Übertragungsnetzbetreiber tritt nach Ende des Raumordnungsverfahrens mit angezogener Handbremse an die Öffentlichkeit heran.
Mit dem Abschluss des Raumordnungsverfahrens haben sich entlang der geplanten Juraleitung die Konflikte um den geplanten Neubau der Juraleitung verschärft.
Besonders Altdorf wäre von dem massiven Neubau der Leitung betroffen. Dennoch lud der Übertragungsnetzbetreiber – der eigentlich für die Information einer möglichst breiten Öffentlichkeit sorgen sollte –, nur eine sehr kleine Gruppe von ausgesuchten Teilnehmer*innen zu den geschlossenen und in kleinem Rahmen ausgerichteten Infoforen ein. Der Großteil der Bürgerinitiativen wurde nicht berücksichtigt. Allein der Hartnäckigkeit der Vertreter*innen des Aktionsbündnis Trassengegner war es geschuldet, dass letztlich auch die Bürgerinitiativen, die den Netzausbau in der geplanten Form ablehnen, überhaupt teilnehmen konnten. Auch die Tatsache, dass seitens der Tennet nicht versucht wurde, sich vor Ort in Altdorf den Fragen der Betroffenen zu stellen, spricht nicht dafür, dass ernsthaft ein Dialog gesucht wird. Die Stimmung in den Veranstaltungen fiel entsprechend gereizt aus.
Zersplitterung der Informationen
Das Aktionsbündnis Trassengegner fordert nach den Erfahrungen der letzten Woche die Firma Tennet dazu auf, sich in transparenter Weise in einer Veranstaltung den Fragen der Bürgerinnen und Bürger aus Altdorf und den betroffenen Teilorten zu stellen. Für einen fachlichen Dialog helfen allerdings keine sogenannten “Infomärkte”, bei denen an einzelnen Stationen auf Teilaspekte des Trassenbaus eingegangen wird. Das führt zu einer Zersplitterung von Information, die nicht zielführend ist. Für eine ganzheitliche Betrachtung und Zusammenschau der Problemstellungen muss zwingend ein Format gefunden werden, bei dem eine möglichst große Anzahl von Interessierten gleichzeitig informiert wird. Ein gemeinsamer Austausch der Betroffenen wird mit dem Format der Infomärkte bewusst unterbunden.
Protest wird unvermindert fortgeführt
Offensichtlich nimmt Tennet den Vertreterinnen und Vertretern des Aktionsbündnis Trassengegner übel, dass immer wieder erfolgreich Wege gefunden werden, um mit Protest (siehe Demo auf der Dörlbacher Au am 23.05.22 mit rund 400 Teilnehmern und regelmäßige Mahnwachen in Ludersheim bei Altdorf) und effektiven juristischen Mitteln wie Betretungsverboten entlang der geplanten Trasse (Online-Infoabende am 20. Januar und 3. Februar 2022) gegen den Bau der Juraleitung vorzugehen.
Zu einem Ende des Protestes führen die aktuellen Entwicklungen nicht, im Gegenteil. Die Bürger-initiativen (BI) weisen darauf hin, dass die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens rechtlich nicht bindend sind und keine Genehmigung der Juraleitung an sich bedeuten. Der Bau der Juraleitung ist mit hohen Auflagen verbunden, die einzuhalten teilweise kaum realistisch erscheinen, wie gerade auch in den Infoveranstaltungen der vergangenen Woche deutlich wurde.
Greenwashing statt Fakten
Eine rote Linie überschritten ist nach Ansicht der Bürgerinitiativen im Aktionsbündnis Trassengegner mit der Eröffnung des sogenannten “Bürgerbüro Energiewende”. Uneingeweihten bleibt völlig intransparent, dass das neueröffnete Büro am Altdorfer Marktplatz von Tennet bezahlt und betrieben wird. Zum Thema Energiewende kann einem das Bürgerbüro allerdings keine Auskunft geben, wie ein Besuch der BIs gezeigt hat. Es geht zweifelsfrei ausschließlich um eine Sache: Den in Altdorf und Umgebung starken Protest gegen Juraleitung und Umspannwerk zu besänftigen, indem die Juraleitung als angeblicher Teil der Energiewende verkauft wird.
Steigende Stromkosten und drohende Stromlücke in der EU müssen zu Umdenken beim Netzausbau führen
Gerade jetzt, in Zeiten von Klimakrise und Energiekrise, müssen große Stromnetzausbau-Projekte in Frage gestellt werden, die zu noch mehr Abhängigkeit von weit entfernten Quellen führen. Trassen wie die Juraleitung sind Teil einer Netzentwicklungsplanung, die erklärtermaßen Teil eines Systems für den europäischen Stromhandel ist. Die Szenarien im offiziellen Netzentwicklungsplan zeigen, dass bei der Planung ausgerechnet mit hohen Anteilen von Atomstrom aus Frankreich und dem europäischen Ausland gerechnet wird. Das ist eine Harakiri-Strategie. Denn in Frankreich fehlt der Strom. Besonders bedenklich ist, dass in Deutschland aktuell viel Gas verbrannt wird, um Strom zu erzeugen, der nach Frankreich exportiert wird, weil dort die Atomkraftwerke still stehen.
Das ist letztlich eine Umkehrung der eigentlichen Netzausbau-Planungen.
Bislang hatten vor allem bayerische Wirtschaft sowie die Bayerische Landesregierung immer fest damit gerechnet, dass über große, neue Übertragungsleitungen Strom sicher nach Bayern geliefert werde. Nur vor diesem Hintergrund der Netzausbau-Planung lässt sich die jahrelange zögerliche Haltung der Landesregierung erklären, die Abstandsregelung 10H bei Windkraft weiter aufrechtzuerhalten. Dass dieses einseitige Setzen auf Stromhandel über neue Übertragungstrassen fatal ist, zeigt sich jetzt.
Das Aktionsbündnis Trassengegner fordert für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit einen beschleunigten Ausbau von Erneuerbaren Energien und Speichern vor Ort. Ganz besonders wichtig ist dabei der Ausbau der Verteilnetze, den das Aktionsbündnis ausdrücklich befürwortet.
Dörte Hamann
Sprecherin Aktionsbündnis Trassengegner
Für eine dezentrale Energiewende ohne überdimensionierten Netzausbau!
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