Söder kann nicht helfen

Von: Dör­te Hamann (bi-leinburg@stromautobahn.de)

Neue Abstands­re­ge­lung für Strom­tras­sen gilt nicht für P44 mod

DSC05541Am 18. Juli 2016 hat­ten Ver­tre­ter der Bür­ger­initia­ti­ve Lein­burg zusam­men mit Ver­tre­tern der BI Schnaitt­ach die Mög­lich­keit, bei einer Ver­an­stal­tung der Lein­bur­ger CSU in Enten­berg mit Hei­mat­mi­nis­ter Dr. Mar­kus Söder über das The­ma Strom­tras­sen zu spre­chen. Dabei ging es um die Fra­ge, ob die von Söder initi­ier­ten Ver­än­de­run­gen des Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gram­mes (LEP) bei einer mög­li­chen Auf­rüs­tung einer Bestandstras­se durch die Gemein­de­ge­bie­te von Lein­burg oder Schnaitt­ach grei­fen und ob die Lei­tun­gen von der Wohn­be­bau­ung weg ver­legt wer­den müss­ten. Söders Ant­wort war deut­lich: „Ich kann Ihnen in die­sem Fall nicht hel­fen!“. Als Grund dafür nann­te er, dass das LEP nicht zum Tra­gen kommt, wenn es sich wie in die­sem Fall um eine län­der­über­grei­fen­de Maß­nah­me han­delt.

Anfang März die­se Jah­res über­rasch­te Hei­mat­mi­nis­ter Söder mit einem plötz­li­chen Enga­ge­ment zum The­ma Strom­tras­sen: „Der Schutz der Men­schen und das Wohl der Bevöl­ke­rung ste­hen für uns an ers­ter Stel­le. Der Strom­netz­aus­bau muss bür­ger­freund­lich gestal­tet wer­den. Wir nut­zen unse­re Mög­lich­kei­ten als Bun­des­land in der Lan­des­pla­nung, um aus­rei­chend Abstand zwi­schen Frei­lei­tun­gen und Wohn­be­bau­ung zu bekom­men, solan­ge Frei­lei­tun­gen gebaut wer­den müs­sen“, so die Stel­lung­nah­me in der Pres­se. Für vie­le Men­schen, die nahe an Strom­tras­sen leben und von Maß­nah­men zur Lei­tungs­ver­stär­kung betrof­fen sind, hat dies zu der Hoff­nung geführt, dass Strom­mas­ten bei einem Neu­bau oder einer Auf­rüs­tung eini­ge hun­dert Meter weit weg von ihren Häu­sern ent­fernt auf­ge­stellt wer­den müs­sen. In der Gemein­de Lein­burg wird ein Bau­ge­biet unmit­tel­bar an einer Lei­tung geplant, die für eine Auf­rüs­tung mit dem Pro­jekt­na­men 44 mod (mod steht für modi­fi­ziert) in Fra­ge kommt. Laut Netz­ent­wick­lungs­plan ist die­se Auf­rüs­tung wei­ter­hin nicht vom Tisch. Die­se Tras­se wür­de von Alten­feld in Thü­rin­gen über Wür­gau in Ober­fran­ken bis nach Luders­heim im Nürn­ber­ger Land füh­ren. Die Pla­nung der Gemein­de geschieht im Glau­ben dar­an, dass die Lei­tung doch sicher ver­scho­ben wer­den müss­te, soll­te sie auf­ge­rüs­tet werden.

In der Pres­se­er­klä­rung des Minis­te­ri­ums vom 2. März 2016 heißt es wei­ter: „Die neu­en Vor­ga­ben der Lan­des­pla­nung sind für alle Vor­ha­ben inner­halb Bay­erns zu berück­sich­ti­gen.“ Was aber bedeu­tet das für eine län­der­über­grei­fen­de Tras­se wie der P44 mod, die in Thü­rin­gen beginnt und von der Bun­des­netz­agen­tur geplant wird? Hier fand Söder in Enten­berg beim kur­zen Gespräch mit den Bür­ger­initia­ti­ven kla­re Wor­te, die äußerst beun­ru­hi­gend sind: „Wenn es sich um eine län­der­über­grei­fen­de Maß­nah­me han­delt, kann ich Ihnen in die­sem Fall nicht helfen!“

Das wür­de bedeu­ten, dass das Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramm und die dar­in fest­ge­schrie­be­ne Abstands­re­ge­lung für die Tras­se P44 mod nicht greift, obwohl die­se an vie­len Stel­len im Nürn­ber­ger Land durch bebau­tes Gebiet oder zumin­dest in unmit­tel­ba­rer Nähe dar­an vor­bei füh­ren wür­de. Im Fall von län­der­über­grei­fen­den Maß­nah­men müss­te eine auf­ge­rüs­te­te Lei­tung mit 380 Kilo­volt dem­nach kei­ne Abstands­re­ge­lun­gen ein­hal­ten. Das baye­ri­sche LEP gäl­te dann nur für Lei­tungs­vor­ha­ben wie der P53, die bei­spiels­wei­se in Post­bau­er-Heng in nur 25 Metern Ent­fer­nung zur Wohn­be­bau­ung ver­läuft. Hier ist die Lan­des- bezie­hungs­wei­se die Bezirks­re­gie­rung zustän­dig, da die­se Lei­tung inner­halb Bay­erns verläuft.

Den­noch sieht es sogar bei lan­des­in­ter­nen Pro­jek­ten nicht danach aus, dass maß­geb­li­che Ände­run­gen geschaf­fen wer­den, die für die Betrof­fe­nen zufrie­den­stel­lend sein kön­nen: Denn die vom Hei­mat­mi­nis­te­ri­um so oft zitier­ten Abstands­re­ge­lun­gen von 400 Metern zu Wohn­ge­bäu­den und 200 Metern zur Wohn­be­bau­ung im Außen­be­reich fin­den sich ledig­lich im neu­en Begrün­dungs­pa­pier für das LEP, nicht jedoch in der Ver­ord­nung selbst. Da das Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramm ohne­hin eher als Richt­li­nie für die räum­li­che Ord­nung und Ent­wick­lung zu sehen ist, bleibt von dem Vor­ha­ben Söders, einen ver­läss­li­chen Schutz der baye­ri­schen Bevöl­ke­rung in Sachen Netz­aus­bau und Netz­ver­stär­kung zu schaf­fen, sehr wenig übrig. Wenn vor der Zustim­mung durch den baye­ri­schen Land­tag nicht deut­li­che Ver­än­de­run­gen am Text statt­fin­den, könn­te das neue Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramm in Sachen Strom­tras­sen eine wir­kungs­lo­se Absichts­er­klä­rung ohne Biss werden.

Der­zeit fin­det ein Anhö­rungs­ver­fah­ren und eine Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung zur Teil­fort­schrei­bung des Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramms Bay­ern (LEP) statt. Das bedeu­tet, die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger kön­nen ihre Beden­ken äußern, unter ande­rem auch, ob sie die Maß­nah­men im LEP für aus­rei­chend befin­den, um den Aus­bau des Strom­net­zes tat­säch­lich bevöl­ke­rungs­ver­träg­lich zu gestalten.

Nicht ver­ges­sen soll­te man die Aus­sa­ge Söders bei der Pres­se­er­klä­rung im März, „neue Lei­tun­gen dür­fen nur dann kom­men, wenn zwin­gen­der Bedarf besteht.“ Die­ser Bedarf muss in zahl­rei­chen Fäl­len stark bezwei­felt wer­den. Die Auf­rüs­tung der Lei­tung P44 mod durch Schnaitt­ach, Lein­burg und Tei­le des Alt­dor­fer Gemein­de­ge­bie­tes ist Teil der Netz­pla­nung, die auch nach Aus­sa­gen von Netz­be­trei­ber Ten­neT unmit­tel­bar bedingt ist durch den Bau der Süd-Ost-Tras­se. Die­se Gleich­strom­tras­se dient laut offi­zi­el­len Pla­nun­gen dem Trans­port von Koh­lestrom und laut Ener­gie­dia­log Bay­ern nicht der Ver­sor­gungs­si­cher­heit und wird des­halb von den Bür­ger­initia­ti­ven abgelehnt.


Anhö­rungs­ver­fah­ren und Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung zur Teil­fort­schrei­bung des Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramms Bay­ern (LEP)

Der Minis­ter­rat hat am 12.07.2016 den Ent­wurf der Teil­fort­schrei­bung des LEP zustim­mend zur Kennt­nis genommen.

Es besteht für jeder­mann die Mög­lich­keit zur Äuße­rung gegen­über dem Staats­mi­nis­te­ri­um der Finan­zen, für Lan­des­ent­wick­lung und Hei­mat per E‑Mail oder auf pos­ta­li­schem Weg bis zum 15.11.2016
(E‑Mail: lep-beteiligung@stmflh.bayern.de ; Anschrift: Ode­ons­platz 4, 80539 München).

2 Gedanken zu „Söder kann nicht helfen“

  1. Es scheint sym­pto­ma­tisch für die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung zu sein,
    Aigner sagt so kommt die Tras­se nicht und ver­spricht es in die Hand.…. fehl­an­zei­ge die Tras­se kommt.
    See­ho­fer sagt 2‑X und was kommt x=0
    Söder sagt Min­dest­ab­stand LEP 400m was pas­siert gilt angeb­lich nicht und steht so auch nicht im Entwurf.

  2. Ich bin ja mal gespannt, zu wel­chen Aus­sa­gen sich unse­re Füh­rungs­po­li­ti­ker durch­rin­gen wer­den, wenn vor dem Wahl­kampf zur Bun­des­tags­wahl der ers­te Tras­sen­kor­ri­dor bekannt gege­ben wird. Aber Eines haben wir ja schon gelernt: Reden ist nicht gleich Handeln!

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