Bayern und die Energiewende – kann Bayern zu 100% durch Erneuerbare versorgt werden?
Der erste Branchentag hatte das Ziel, diese Frage zu klären und gleichzeitig den Weg dahin aufzuzeigen. Auch wollte man sich besser vernetzen. Vertreten waren neben den Machern aus den Regionen die Macher aus den Fachverbänden und Wissenschaftler. Sie hielten Vorträge, stellten ihre Projekte vor und gaben mit komprimierten Statements einen Überblick über die jeweiligen Positionen und den Stand der Dinge. Ganz zum Schluss durften auch Vertreter der Fraktionen im Landtag das Wort ergreifen. Nur die CSU entsandte keinen Landtagsabgeordneten, sondern einen Kreisrat.
Auch Gegner des überdimensionierten Stromnetzausbaus nahmen teil: Petra Filbeck und Wolfgang Wegmann von der Büfa Regensburg sowie Martin Stegmair und Maria Estl vom Aktionsbündnis gegen die Süd Ost Trasse.
Die Branchenvertreter waren sich einig, Bayern 100% erneuerbar ist als Mix aller zur Verfügung stehenden Technologien der Erneuerbaren möglich – Netzstabilität, Erzeugungsmenge und Versorgungssicherheit inklusive. Allerdings setzt die Politik die falschen Rahmenbedingungen und bremst damit aus. Sie steht nicht voll hinter dem Projekt Energiewende.
Highlights
- Erwin Karg, 1. Bürgermeister der Gemeinde Fuchstal
- Prof. Dr. Ing. Volker Quaschning, HTW Berlin, Experte für die Integration Erneuerbarer Energien
- Vertreter der Fachverbände wie Robert Sing (Fachverband Windenergie in Bayern e. V.) Andreas Horn (Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solarinitiativen AbSi).
- Amir Roughani (VISPIRON) auch bekannt durch den Film „Power to Change – Die Energierebellion“
Der Linie der Bayerischen Staatsregierung folgte M.Dirig. Rudolf Escheu vom Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie. Er stand nicht zu 100% hinter einer raschen Energiewende, ganz wie sein Chef Franz Pschierer.
Die wichtigsten Aussagen
Prof. Quaschning: „Energiewende ist ein Muss, wir haben einen Planeten zu retten. Seit der letzten Eiszeit ist die Temperatur um 4,5° C angestiegen, der Meeresspiegel um 100 Meter weltweit. Ein stabiles Klima ist die Voraussetzung für kulturelle Entwicklung, fossile Energien zerstören das stabile Klima. Dadurch häufen sich die Extremwetter-Ereignisse, sie haben in den letzten 20 Jahren mehr als eine halbe Million Menschenleben und 3 Billionen Euro gekostet. Machen wir weiter wie bisher, wird die Temperatur um zusätzlich 5°C steigen.“
Abschließend zitierte er den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy. Der sagte im Jahr 1962 zum Projekt Mondmission „ Ich denke, wir sollen es tun. Und ich denke, dass wir zahlen werden, was immer es kostet.“ Diese Einstellung müsse die Politik erreichen, dann klappe es auch mit der Energiewende.
Erwin Karg, Bürgermeister, bekannt aus der zweiteiligen ZDF Dokumentation zur Energiewende brachte es auf den Punkt: „Als ich 2002 zum Bürgermeister gewählt wurde, hatte unsere Gemeinde 2,5 Mio. Euro Schulden und kaum Rücklagen. Dann haben wir alle gemeinsam die Energiewende dezentral und lokal angepackt. Heute haben wir 5 Mio. Euro Schulden, aber 9 Mio. Euro Rücklagen. Ich erkläre meinen Leuten, wie es gehen muss, ich nehme sie mit und sie folgen mir. Wenn sie das nicht mehr wollen, werde ich nicht mehr gewählt.“
Robert Sing, Bundesverband Windenergie in Bayern e. V.: „Energiewende schafft Veränderung und Veränderung ist erforderlich, denn ohne Veränderung wird in der Zukunft das Schlimmste kommen. Trotzdem sind die Rahmenbedingungen für die Energiewende schlecht, die Akzeptanz bei den Bürgern ist schlecht –wegen Defiziten bei der Politik, sie nimmt die Menschen nicht mit. Den Menschen wird ein Abstand von 900 Metern zu einem Atomkraftwerk zugemutet – warum müssen Windräder einen viel größeren Abstand haben? Soll Bayern etwa den Strom aus dem Norden holen?“
Amir Roughani, bleibt seinem Motto „Power to Change“ treu: Die Energiewende ist noch kein Zukunftsprojekt, keiner hat es geschafft, zu sagen, dass es um unser Überleben in den nächsten 200 Jahren geht. Nur mit der Energiewende können wir auch mehr Frieden, Gerechtigkeit und lokale Wertschöpfung für die Menschen erreichen. Die Energiewende ist technisch machbar, aber politisch nicht erklärt, deshalb fehlt die Akzeptanz für den Change – die Veränderung.
Andreas Horn, Arbeitsgemeinschaft bayerischer Solar-Initiativen (AbSi): „Die Bürger haben die Energiewende für sich geschafft, Industrie und Handel nicht. Die Bürger könnten das auch für Industrie und Handel übernehmen, aber die Politik bremst. Deshalb fehlt der Anreiz für Industrie und Handel, hier aktiv zu werden. Die CO2- Handlungsoptionen werden aber kommen. Entweder bezahlen wir diese oder wir führen das alte EEG wieder ein.“
Und die Politiker?
Mitstreiter Martin Stegmair stellte eine Frage in deren Runde:
Wer ist eher für oder gegen die HGÜ Stromautobahnen?
Die Antworten:
- Bündnis90/Die Grünen (Ludwig Hartmann MDL) JA,
- SPD (Florian von Brunn MDL) JA,
- Freie Wähler (Benno Zierer MDL) NEIN,
- CSU (Martin Lechner Kreistag) JA
Martin Stegmairs zusammengefasste Eindrücke und Gedanken
Der Branchentag in Taufkirchen der Erneuerbaren Energien in Bayern zeigt auf wie 100% möglich sind:
- durch die Branchen Wind, PV, Wasser und Biogas und deren Macher in den Fachverbänden
- durch renommierte Wissenschaftler wie Prof. Quaschning von der HTW Berlin und auch durch Aussagen von Amir Roughani (Power to Change).
- durch engagierte Bürgermeister wie Erwin Karg aus Fuchstal, der für seinen Ort die Energiewende in Vollendung anstrebt, es wird ihm auch gelingen, da er die Energiewende vor allem mit und für den Bürger macht!
Unsere Regierenden dagegen, ob in Berlin oder München, streben eine Energiewende für die Konzerne und deren Wohl an. Damit fahren sie nicht nur die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, sondern auch die echte und nachhaltige Energiewende an die Wand. Sie bedenken nicht, dass wir nur eine Erde haben, und die ist auch nur von unseren Kindern geliehen. Wird in der Energiepolitik weiter so verfahren können wir die Erde nicht mehr an unsere Kinder weitergeben. Bezeichnend an diesem Branchentag auch die Politik, die vor Ort dabei war sowie das Wirtschaftsministerium. In Taufkirchen war für die CSU statt eines Landtagsabgeordneten nur ein Kreistagsmitglied.
Die CSU hat ja keinen Energieexperten – Energiepolitischen Sprecher mehr, sie hat nur noch Wirtschaftsminister Pschierer, der am liebsten selbst mit dem Bagger die Gräben für die Stromtrassen bauen möchte. Dabei begreift er nicht, dass er die Gräben zur Verhinderung einer Energiewende baut, die Stromtrassen sind der Tod der Energiewende. Sie machen Bayern in der Stromversorgung abhängig. Deshalb bleibt auch das bayerische Wirtschaftsministerium in Person von Ministerialdirigent Rudolf Escheu blass und lässt erkennen, keine Ahnung zu haben, was Energiewende im Allgemeinen und im Speziellen für Bayern bedeutet, dort weiß man durch Pschierer nur was Lobbyarbeit ist!
Unser Fazit
Bayern 100% erneuerbar ist unumgänglich, funktioniert aber nur mit politischem Willen und Verantwortungsbewusstsein, gesellschaftlicher Vermittlung und Umsetzung. Ohne Klimaschutz gibt es keine Heimat, egal wie viele Heimatministerien wir haben.