Südlink: Anzeige erstattet
Die Vorarbeiten für die geplante Stromtrasse Südlink laufen. Familie Kremmer aus dem Südthüringischen Fambach hatte für ihr Grundstück ein Betretungsverbot ausgesprochen. Doch die Firma rückte dennoch an.
Fambach. Elke und Hartmut Kremmer aus Fambach trauten am Donnerstag ihren Augen nicht. Am späten Nachmittag fuhren die Eheleute zu ihrem Grundstück in Dorfnähe, wo die Familie auch einen Garten hat und Tiere hält. „Als wir dort ankamen, sahen wir, dass sich jemand auf der Fläche zu schaffen machte“, sagt Kremmer. Ihnen schwante nichts Gutes. Auch die Geräusche der Technik waren nicht mehr zu überhören. Tatsächlich gingen offensichtlich die Bodengrunduntersuchungen für den geplanten Bau der Stromtrasse Südlink über die Bühne – auf dem privaten Grundstück. Für die Familie ein Unding. Schließlich hatte sie schon letztes Jahr schriftlich ein Betretungsverbot ausgesprochen. Doch das spielte offenbar keine Rolle. Kremmer forderte die Mitarbeiter auf, mit ihrer Technik sofort das Grundstück zu verlassen. „Einfach so auf privatem Grund und Boden loszulegen, das geht einfach nicht“, stand für ihn fest. Kremmer informierte die Polizei. Die Beamten waren am Abend noch in Fambach vor Ort. Für den Vorgang gab es schon mal das Aktenzeichen. Kremmer erstattete gestern Anzeige.
Vor Ort hatte ein Vertreter jener Firma, die im Auftrag des Stromnetzbetreibers die Vorarbeiten erledigen wollte, eingeräumt, dass „da offenbar etwas schief gelaufen ist“. Er jedenfalls, der seinen Namen nicht nennen wollte, hatte nach eigenen Angaben vom Betretungsverbot keine Kenntnis. „Das kann sein, aber ob das tatsächlich so ist, weiß keiner“, sagt Kremmer. Möglich sei durchaus, dass die Mitarbeiter vor Ort nichts wussten. „Vielleicht waren aber die Chefs informiert – so nach dem Motto: Wir probieren’s halt mal“, so der Fambacher.
Jürgen Herrmann, der ebenso aus der Werratalgemeinde kommt und zudem der stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Thüringer gegen Suedlink“ ist, war ebenso vor Ort. Er kennt das Gebahren, das aus seiner Sicht schon Methode hat. „So oder ähnlich lief es auch in anderen Regionen“, sagte er. Das Betretungsverbot werde ignoriert, um mit den Planungen des Südlinks vorwärts zu kommen. Die Bürgerinitiativen sind inzwischen bundesweit vernetzt. „Wir tauschen uns aus – da machen solche Beispiele natürlich schnell die Runde.“
Familie Kremmer war letztes Jahr mitgeteilt worden, dass auf ihrem Grundstück Baugrunduntersuchungen stattfinden sollen. Schwere Technik sollte also auf der Fläche am Ortsausgang in Richtung Lampertsborn anrücken. Seit Monaten laufen ohnehin die Untersuchungen wie Kernbohrung, Rammsondierung und Kartierung in der Gemarkung. Er und seine Frau wollten sich das aber nicht gefallen lassen – und hatten schriftlich ein Betretungsverbot ausgesprochen. In ihrem Schreiben an das betreffende Planungsbüro teilen er und seine Frau mit, dass sie diese Vorarbeiten nicht dulden und grundsätzliche Zweifel an der Notwendigkeit dieser Untersuchungen haben. Sie beurteilten die geplanten Eingriffe „als schädlich und völlig inakzeptabel“. Erst vor wenigen Tagen war schriftlich erneut nachgehakt worden, ob man denn bei diesem Betretungsverbot bleibe. Kremmers sahen keinen Anlass, daran etwas zu ändern. Eine Duldungsanordnung der Bundesnetzagentur, die in der Regel mit einer Strafandrohung verbunden ist, liegt ihnen noch nicht vor.
Auch der Verein „Thüringer gegen Suedlink“ hatte immer wieder dafür geworben, nicht einfach alle Maßnahmen zu tolerieren. Jeder Verzögerung bringt einen Zeitgewinn, so die Devise. Und so hat auch Kremmer bei Telefonaten der Firmenvertreter mitbekommen, dass sich nach diesem Veto nun wohl paar Wochen nichts bewegen werde. „Das ist auch gut so. Die Entwicklung geht weiter, in zehn Jahren ist ohnehin eine solch teure Trasse technisch längst überholt“, sagt er. „Wir bezahlen den Bau der Trasse auf unseren Grundstücken und dann auch noch den Rückbau.“
Auch die Trassengegner kritisieren jahrelang die Planungen, die aus ihrer Sicht zu allererst dem Geldverdienen der Stromnetzbetreiber dienen und nicht dem Transport der Windenergie vom Norden Deutschlands in den Süden zur Versorgung der Bevölkerung. Kritisiert werden zudem die starken Eingriffe in den Naturraum und die fehlende Suche nach Alternativen wie etwa die dezentrale Stromversorgung.
Autorin: B. Schunk