von Dörte Hamann <bi-leinburg@stromautobahn.de>
Am Freitag, den 21.10.2016, fand in der Oberpfalzhalle in Schwandorf ein Infomarkt SuedOstLink statt. Mit diesen Infomärkten ist der Netzbetreiber in zahlreichen Orten entlang des geplanten Trassenverlaufs auf Tour. Vertreter des Aktionsbündnisses gegen die Süd-Ost-Trasse haben sich umgesehen.
Es geht um Transparenz, Informationen und darum, die Bürgerinnen und Bürger „mitzunehmen“ auf dem Weg hin zu einem Deutschland mit sauberem Strom – es geht um „New Energy“ (Wow!). So jedenfalls verspricht es uns der Aufdruck auf der Gummibärchenpackung, die den Besuchern schon am Empfang „für die Kinder zu Hause“ wohlwollend in die Hand gedrückt wird. Herzlich willkommen beim Infomarkt für den SuedOstLink, der in Zukunft „verlässlich Strom für Bayern“ vom Norden in den Süden bringen soll, wie uns eine Infobroschüre verspricht.
Weder die rechtlichen Fragen noch der Beleg für den Bedarf der Nord-Süd-Verbindung sind bislang auch nur annähernd zufriedenstellend geklärt. Bei TenneTs „Infomärkten“ und „Planungsbegleitenden Foren“ geht es vor allem darum, festzustellen, wo die geringsten Raumwiderstände anzutreffen sind, und dort soll die Trasse verlaufen. Wobei es ganz offensichtlich vor allem der menschliche Raumwiderstand ist, der den Verantwortlichen die meisten Sorgen bereitet.
Nicht anders war es schon bei den sogenannten „Planungsbegleitenden Foren“, mit denen TenneT in den letzten Wochen möglichst reibungslos Gratis-Informationen abgreifen wollte, welche Hindernisse sich den Kabeln vor Ort in den Weg stellen könnten. Wer braucht schon teure Experten, wenn kommunale Vertreter und Organisationen bereitwillig mithelfen?
Positiv fiel auf: Gesamtprojektleiter Andreas Herath nahm sich beim Infomarkt in Schwandorf viel Zeit für die BI-Vertreter. Es wurde zugesagt, dass er TenneT-Chef Lex Hartman an sein Versprechen erinnern werde, die auf den Herbst verschobene Veranstaltung im Nürnberger Land nachzuholen, für die TenneT Anfang des Jahres äußerst kurzfristig einen Rückzieher machte. Auch dürfen Vertreter des Aktionsbündnisses sich auf ihn berufen, wenn sie in Zukunft an Veranstaltungen wie den „Netzbegleitenden Foren“ teilnehmen wollen; sie seien selbstverständlich zugelassen. Eine Teilnahme war uns bislang verwehrt worden, mit der Begründung, dass diese Foren nur für Teilnehmer geeignet seien, von denen man ausgehe, dass sie die Planungen keinesfalls mit Grundsatzdiskussionen behindern.
Post von Lex Hartman
Bislang konnte uns allerdings niemand beantworten, ob es üblich ist, allen Teilnehmern von TenneT-Veranstaltungen im Vorfeld Dialogregeln zuzuschicken, die so selbstverständlich sind, dass eine Erwähnung befremdlich anmutet. Hier ein Auszug aus einer Mail von Lex Hartman an Vertreter des Aktionsbündnisses. Das Schreiben sollten wir als Einladung für das Planungsbegleitende Forum in Neustadt an der Waldnaab verstehen, was uns offen gesagt ohne Erklärung nicht aufgefallen wäre:
1. Bislang wollten Sie nicht mitplanen, sondern lediglich Grundsatzfragen diskutieren. Hat sich an Ihrer Haltung etwas geändert?
- Ihre Bürgerinitiative ist sehr weit von möglichen Trassenkorridoren entfernt. Wir haben mehrere Planungsforen. Welche lokale Bürgerinitiative vertreten Sie, damit wir feststellen können, welche Foren für Sie am besten geeignet sind? [Anmerkung: Offensichtlich ist die Planung der Süd-Ost-Trasse eine Privatangelegenheit der Betroffenen und geht den Rest Bayerns nichts an.]
Allerdings erwarten wir von Ihnen, wie auch von den anderen Teilnehmenden, dass folgende Regeln beachtet werden:
- Wir arbeiten konstruktiv zusammen, gute Ideen aber auch Kritik an der Planung sind willkommen.
- Lokale Planungshinweise
- Persönliche Beleidigungen und Diffamierungen sind nicht Teil unserer Gesprächskultur.
- Für Grundsatzdiskussionen ist diese Veranstaltung nicht die richtige Zielgruppe.“
Bürgerdialog ohne Bürgerreferentin?
Deutlich wurde, dass zumindest die Bürgerreferentin von TenneT, Carolin Kürth, auch beim Infomarkt keine Geduld für Gespräche darüber aufbringen möchte, ob es nicht demokratischer wäre, wenn in der öffentlichen Diskussion um den SuedOstLink auch die grundsätzliche Frage nach dem „Ob“ gestellt werden darf. Es ist bemerkenswert, wenn ausgerechnet die Verantwortliche für die Bürgerbeteiligung die Räumlichkeiten mehrfach deutlich aufgeregt verlässt, wenn ein Gespräch nicht ganz nach ihren Vorstellungen einer unkomplizierten, widerspruchslos hingenommenen Bürgerinformation verläuft (Zitat Kürth zu Herath: „Mach du das, ich kann das nicht!“). Dies wiederum ist nicht Teil unserer Gesprächskultur und lässt auf ein nicht allzu ausgeprägtes Maß an Resilienz schließen. Persönlich beleidigt sind wir deshalb aber nicht.
Womit der Bedarf für die Megatrasse belegt wird, darauf wird bei den Infomärkten durchaus eingegangen – wie dies geschieht, überschreitet allerdings bisweilen die Grenzen zur Volksverdummung. Zahlreiche Infografiken und Karten klären darüber auf, dass es im Nordosten Deutschlands sehr viele Windräder gibt. Bittere Wahrheiten werden den Interessierten nicht vorenthalten: auch ein einzelnes Kohlekraftwerk steht dort. Folgt man der Grafik, stehen der zu übertragende Windstrom und Kohlestrom in einem Verhältnis von 9:1. Der Kohleausstieg, so erfährt man einmütig sowohl von einem Vertreter des vom Wirtschaftsministerium beauftragten Bürgerdialog Stromnetz als auch von einer TenneT-Mitarbeiterin, stehe ja unmittelbar bevor. Und zwar gehe es 2025 los, und das dermaßen, dass man die Süd-Ost-Trasse mit Recht als Windstromtrasse bezeichnen dürfe. Wo genau sie das gelesen haben, werden sie uns zuschicken, das haben sie fest versprochen.
Planen mit Sankt Florian
Zu einem Besucheransturm kam es in Schwandorf nicht; einzelne Interessierte diktierten den zahlreichen TenneT-Mitarbeitern an den mit Karten eingedeckten Tischen in die Feder, wo der SuedOstLink besser nicht verlaufen solle. Hier dürfen Betroffene das Sankt-Florians-Prinzip ausleben. Bei TenneTs Infomärkten und Planungsbegleitenden Foren erhält der Leitsatz „Grundsätzlich für die Trasse, aber nicht bei mir!“ volle gesellschaftliche Akzeptanz. Seit Beginn des Trassenwiderstands 2014 war es genau diese Haltung, die den Bürgerinitiativen regelmäßig als unsozial angekreidet wurde – zu Unrecht, denn eine Verschiebung der Stromleitung war nie das Ziel des Aktionsbündnisses. Konstruktiv wäre es, wenn jetzt die Vertreter der Kommunen an den neuen Trassenverläufen mit Vehemenz dieses zerstörerische und teure Megaprojekt verhindern würden. Es liegt in ihrer Verantwortung, sich im Bürgerinteresse gegen europäische Stromautobahnen mit Kohle- und Atomstrom und für eine dezentrale Energiewende einzusetzen.
Schön war es, Mitglieder einer örtlichen BI gegen den Ostbayern-Ring kennenzulernen. Unter diesem Aspekt sind TenneT-Veranstaltungen durchaus sinnvoll.
Wer sich wundert, warum einzelne TenneT-Vertreter auf den Bildern unkenntlich gemacht wurden: Sie wollen nicht so gerne auf Fotos gezeigt werden. Nur ab und zu in der Presse, oder in Fernsehsendungen wie bei „Jetzt red i“.
Eine ganz hervorragende Darstellung der Infomärkte von TenneT am Beispiel Schwandorf. Bemerkenswert, wie professionell doch eine Bürgerreferentin sein kann. Und die verdeckten Gesichter der TenneT-Vertreter, echt gelungen. Sie ziehen so richtig die Aufmerksamkeit des Lesers an.