von Olaf Lüttich <olaf.luettich@t‑online.de>
Der BUND hatte zu einem zu einem speziellen Seminar am 10. Dezember 2016 in die Villa Leon in Nürnberg eingeladen, zu dem ca. 50 Teilnehmer kamen. Das 1999 beschlossene Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) sollte einmal aus juristischer Sicht betrachtet werden. Referent war Torsten Müller, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Umweltenergierecht in Würzburg, der seine Ausführungen in drei Teile gliederte. Nachfolgend ein Kurzbericht:
Teil 1 – EEG Entstehung – Erfolge – quo vadis?
Das EEG hat sich aus einem Vorläufer, dem Energieeinspeise-Gesetz, heraus unter Rot-Grün entwickelt. Ursprünglich durften Eigenerzeuger und ‑verbraucher überschüssigen Strom beim Verteilnetzbetreiber (VNB) einspeisen, erhielten aber kein Geld dafür. Mit dem EEG und dem Aufkommen der Erneuerbaren gab es dann auch Geld. Zweck des EEG war im Wesentlichen das Recht auf Anschluss ans Verteilnetz, der Einspeisevorrang und eine angemessene Vergütung über 20 Jahre.
Erst nach 2009 durfte der VNB diesen Strom dann auch an den übergeordneten Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) weitergeben und letztendlich (2012) mussten größere EE-Erzeuger auch direkt an der Leipziger Strombörse anbieten. Das führt teilweise zu einer Vermarktung zu Grenzkosten knapp über null. Mit der letzten Novellierung (= EEG 2017) soll der Zubau von EE besser geregelt werden. Die eingebauten Ausschreibungsvorgaben führen jedoch zu einem starken Rückgang dieses Zubaus und damit zu einer Deckelung der Erneuerbaren. Vergütungen wurden stark reduziert und man spricht bereits von einem Ende des EEG ab 2020.
Kernaussage von Herrn Müller: In Deutschland sind wir zwar noch nicht sehr weit mit der Energiewende (Stromsektor ca. 35 %, Gesamtenergiebereich nur 12,5 %). Trotzdem sollte man das deutsche EEG positiv sehen. Durch dieses Gesetz wurden die Produkte zur Stromerzeugung so preiswert, dass sich sogar Entwicklungsländer jetzt eine Energiewende leisten können. Der Aufbruch ist weltweit zu spüren. Hinweis eines Teilnehmers: In Mexico kostet ein KW EE-Strom nur noch 3,5 Cent.
Teil 2 – Energie-Eigenversorgung – privat – gewerblich – kommunal
Aufgrund der dezentralen Erzeugung von Erneuerbaren Energien bietet sich vermehrt Eigenversorgung an. Dabei muss generell zwischen Wirtschaft und Privat unterschieden werden. Ein neues Solardach macht heute nur noch Sinn, wenn im Keller eine Batterie steht und man die Energie selbst verbraucht. Man spart ca. 29 Cent pro KW. Das wird aber nicht auf Dauer gelten können. Die Stromnetze sind eine Infrastruktur für alle und auch nur so zu finanzieren. Wenn der Eigenverbrauch überhandnimmt, wird es eine gesetzliche Regelung geben. Dabei gibt es dann rein rechtlich keinen Bestands- oder Vertrauensschutz.
Unklar sind auch Fragen, wie weit dieser gebührenfreie Verbrauch geht. Gilt es nur für den Antragsteller (war mal angedacht), oder auch für seine Familie, ein Mietshaus, ein Dorf oder einen ganzen Stadtteil? Da, bis auf Ausnahmen, jeder trotzdem am Netz angeschlossen bleibt (um überzähligen Strom abzugeben, oder bei längeren Dunkelflauten), wird es vermutlich statt dem Netzentgelt irgendwann eine höhere Zählergebühr für alle, ähnlich der Rundfunkpauschale, geben. Welche Modelle kommen, bleibt noch offen.
Teil 3 – Energie in Europa – neo liberale Hochburg – oder europäische Energieregionen
Die von manchen angestrebte europäische Kupferplatte zur Stromverteilung wird es nicht geben. Es ist auch nicht alles, was von der EU-Kommission kommt, von ihr zu verantworten. Es gibt die unterschiedlichsten Länderinteressen (Polen = Kohle; Frankreich = Kernkraft) und auch weitere Player auf diesem Gebiet gibt es genug. Torsten Müller hält das, was aus Brüssel kommt, trotzdem positiv für den Klimaschutz. In der EU-Administration gibt es eine Gruppe, die sich für die Erneuerbaren einsetzt und eine Gruppe, für die der Wettbewerb absolut Vorrang hat. Bei der jetzt notwendigen Beteiligung an Ausschreibungen hat sich die Wettbewerbsgruppe durchgesetzt. Das führt auch zu unsinnigen Ergebnissen, da das Steuerecht wiederum reine Ländersache ist. Z. B. haben bei den letzten drei Ausschreibungen für 50 MW Solaranlagen in Deutschland jeweils Firmen aus Dänemark den Zuschlag bekommen. Offenbar konnten sie aus steuerlichen Gründen günstiger anbieten.
Die 2014 von der EU herausgegebenen Umwelt-Energie-Beihilfe-Leit-Linien (UEBLL), waren zwar nicht rechtswirksam aber trotzdem übel. Mehr Wettbewerb soll durch die bei uns in Landesrecht umgesetzten Ausschreibungsmodelle erreicht werden. Inzwischen liegt das EU Winterpackage vor. Dieses enthält in einem Kapitel 11 die Forderung, dass EE nicht mehr vorrangig eingespeist werden dürfen. Das wird wiederum im Kapitel 12 abgeschwächt. Dort heißt es, EE dürfen erst als letztes ab geregelt werden. Ob der Text richtig interpretiert wird, ist noch unklar.
Und dann gibt es noch die sogenannten “Must Run Kraftwerke”. Das sind meist alte Kohlekraftwerke und die Eigner dürfen sich offenbar selbst als solche definieren. Sie müssen immer laufen, um die sogenannte Regelenergie sicher zu stellen. Da kann man dann auch den Zusammenhang mit den Gleichstrom-(HGÜ)-Trassen herstellen. Auch an EE-starken Tagen muss dieser Kohlestrom weiterhin in das Netz eingespeist werden.
Die EE Richtlinien der EU sollen 2020 bindend für alle Länder werden. Bedeutet das neue Chancen oder neue Risiken?