Presseerklärung der BI Brand e.V.
Marktredwitz / Brand 11.02.2025
BI Brand e.V. kritisiert weiterhin Südostlink:
Massive Naturzerstörung beim Ruhberg! Teuere und unbezahlbare Fehlplanung!
Durch den Planfeststellungsbeschluss wurde die Baugenehmigung für den Bau der Stromtrasse Südostlink bei Marktredwitz / Brand über den Ruhberg am 13.02.2025 durch die Bundesnetzagentur erteilt. Der Hotspot Ruhberg mit den geplanten Umwelteingriffen zeigt brennglasmäßig die Probleme des Netzausbaus mit den großen Stromtrassen. Die zu erwarteten Naturzerstörungen, die damit einhergehen, wurden der BI Brand e.V. während der intensiven Recherche zum Planfeststellungsverfahren in ihrer erheblichen Tragweite deutlich bewusst.
Der Bau durch die geschützte Ruhberg-Region muss mit einer Klage wegen einer fehlerhaften Bundesfachplanung verhindert werden. Viele Planungsleitsätze, bei denen es sich grundsätzlich um gesetzlich verankerte Vorgaben handelt, wurden im Sinne des strikten Rechtes nicht eingehalten. Große Hoffnung setzen wir dabei in die kommunale Politik. Ein positives Zeichen wurde in der Kreistagsitzung am 11. November 2024 gesetzt. Es wurde der einstimmige Beschluss gefasst, die Stadt Marktredwitz bei einer Klage im problematischen Abschnitt C2 beim Ruhberg zu unterstützen. Man sieht hier die vielen Probleme in diesem Bereich.Bedauerlicherweise teilen die Umweltverbände BUND Naturschutz, der Landesverband für Vogelschutz und auch der Fichtelgebirgsverein diese Einsicht auf unsere Anfragen hin bisher noch nicht.
Die geplanten naturzerstörenden Eingriffe und Probleme beim Bau der Stromtrasse Südostlink über den Ruhberg im Korridor 042 sind in unserer Region nicht akzeptabel:
- Auf ca. 5 km Länge und 40 m Breite soll zusammenhängender Wald in der Region beim naturgeschützten Ruhberg durchschnitten werden. Ca. 15.000 Bäume müssen gerodet werden. Die Region Ruhberg ist mit 71.103 m² Rodung (entspricht ca.11 Fußballfeldern!) und 64.735 m² Kahlhiebfläche mit Abstand am Schlimmsten im ganzen Abschnitt C2 betroffen. Der Abschnitt C2 ist 90 km lang, und insgesamt beträgt im Abschnitt C2 die Rodungsfläche 228.512 m² und die Kahlhiebsfläche 207.624 m². Das heißt, in der 9 km langen Ruhberg-Region finden knapp ein Drittel aller geplanten Rodungen statt. Diese Relation verdeutlicht, welch massiver Eingriff geplant ist.
- Gefährdung der Trinkwasserquellen bei Glashütte: Die Bewohner von Glashütte beziehen ihr Trinkwasser aus eigenen Quellen, eine Anbindung an die städtische Trinkwasserversorgung besteht nicht. Der Südostlink soll im Wassereinzugsbereich in 70 Meter Abstand oberhalb zur ergiebigsten Trinkwasserquelle gebaut werden, ein Versiegen der Quellen ist zu befürchten.
- Mitten durch den amtlich ausgewiesenen, gesetzlich geschützten Sturmschutzwald soll auf über 1 km Länge die Stromtrasse gebaut werden – in Ost-West-Richtung, den Hauptwindrichtungen! Windwurf in den umliegenden Wäldern ist vorprogrammiert. In Zeiten des Waldsterbens und Klimawandels völlig unverständlich.
- Die Stromtrasse soll in nächster Nähe zum Naturschutzgebiet am Ruhberggipfel („Naturschutzgebiet Ruheberg nahe Arzberg“) und zum Biotop Vogelherd verlaufen. Durch einen „Zickzackkurs“ im Trassenkorridor versucht man geschützte Regionen zu umgehen. Aber die Eingriffe und die Folgen enden ja nicht an der Grenze zu einem offiziellen Schutzgebiet! Angrenzender Lebensraum bedeutet ein Zusammenspiel für Tiere und Pflanzen! Wird ein Bestandteil verändert oder zerstört, geht die Biodiversität zugrunde.
- Am Basaltkegel Ruhberg sind erschwerte Baubedingungen. Basalt ist härter als Granit – hier muss schwerstes Gerät wie im Hochgebirge eingesetzt werden. Sogar Sprengungen mussten in einer 2. Planänderung nachgetragen werden. Ein Zeichen der fehlerhaften Bundesfachplanung.
- Das Flussbett der Kösseine ist stark mit Quecksilber verseucht und muss von der Stromtrasse unterquert werden. Die Folgen sind nicht vorhersehbar!
- Drainage-Wirkung der Stromtrassen-Kabelgräben am steilen Ruhberg führt zur Entwässerung der Böden und Trockenschäden in den umliegenden Wäldern.
- Grundwasserabsenkungen mussten nachgeplant werden. Im Bereich oberhalb der Quellen von Glashütte für 3 Wochen, beim Schlosswald / Biotop Vogelherd oberhalb Brand und bei der Kösseine für jeweils 6 Wochen. Der Korridor 042 wurde ungenügend voruntersucht. In den 1. Planfeststellungsunterlagen wurde die Problematik mit dem Grundwasser nicht thematisiert. Nun erst mit der 2. Planänderung gibt es detailgenaue Untersuchungen und diese Grundwasserabsenkungen werden benannt. Was geschieht, wenn es vor und nach der Grundwasserabsenkung nicht regnet? Die Dürreschäden in diesen sensiblen Regionen werden nicht mehr reversibel sein.
- Das Gebot der Bündelung von Maßnahmen wurde nicht eingehalten: Im Gegensatz zum Korridor 042 über den Ruhberg kann im Korridor 041 der Südostlink im Zusammenhang mit dem Ostbayernring gebaut werden und die inzwischen nicht mehr genutzte, frühere Trasse des Ostbayernrings im tiefer liegenden Gebiet am Ruhberg genutzt werden. Die Auswirkungen auf Flora und Fauna wären um ein Vielfaches geringer, da die Entfernung zu den geschützten Regionen Ruhberg und Biotop Vogelherd wesentlich größer ist.
- Unverhältnismäßig hohe Kosten durch: die Missachtung der Geradlinigkeit der Stromtrasse über den Ruhberg, die massiven Rodungen, die Unterquerung der Kösseine (Angabe Tennet: 960.000 Euro), die Ersatzversorgung mit Trinkwasser des Ortsteils Glashütte während der Bauphase, evtl. Anschluss von Glashütte an die städtische Trinkwasserversorgung, den Einsatz schwerster Baumaschinen, die Sprengungen um den Basalt zu brechen und ggf. eine Unterquerung des geschützten Sturmschutzwalds. Diese massive Kostenerhöhung trägt letztendlich der Stromkunde über steigende Netzentgelte.
Inzwischen werden angesichts der explodierenden Stromkosten zunehmend Zweifel am zentralen Stromnetzausbau laut. Allein in Deutschland sind circa 20.000 km Stromtrassen geplant (etwa eineinhalbmal so lang wie das deutsche Autobahnnetz). Geschätzte Kosten: 300 Milliarden Euro. Wenn man den notwendigen Ausbau der lokalen Verteilnetze dazurechnet: 732 Milliarden Euro! Das größte und teuerste Infrastrukturprojekt der deutschen Geschichte. Die Erdverkabelung ist dabei der größte Kostenfaktor, der zudem die Natur massiv schädigt – wie am Ruhberg!
Ein dezentraler Energieausbau, wie ihn die Stadt Wunsiedel beispielhaft schon praktiziert, ist wesentlich naturschonender und kostengünstiger für den Verbraucher. Da die Technik in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht hat und die neuen Technologien viel billiger geworden sind, sind sie inzwischen die bessere Wahl.
Frau Claudia Kempfert, Energieökonomin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, hat im Bericht „Windkraft vs. Atomkraft: Die Debatte über Kosten und Umwelt“ im Wissenschaftsmagazin 3sat NANO vom 22.01.2025 widersprochen, dass es den überdimensionierten Netzausbau noch braucht, um Windstrom von Nord nach Süd zu transportieren. „Heute verändern sich die Dinge rasant, gerade die Energiewende, die Technologien, die Kosten. Da muss man nachschärfen, anpassen, …, dann kann man massiv Kosten sparen.“
Der Landkreis Wunsiedel ist Vorreiter bei der Energiewende. Der Wunsiedler Weg, mit dem Ausbau von Stromspeichern (Elektrolyseur in Wunsiedel) und Batterien (wie z.B. in Arzberg), mit digitalisierten Stromnetzen, und mit der sogenannten Sektoren-Kopplung (Verbindung der Stromversorgung zwischen Industrie, Heizen, Mobilität) zeigt den Fortschritt im Bereich der modernen Energieversorgung. Obwohl es im Landkreis Wunsiedel viel energieintensive Industrie gibt, wird hier dreimal mehr Strom erzeugt als benötigt – rund 80.000 Menschen profitieren davon – eine Blaupause für die Energiewende! Herr Marco Krasser von der SWW Wunsiedel GmbH sagte im Wissenschaftsbericht von 3sat NANO dazu: “Jede Energiemenge, die ich vor Ort erzeuge, verbrauche und speichern kann, die muss ich nicht transportieren und spare somit CO2 und Kosten. … Wenn wir Sektor-übergreifend denken würden, bräuchten wir diese Trassen nicht.“
Herr Werner Neumann, Sprecher des Arbeitskreises Energie BUND Naturschutz, bestätigt im Wissenschaftsbericht 3sat NANO: „Wir haben einen überdimensionierten Stromnetzausbau. Der Einsatz von Stromspeichern kann wesentlich dazu beitragen, den Ausbau der Stromnetze zu reduzieren, spart immense Kosten, Hunderte von Milliarden Euro, und einen immensen Eingriff über Zehntausende von Kilometern in die Natur und den Wald.“
Die Technologien im Energiesektor haben sich stark weiterentwickelt. Hoch leistungsfähige und immer kostengünstigere Stromspeicher, eine ausgereifte Digitalisierung des Stromnetzes mit „smarten Stromzählern“ usw. und eine Kopplung der Stromversorgung zwischen Industrie, privaten Haushalten, Autos usw. sind jetzt eine echte Alternative zum überdimensionierten Stromtrassen-Ausbau. Die Naturzerstörung muss aufgehalten werden!
Die fehlerhafte Bundesfachplanung führt im Korridor 042 über den Ruhberg zu extremen Naturschäden beim Bau der Stromtrasse Südostlink und darf nicht hingenommen werden – eine Klage ist hier notwendig.
Wenn in anderen Landkreisen der Stromnetzausbau mit Photovoltaik, Windkraft und Stromspeichern wie im Landkreis Wunsiedel voranschreitet – und die technische Entwicklung lässt sich nicht aufhalten – wird die Stromtrasse Südostlink überflüssig.
Die BI Brand e.V. fragt: der Landkreis Wunsiedel geht mit bestem Vorbild in der Energiewende voran – sollten wir jetzt nicht auch mit allen Mitteln um unsere Natur am Ruhberg kämpfen?