Wolfgang Baumann hat sich als Rechtsanwalt an vorderster Front gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf gestemmt. Bei den Aktionstagen “Altdorf unter Strom” zieht er Parallelen zum geplanten Trassenausbau. VON SUSANNE VOSS
Altdorf. Für Wolfgang Baumann stehen im Kampf gegen den Trassenausbau rechtsstaatliche Strukturen auf dem Spiel. Das “binnen einer Woche durchgepeitschte”
Planungssicherstellungsgesetz bedeute nichts anderes als das Ende des Erörterungstermines. Bürgern werde damit die Möglichkeit genommen, ihre Einwendungen persönlich vorzutragen. Baumann wertet das als Abschaffung der Verfahrensbeteiligungsrechte, für ihn gleichbedeutend mit einem Angriff auf die Grundrechte. Dem gelte es entgegenzutreten. In Wackersdorf habe er die Heimatverbundenheit und zunehmende Sachkunde der Bevölkerung als Motivation für deren Widerstand miterlebt. Im Plenum mit Franz Waldmann, Sohn eines führenden Wackersdorf Aktivisten und Mitglied des Bündnisses für Atomausstieg Regensburg, nennt er die Ausbaudarstellung des Netzentwicklungsplanes willkürlich. Dem Energiewirtschaftsgesetz entspreche sie nicht: “Wir gehen frontal die Notwendigkeit dieser Ausbauplanung an.”
Hamann sieht Mechanismen von einst
Dörte Hamann, Sprecherin des Aktionsbündnisses Trassengegner, moderiert die Diskussion, in deren Fokus Ausschnitte der Filme “Spaltprozesse” (1986) und “Restrisiko” (1988) stehen. Wackersdorf und das Thema Stromtrasse seien nicht unmittelbar vergleichbar, so Hamann, wohl aber die Mechanismen, mit denen damals wie heute Informationspolitik betrieben und bürgerlicher Widerstand angegangen werde.
“Lichter werden nicht ausgehen”
“Die Lichter werden in Deutschland nicht ausgehen, wenn diese großen Leitungen nicht gebaut werden”, sagt auch Bürgermeister Martin Tabor. Für Tabor ist der Trassenausbau ein Geschäftsmodell großer Konzerne, die den Stromhandel möglichst effektiv und über ganz Europa betreiben wollen. Die Konsequenz seien die quadratkilometerweise Rodung wertvollen Waldes, Zerstörung des Landschaftsbildes und gesundheitliche Gefährdung der Menschen. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Stadtrates setzt er auf dezentrale und lokale Stromerzeugung und ruft zum friedlichen Widerstand gegen die Ausbauplanung auf.
Der Film “Spaltprozesse” mutet zu Beginn wie der Kampf von David gegen Goliath an: Ein Beweissicherungsvideo der Polizei zeigt als Intro militante Wackersdorf Gegner. Es folgt ein harter Schnitt zum Supergau in Tschernobyl im selben Jahr und den eklatanten Fehleinschätzungen der Bundesregierung mit Blick auf die Auswirkungen. Der Widerstand der ländlichen Bevölkerung erstarkt, auch unterstützt durch die Kommunalpolitik. Nach neun Jahren haben die Aktivisten ihr Ziel erreicht und die WAA verhindert.
Baumann greift zum Abschluss noch einen weiteren Aspekt des Netzentwicklungsplans auf: “Sie alle werden die Kosten für diese Trasse über den Strompreis zahlen müssen.” Die Frage der Kosten-Nutzen-Analyse sei niemals gestellt worden: “Dann wäre offenkundig, dass das ein Milliardengrab ist.” Der Kampf gegen den Trassenausbau dauert inzwischen sieben Jahre. Baumann ist überzeugt: “Intelligenter Widerstand wird zum Erfolg führen.”