li­cher Geneh­mi­gung der Ten­neT TSO GmbH

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