Von Hubert Galozy
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich hatte Sie bereits vor gut einem Monat als Zwischenstand über den Energiedialog informiert.
„Kniefall vor Konzernen?“ hatte damals die Presse als Überschrift meiner Zusammenfassung gewählt.
Und in der Tat, es sah lange nicht positiv für die Interessen der Bürger aus. Erst als am 10.01.2015 die Professoren von Hirschhausen und Jarass die Arbeitsgruppe 4 Versorgungssicherheit mit den gleichen Argumenten wie wir untermauerten, schien sich das Blatt zu wenden. Es ging schon lange nicht mehr um die Diskussion der Trassen zur Versorgungssicherheit in Bayern, sondern um den Abtransport überschüssiger Kohleverstromung zum Zweck des europäischen Stromhandels.
Dennoch war ich positiv überrascht von Frau Aigners klaren Worten, die leider in der Diskussion um die 2‑x Formel etwas untergingen. Es gab sogar beim Vortrag der Abschlussrede an zwei Stellen Szeneapplaus der Trassengegner, während die Trassenbefürworter zunehmend schmallippiger wurden. Zum Nachlesen der Rede anbei der folgende Link: http://www.stmwi.bayern.de/uploads/media/2015–02-02_Rede_Energiedialog.pdf
Frau Aigner nennt erstaunlich offen, dass es „technisch möglich sei, die Versorgung Bayerns ohne die Trassen Südlink und Südostpassage sicherzustellen. Dafür müssten die Voraussetzungen aber auf Bundesebene geschaffen werden.“
Das war auch so zu erwarten, deshalb konnte keine finale Entscheidung durch Frau Aigner getroffen werden. Dennoch zeigt sie die Schritte zu der Schaffung dieser Voraussetzungen klar auf:
- Gaskraftwerke und KWK für die Versorgungssicherheit in Bayern vor Ort
- Umsteuern bei den erneuerbaren Energien (zu hohe Subventionen für Offshore-Windkraft)
- Sofortige „Speicheroffensive“ starten, denn nur dann macht der weitere Ausbau der Erneuerbaren wirklich Sinn. Sonst verschenken wir z.B. bei Starkwind Strom ins Ausland oder regeln ab, und es fehlt Strom, wenn der Wind zu schwach weht oder die Sonne nicht scheint.
- Weitere Anstrengungen bei der Energieeinsparung
- NOVA-Prinzip wird mit der derzeitigen Festlegung der Renditen durch die BNetzA ad absurdum geführt: Es kann nicht sein, dass die Rendite beim Neubau von Leitungen höher verzinst wird als die Optimierung oder Verstärkung bestehender Leitungen.
Alle diese Punkte können wir guten Gewissens mittragen. Ich sage sogar, diese Punkte haben wir zum Großteil in die Diskussion eingebracht und vehement gegen die Vertreter der Wirtschaft, Gewerkschaften und anderen Verbänden durchgesetzt. Aus deren Sicht ist der HGÜ-Leitungsbau alternativlos. Anstelle von belastbaren Beweisen wurde gedankenlos mit den Ängsten der Bevölkerung vor einer Abwanderung der Wirtschaft aufgrund hoher Strompreise und dadurch bedingter Arbeitslosigkeit gespielt. Die Formulierungen dieser Scheinargumente fielen dementsprechend platt aus: In Bayern gäbe es zwei Preiszonen mit bis zu 30% höheren Strompreisen in Süddeutschland und es gingen ohne die Trassen die Lichter aus. Nichts davon ist belegbar.
Fazit: Aigner spricht von einem „überdimensionierten geplanten Netzausbau“ und davon, dass Bayern nicht für den Abtransport des überschüssigen Stroms aus dem Norden verantwortlich ist. Seehofer kann mit dieser Vorgabe nicht mit leeren Händen aus Berlin zurückkehren. Und jetzt liegt es an Gabriel und Merkel, ob sie sich vor den Karren der Energiegroßkonzerne spannen lassen und weiterhin die Oligopole durch den HGÜ-Trassenbau aufrechterhalten wollen. Einer dezentralen Energiewende läuft dies zuwider. Es geht daher immer noch um den „Kniefall vor Konzernen“. Aigner hat diesen nicht gemacht, und das war mutig. Vielen Dank an dieser Stelle dafür. Sie kann und darf jedoch nach dem Energiedialog nicht nachlassen und nur die Zuschauerin spielen, wenn es darum geht, die Energiewende zur Sache Bayerns zu machen. Seehofer will die Trassenfrage in Berlin alleine regeln, aber hier in Bayern gibt es viel zu tun, um den Weg dafür zu bereiten.
Jetzt geht es auch um die Ehrlichkeit von Kanzlerin Merkel und Bundeswirtschaftsminister Gabriel bei der Umsetzung in Berlin. Mehr Ehrlichkeit und Transparenz in der Politik bei der Planung von Großprojekten ist das notwendige Fundament, um dem HGÜ-Trassenbau nach Bayern eine Absage zu erteilen.
An dieser Stelle ersteinmal all denjenigen ganz herzlichen Dank, die sich im Energiedialog mit ihrem Wissen, ihrer Zeit und Ihrem Durchsetzungsvermögen so gegen die Trassen eingesetzt haben!
Nach dem, was ich von dem Verlauf des Dialogs mitbekommen habe, ist es sehr erstaunlich, daß Frau Aigner zu einem aus unserer Sicht so positiven Ergebnis kommt, wenn man von der schwammigen Formel 2‑x absieht. Ich frage mich jetzt, ob das von ihrer Seite wirklich ernst gemeint ist, oder ob es nur darum geht, die Wählerstimmen zu retten? Und viele, die nicht so gut informiert sind, werden sich sagen, die Trasse ist doch vom Tisch.…
Tatsache ist, daß wir in unserem Widerstand nicht nachlassen dürfen, damit in Berlin, wo nun weiterverhandelt wird, unsere Botschaft ankommt, daß wir keine Trassen, sondern eine solide gebaute Energiewende wollen! Horst Seehofer wird ohne uns im Rücken zu haben keine Chance haben, das Gesetz in unserem Sinne zu ändern!