Neu­es Bünd­nis gegen die Strom­tras­se P44 mod

Von: Dör­te Hamann (bi-leinburg@stromautobahn.de)

Tref­fen von Bür­ger­meis­tern und Bür­ger­initia­ti­ven in Neun­kir­chen am Sand 

p44modDie Strom­tras­se P44 mod ist nicht vom Tisch. Am 10.08.2016 fand in Neun­kir­chen am Sand ein Tref­fen von Bür­ger­meis­tern und Ver­tre­tern von Bür­ger­initia­ti­ven (BIs) gegen Strom­tras­sen statt. Damit wur­de der Grund­stein für ein Bünd­nis von betrof­fe­nen Gemein­den gelegt, mit dem sich die Kom­mu­nen ent­lang der geplan­ten Tras­se mit dem Pro­jekt­na­men 44 mod (mod für modi­fi­ziert) zusam­men­schlie­ßen. Der Bedarf die­ser Lei­tung wird grund­sätz­lich bezwei­felt, für die Ener­gie­wen­de bedeu­te sie kei­nen Nut­zen, son­dern kon­ter­ka­rie­re den dezen­tra­len Cha­rak­ter der Erneu­er­ba­ren Ener­gien, stell­ten die Teil­neh­mer fest. Ziel kann es des­halb nicht sein, eine Alter­na­tiv­rou­te für den Ver­lauf der Strom­lei­tung zu fin­den, son­dern sie zu ver­hin­dern, um eine bezahl­ba­re, dezen­tra­le Ener­gie­wen­de zu ermöglichen.

Die Bevöl­ke­rung weiß gar nicht, was wirk­lich auf sie zukommt“, so die ein­hel­li­ge Mei­nung von Bür­ger­meis­tern und Bür­ger­initia­ti­ven. Laut Netz­ent­wick­lungs­plan ist die Auf­rüs­tung der bestehen­den Lei­tung auf 380 Kilo­volt wei­ter­hin im Gespräch. Die Lei­tung P44 mod ist Teil einer Netz­pla­nung, die nach Aus­sa­gen von Netz­be­trei­ber Ten­neT unmit­tel­bar bedingt ist durch den Bau der Süd-Ost-Gleich­strom­tras­se. Die­ser ver­stärk­te Netz­aus­bau führt dazu, dass in zahl­rei­chen Gemein­den gro­ße Unsi­cher­heit herrscht. Die Lei­tung P44 mod geht von Alten­feld in Thü­rin­gen über Wür­gau in Ober­fran­ken bis nach Luders­heim im Nürn­ber­ger Land. Sie führt in vie­len Orten der Regi­on direkt über oder sehr nahe an Wohn­ge­bie­ten vor­bei und wird mit neu­en über 70 Meter hohen Mas­ten versehen.

Die Idee zu dem Tref­fen hat­te Ralph Kuba­la von der BI Altdorf/Burgthann zusam­men mit dem Neun­kir­che­ner Gemei­de­rat Uwe Schlenk. Bür­ger­meis­te­rin Mar­ti­na Bau­mann ergriff dar­auf­hin die Initia­ti­ve und lud Bür­ger­meis­te­rin­nen und Bür­ger­meis­ter, deren Gemein­den ent­lang des Tras­sen­ver­laufs lie­gen, ein. Trotz Feri­en­zeit war die Reso­nanz erfreu­lich: Bür­ger­meis­ter Klaus Falk kam aus Otten­so­os, Neun­kir­chen am Brand wur­de durch den 3. Bür­ger­meis­ter Andre­as Pfis­ter ver­tre­ten, und für die Gemein­de Lein­burg nahm sich Bür­ger­meis­ter Joa­chim Lang die Zeit, sich den Pro­ble­men des Strom­netz­aus­baus zu stel­len. Von den Bür­ger­initia­ti­ven, die schon seit Anfang 2014 bestehen und seit­dem im Akti­ons­bünd­nis gegen die Süd-Ost-Tras­se gemein­sam aktiv sind, waren Ver­tre­ter aus Mit­tel­fran­ken und der Ober­pfalz anwesend.

Mas­si­ver Netz­aus­bau ver­sus dezen­tra­le, bezahl­ba­re Energiewende

Gemein­sa­mes Ziel ist es, dass sich noch mehr Betrof­fe­ne die­sem neu gegrün­de­ten Bünd­nis gegen die Strom­tras­se P44 mod anschlie­ßen. Dabei sind sowohl die Gemein­de­ober­häup­ter ange­spro­chen, aber auch enga­gier­te Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sind will­kom­men, wenn sie sich gegen einen über­di­men­sio­nier­ten Netz­aus­bau und für eine Stär­kung der Ener­gie­wen­de vor Ort und der Erzeu­gung von sau­be­rem Strom ein­set­zen wollen.

Die offe­ne und kon­struk­ti­ve Dis­kus­si­on ergab ein­hel­lig, die Kri­tik müs­se sich gegen ein fehl­ge­lei­te­tes Gesamt­sys­tem rich­ten, das der Ener­gie­wen­de zuwi­der­lau­fe, nicht allein gegen ein­zel­ne Tras­sen. Denn das The­ma Netz­aus­bau ist viel kom­ple­xer, als es in der Bevöl­ke­rung oft wahr­ge­nom­men wird. Des­halb sei so viel Auf­klä­rung wie mög­lich not­wen­dig, auch wenn es nicht immer ein­fach ist, das sper­ri­ge The­ma in leicht ver­ständ­li­che Infor­ma­tio­nen zu ver­pa­cken, wie die Bür­ger­initia­ti­ven aus über zwei­jäh­ri­ger Erfah­rung berich­ten konn­ten. Es herr­sche lei­der häu­fig der fata­le Irr­tum, dass Pro­ble­men nach dem Mot­to „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ begeg­net wer­den kön­ne, so Bür­ger­meis­ter Klaus Falk aus Otten­so­os. Sei­ne ein­dring­li­che Fra­ge lau­te­te des­halb: „Wol­len wir wirk­lich zum ‚Dreh­kreuz Euro­pa‘ für die Strom­ver­tei­lung werden?“

Mat­thi­as Groble­ben von der BI Altdorf/Burgthann kri­ti­sier­te die Tak­tik der Netz­be­trei­ber, der Bevöl­ke­rung vor­zu­gau­keln, ein mas­si­ver Netz­aus­bau sei unaus­weich­li­cher Bestand­teil der Ener­gie­wen­de. Dies sei nicht sach­ge­mäß, so der stu­dier­te Elek­tro­tech­ni­ker, denn „die Tras­sen haben mit dem Wind­strom aus dem Nor­den Null zu tun!“. Viel­mehr gehe es ver­stärkt um den Export von über­schüs­si­gem Koh­lestrom und um lukra­ti­ve Ren­di­ten für Inves­to­ren. All dies wer­de zukünf­tig die Strom­kos­ten unnö­tig wei­ter in die Höhe trei­ben, die Leid­tra­gen­den sind alle Strom­kun­den. Des­halb gehe der Netz­aus­bau alle etwas an, nicht nur die unmit­tel­bar von Netz­aus­bau-Maß­nah­men betrof­fe­nen Men­schen, dar­in waren sich alle Gesprächs­teil­neh­mer einig.

Bevöl­ke­rung erhält kein Mitspracherecht

Die Ent­schei­dun­gen zum Bau von Strom­tras­sen fin­den der­zeit wie schon Anfang 2014 über die Köp­fe der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger hin­weg statt, so die Kri­tik der Bür­ger­initia­ti­ven. Obwohl laut BIs der Bedarf für den mas­si­ven Netz­aus­bau nie belegt wor­den ist, wer­de der­zeit nur noch dar­über gespro­chen, wie man die Lei­tun­gen der Bevöl­ke­rung schmack­haft machen kön­ne. Die Bür­ger­meis­ter zeig­ten Ver­ständ­nis für den Ärger der Bür­ger­initia­ti­ven dar­über, dass fun­dier­te Argu­men­te kei­ner­lei Berück­sich­ti­gung in den Pla­nun­gen zum Strom­netz­aus­bau fin­den. Der Wunsch von Bür­ger­meis­te­rin Mar­ti­na Bau­mann und Bür­ger­meis­ter Joa­chim Lang ist es, eine sach­li­che Aus­ein­an­der­set­zung in den Vor­der­grund zu stel­len. „Wir haben den Ein­druck, dass die gut infor­mier­ten BIs von Dia­lo­gen mit den Netz­be­trei­bern vor­sätz­lich aus­ge­schlos­sen wer­den“, stell­te Dör­te Hamann von der BI Lein­burg fest. Es sei abseh­bar, dass die­ses igno­ran­te Ver­hal­ten zu einem erneu­ten Auf­flam­men der Pro­tes­te füh­re. Das Ange­bot der Bür­ger­meis­ter, den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern ihrer Gemein­den zur Sei­te zu ste­hen, ist laut BIs des­halb sehr wert­voll. „Vie­le ori­en­tie­ren sich an ihren Bür­ger­meis­tern“, ist die Erfah­rung von Ralph Kuba­la aus Alt­dorf, „oft hören die Leu­te erst dann wirk­lich zu, wenn das Gemein­de­ober­haupt sagt: Wir haben ein Problem!“

Das nächs­te Tref­fen des Bünd­nis­ses ist für Mitt­woch, den 05.Oktober 2016, geplant. Inter­es­sier­te erhal­ten nähe­re Infor­ma­tio­nen ent­we­der über Bür­ger­meis­te­rin Mar­ti­na Bau­mann oder über die Home­page des Akti­ons­bünd­nis­ses gegen die Süd-Ost-Tras­se www.stromautobahn.de.

Schreibe einen Kommentar