Presseerklärung Grüne-Fichtelgebirge
Marktredwitz 07.12.2017 Die Bundesfachplanung des Südostlinks ist nicht rechtskonform, weil das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) sowohl mit Europarecht als auch mit der Aarhus Konvention nicht vereinbar ist. Es ist somit keine wirksame Kontrolle der Entscheidung über die Bundesfachplanung durch den Gesetzgeber sichergestellt. Das haben der Würzburger Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Wolfgang Baumann und Prof. Dr. Alexander Brigola, Professor für Internationales Wirtschaftsrecht und Europarecht an der Technischen Hochschule Nürnberg, in einem neun Seiten langen Aufsatz über die Rechtsschutzmöglichkeiten am Ende des Bundesfachplanungsverfahrens der Gleichstromtrassen im renommierten deutschen Verwaltungsblatt festgestellt. Eine Klage gegen die Feststellung am Ende des Bundesfachplanungsverfahrens ist aus Sicht der Experten zulässig. (1)
Baumann vertrat im Mai den Landkreis Wunsiedel auf der Antragskonferenz in Weiden. Er ist bekannt von der WAA Wackersdorf und ließ RWE das AKW Mülheim-Kärlich in Koblenz nach einem Verfahrensfehler endgültig zusperren. Er vertritt auch die Bauernverbände von Bergrheinfeld bei Schweinfurt in der Bundesfachplanung des Südlinks.
Am Freitag, dem 15. Dezember 2017, um 9 Uhr steht erst das brisante Thema „Endlager“ auf der Tagesordung des Kreistages in Wunsiedel, danach geht es mit dem Südostlink weiter. Die Kreisräte sollen über den Beitritt zum Verein „Bündnis Hamelner Erklärung e.V.“ mit dem Ziel der Gründung eines Unterausschusses „Südostlink“ entscheiden. Dieses am Südlink angesiedelte Bündnis von Landkreisen will „die Wahl des besten Korridors transparent, nachvollziehbar und unter intensiver fachlicher Beteiligung der Träger öffentlicher Belange“ umsetzen und „auch der von der Bundesregierung beabsichtigten Verfahrensbeschleunigung“ dienen.
„Dies widerspricht dem Beschluss des Kreistages Wunsiedel alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen um den Südostlink aus dem Landkreis Wunsiedel fern zu halten“ sagt Kreisrat Wilfried Kukla, Grüne. „Der Kreistag Wunsiedel ist in der Pflicht für seine Bürger die Rechtskonformität beim Südostlink herzustellen“ ergänzt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Brigitte Artmann. Das geht nur, wenn der Landkreis am Ende des Planfeststellungsverfahrens für seine Bürger klagt. Die Grünen im Kreistag hatten ursprünglich den Würzburger Fachanwalt Wolfgang Baumann an den Landkreis vermittelt. Es gäbe auch die Möglichkeit, einer schnellen Einstellung der Bundesfachplanung aufgrund der Tatsache, dass der Bundesregierung ein erneutes Vertragsverletzungsverfahren droht. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass das „Bündnis Hamelner Erklärung e.V.“ dies zusammen mit dem Landkreis Wunsiedel anstreben wird, so Artmann weiter. Die Forderungen der grünen Kreistagsfraktion sind die Rechtskonformität herzustellen, keinen Braunkohlestrom aus der Lausitz nach Bayern zu liefern und eine generelle Bedarfsüberprüfung der Gleichstromtrassen im Sinne einer dezentralen Energiewende nachzuholen.
Weiter heißt es in der Pressemitteilung, die Grundstücksbesitzer in den Stromtrassenkorridoren sollten sich nicht mit Entschädigungszahlungen durch TenneT abspeisen lassen, sondern Klagegemeinschaften bilden und am Ende des Verfahrens Widerspruch einlegen. Wegen einer finanziellen Unterstützung seitens der Aarhus Konvention Initiative und den Bürgerinitiativen Fichtelgebirge, Stiftland und Neustadt/Waldnaab können sich bedürftige Kläger an die Initiativen wenden.
In einem gesonderten Verfahren basierend auf Völkerrecht werden die Grünen aus Wunsiedel zusätzlich zusammen mit der Aarhus Konvention Initiative und vielen Initiativen und Einzelpersonen eine Beschwerde durch die Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen beim Aarhus Komitee einreichen, da auch die generellen Rechte von Individuen in derartigen Planungsverfahren verletzt werden. Dr. Verheyen ist bekannt durch die Klage des peruanischen Kleinbauerns Saúl Luciano Lliuya gegen RWE. Das Oberlandesgericht Hamm hatte letzte Woche die Beweisaufnahme eröffnet und damit für weltweite Schlagzeilen gesorgt. Der Kläger Lliuya fordert eine Kostenbeteiligung von RWE an den Schutzmaßnahmen für seinen Heimatort gegen das Überlaufen eines Gletschersees in den Anden, da RWE durch den Betrieb von Kohlekraftwerken und deren CO2-Emissionen den Klimawandel mitverursacht.
(1) “Garzweiler nach Århus- Der Netzausbau und das europarechtliche Gebot unmittelbaren Rechtsschutzes“
www.degruyter.com/view/j/dvbl.2017.132.issue-22/dvbl-2017–2202/dvbl-2017–2202.xml
http://www.klimaretter.info/protest/nachricht/23996-beweisaufnahme-bei-klimaklage-gegen-rwe
Quelle der PE: http://gruene-fichtelgebirge.de/starkstromtrassen/
Was Staatssekretär Pschierer und viele andere Trassenbefürworter nicht wahrhaben wollen: Die Diskussion, ob die Trassen gebaut werden sollen und dürfen, ist nicht abgeschlossen, denn es sind rechtliche Fragen offen. Da hilft es auch nicht weiter, wenn der Bundestag die Trassen beschlossen hat – an geltendes Recht ist auch er gebunden. Die etablierten Parteien befinden sich mit ihrer fragwürdigen Durchhalteparole in Sachen Trassenbau auf “energiepolitischer Amokfahrt”. Dieses Prädikat wollte Pschierer kürzlich im Landtag ausgerechnet den Freien Wählern unterschieben. Es passt aber viel besser auf diejenigen, die sich nicht an demokratische Werte und geltendes Recht halten.
Was mich auch sehr verwundert, ist die Tatsache, dass die “Hamelner Erklärung” Thema im Kreistag Wunsiedel sein wird, obwohl ein gültiger Kreistagsbeschluss vorliegt, der ihr widerspricht. Wer hat wohl diesen Antrag auf die Tagesordnung gesetzt? Was soll damit erreicht werden? Bewahrheiten sich etwa die immer wieder geäußerte Vermutungen, dass der Wunsiedler Landrat Dr. Döhler den “alten ” Beschluss gar nicht wirklich umsetzen will? Es hat den Anschein. Zur Erinnerung: Der Beschluss, mit allen rechtlichen Mitteln die Süd Ost Trasse aus dem Landkreis Wunsiedel fernzuhalten, wurde mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme getroffen. Ich gebe den grünen Kreisräten Artmann und Kukla voll und ganz Recht mit ihren Feststellungen.