Präsident der Bundesnetzagentur lädt Landwirt Hubert Meiler nach Bonn ein
Bei der BR-Sendung „Jetzt red i“ hatte der Landwirt Hubert Meiler sich gegen die großräumige Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen durch den Bau erdverkabelter Megatrassen wie dem Südostlink ausgesprochen. Das hatte der Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) Jochen Homann im Fernsehen gesehen und Hubert Meiler spontan zu einem „Infogespräch“ nach Bonn eingeladen. Beim Gespräch dabei waren die Aktionsbündnis-Sprecher Josef Langgärtner und Dörte Hamann, begleitet wurde die Fahrt von einer Journalistin des Bayerischen Rundfunks. Auf Seiten der Bundesnetzagentur wurde ein beeindruckendes Personal aufgefahren: Neben dem Präsidenten der Bundesbehörde waren Matthias Otte (Abteilungsleiter Netzausbau), Markus Doll (Leiter Referat Netzentwicklung), Janine Haller (die z.B. die Erörterungstermine zum Südostlink geleitet hat), ein Vertreter des Referates Umweltprüfung der BNetzA und Johannes Botschek als unabhängiger Bodenkundler anwesend.
BNetzA nicht im Dienst der Großkonzerne
Anfangs scherzt BNetzA-Chef Homann noch, man müsse doch einfach mal zusammenkommen, auch wenn keine absoluten Übereinstimmungen zu erwarten seien, oder wie es auf gut Bayerisch heiße: „Guad, dass ma gred ham!“ – was auf bayerischer Seite Aufgrund der Aussprache erst nicht verstanden wird. Nicht lange nach Beginn des Gespräches setzt der Bundesnetzagentur-Chef genauere Leitplanken, innerhalb derer er sich den Dialog vorstellt: Die Trassengegner mögen doch bitte keine Worte verwenden wie „Todesstreifen“ für Erdkabel-Trassen, und er wünsche sich, die Behauptung, der Trassenbau diene nur den Interessen der wirtschaftlichen Nutznießer und die Bundesnetzagentur arbeite im Sinne der Energieriesen, während des Gesprächs doch bitte zu unterlassen. Die Position der Bundesnetzagentur sei einwandfrei: „Für uns zählen nur die Argumente, wir stehen nicht im Dienst der Großkonzerne!“ Hubert Meiler ist nicht zufrieden: „Dann sagen´s mir mal Argumente, warum der Südostlink jetzt im Osten entlang läuft und nicht mehr am ursprünglich geplanten Verlauf?!“ Eine treffende Frage, denn die Entscheidung von 2015, die HGÜ-Leitung zu verschieben, gilt unter Fachleuten als technisch ungünstigere Variante und somit als politisch motivierte Planung, so jedenfalls auch die Feststellung auf dem Energiegipfel.
Mit dem gerechten Zorn von Landwirt Hubert Meiler hatten die Vertreter der BNetzA offensichtlich nicht gerechnet, eine gewisse Ratlosigkeit ob der Hartnäckigkeit ihres Gegenübers ist ihnen während des zweieinhalbstündigen Gespräches deutlich anzusehen. Eindringlich appelliert Hubert Meiler immer wieder an die Verantwortlichen: „Sie sind doch die Behörde, die sagen muss, was gut und was schlecht ist. Wenn die Fachbehörden es nicht machen, dass sie die Politik aufklärt, wer dann?“ Klar wird: Die Bedenken der Trassenkritiker gegenüber dem Mammutprojekt können nicht entkräftet werden, da gerade auch die dürftige Faktenlage zum Thema Bodenschutz als beunruhigend bezeichnet werden muss.
Ein wichtiges Ergebnis des Gespräches war aber auch die endgültige Absage der Autobahnvariante.
Für regelrechte Erheiterung bei den BNetzA-Vertretern sorgt die Nachfrage, wie es denn um die von der CSU gewünschte Autobahnvariante im Raum Weiden bestellt sei. Technisch nicht möglich und deshalb längst als Option beerdigt, so die deutliche Aussage. Warum die öffentliche Diskussion von einigen CSU-Politikern weiterhin angeheizt wird? Kopfschütteln der Behörden-Vertreter und Unverständnis. Die Fakten dazu seien klar. Der Raum sei zu eng für breite Baustellen, die für die Erdkabel-Trasse unumgänglich seien.
Ein weiterer Schwerpunkt des Gespräches liegt auf dem Thema Bodenschutz, die Antworten dazu geben Anlass zur Sorge.
Ist der gesetzlich festgelegte Vorrang für Erdkabel am Südostlink technisch sinnvoll oder können wir die als eine vorwiegend politische Entscheidung zur Bürgerberuhigung verstehen?
Einschätzung von Seiten des Bodenkundlers Dr. Johannes Botschek: „Erdkabel sind nicht die beste technische Lösung, sondern da kann ganz viel falsch laufen, gerade während der Bauarbeiten.“ Wenn beispielsweise der Bau auf feuchten Böden durchgeführt wird, verursacht dies deutlich höhere Schäden, die Arbeiten müssten in diesem Fall eigentlich eingestellt werden. Gesichert werden sollen die fachgerechten Erdarbeiten durch bodenkundliche Baubegleiter.
Wenig hilfreich die Antwort Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) Jochen Homann zur Fragwürdigkeit aufwändiger und teurer Erdkabel: „Sie hätten ja Freileitungen fordern können!“ Und dann? Gerade bei Freileitungen von Gleichstrom-Trassen gibt auch nach Aussagen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) unerforschte gesundheitliche Risiken, ein Gesundheitsrisiko durch Luftschadstoffe, das aufgrund der Aufladung von Partikeln an Hochspannungsleitungen entsteht, kann bislang nicht ausgeschlossen werden.
Der Boden ist ein Lebewesen
Die Böden werden zuerst vom Vorhabenträger, also Tennet, untersucht. Dann untersucht ein Gutachter die bodenkundlichen Gegebenheiten. Dieses Verfahren wird nicht von einem weiteren unabhängigen Gutachter überprüft.
Die Vertreter der Bundesnetzagentur versuchen zu beruhigen. Bei Ernteausfällen gebe ja schließlich ein Anrecht auf Entschädigung. Wer die Beweislast tragen muss, ist jedoch klar: die Geschädigten. Ob es realistisch ist, in Zeiten von Dürre aufgrund des Klimawandels zu belegen, dass der Schaden vorrangig aufgrund des Erdkabels ausgelöst wurde, bleibt offen. Hubert Meiler will diese Schäden nicht widerstandslos in Kauf nehmen. „Für mich ist der Boden ein Lebewesen, für das ich als Landwirt Verantwortung trage!“
Wurden ausreichend verschiedene Bodenarten untersucht?
Nach Aussage des Bodenkundlers ist dies nicht der Fall, er hätte sich gewünscht, dass mehr unterschiedliche Bodenarten Gegenstand der Untersuchungen seien.
Gibt es unabhängige Studien zu den Auswirkungen von Erdkabeln auf den Boden, die nicht im Auftrag eines Übertragungsnetzbetreibers durchgeführt wurden?
Es werden keine Studien genannt. Neben der bekannten Trüby-Studie von 2014, die für Amprion erstellt wurde, werde demnächst eine Studie im Auftrag des Netzbetreibers TransnetBW veröffentlicht.
Wie hoch die Temperaturen aufgrund der Erdkabel für den Erdboden sind? Ein Grad an der Erdoberfläche, sagen die BNetzA-Vertreter. Die Trüby-Studie verlässt sich jedoch bezüglich der Kabeltemperaturen ungeprüft im Wesentlichen auf die Angaben von Amprion, eine Verantwortung zur Richtigkeit der für die prognostizierten Temperaturen wird darin nicht übernommen (Trüby S. 4). Die Ergebnis-Präsentation der Trüby-Studie spricht von einem maximalen Temperaturanstieg an der Oberfläche von fünf Grad Celsius (S. 32).
Auf die Frage, wie hoch den die magnetische Feldstärke über der Trasse sein werde, können oder wollen die Fachexperten nicht antworten. Dabei wäre es eine einfache Rechnung: Für jedes für den Südostlink in Frage kommende System- entweder 320 kV oder 525 kV – kann man die Feldstärke näherungsweise bestimmen. Das wären genau zwei physikalische Rechenschritte.
Ein grundlegendes Problem bei der Bewertung der zu erwartenden Bodenerwärmung, der Grabentiefe etc. sei, dass weiterhin offen ist, welche Erdkabel überhaupt verwendet werden. „Hier bitten wir Sie einfach noch um Geduld! Es steht doch noch gar nicht fest, mit welcher Technik wir hier vorgehen!“, so Matthias Otte, Abteilungsleiter Netzausbau. Dass man auch keine genauen Kosten für den geplanten Netzausbau nennen kann, ist dann schon folgerichtig. Trotzdem steht in der Argumentation der BNetzA wie auch der Übertragungsnetzbetreiber außer Zweifel, dass die geplanten Netzausbau-Projekte alternativlos für eine angeblich kostengünstige und sichere Energieversorgung im Rahmen der Energiewende seien. Auf die Kritik zur mangelnden Transparenz der Kosten und zu fehlenden Kosten-Nutzen-Abwägungen wird seitens der BNetzA empfindlich reagiert.
Einen wichtigen Ratschlag gibt der Bodenkundler dem bayerischen Landwirt Hubert Meiler mit auf den Weg: „Lassen Sie vor dem Bau ein Monitoring Bodenleben für Ihre Grundstücke erstellen.“ Damit könne man die möglichen Schäden durch den Bau der Erdkabel-Trasse eindeutiger definieren. Die Rechnung trägt der Landwirt.
dh+jl/09.11.2019
Danke Dörte, danke Hubert für die aufwendige Reise nach Bonn und den Bericht über das Zusammentreffen.
Leider muss festgestellt werden: “Außer Spesen (und vermutlich CO2 Ausstoß) nichts gewesen”.
Wie lautete denn die Antwort auf die Frage von Hubert, weshalb die Trasse nach Osten verschoben wurde?
Matthias Grobleben
Hier kann man den Bericht des Bayerischen Rundfunk zur hochinteressanten Fahrt nach Bonn anschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=H3beSw0_Ygg
Unser Fazit: Das Thema Bodenschutz muss weiter in den Fokus rücken. Erdkabel führen zu massiven Veränderungen in der Natur, die definitiv nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Empfehlung an die Politik: Legt Euch nicht mit den Landwirten an! 😉