Von: Dörte Hamann, Pressestelle (pressestelle@stromautobahn.de
In den vom Südostlink betroffenen Landkreisen herrscht Torschlusspanik: Immer mehr Landräte wollen dem sogenannten „Bündnis Hamelner Erklärung e.V.“ beitreten, in der Annahme, nur dadurch würden sie ausreichend Mitspracherecht und Rechtssicherheit bei der Planung der Trasse erhalten. Die Bürgerinitiativen vom Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse warnen eindringlich vor einer strategischen Einbindung. Im Interesse der Region muss ein Beitritt abgelehnt werden, den Rattenfängern vom Hamelner Bündnis sollte man nicht auf den Leim gehen. Denn dieser undurchsichtige Verein wird keinen der beigetretenen Landkreise stärken, sondern es wird sie alle gemeinsam zum gefügigen Erfüllungsgehilfen Tennets machen. Besonders fragwürdig ist: Die vom Hamelner Bündnis als Berater beauftragte OECOS GmbH ist keineswegs unbefangen, sondern arbeitet seit Jahren im Auftrag von Netzbetreibern, Energiekonzernen und Bundesbehörden.
„Konstruktive Mitarbeit bei der Trassenfindung und eine gerechte Lastenverteilung auf die betroffenen Städte und Landkreise“, das sind die Hauptanliegen des „Bündnisses Hamelner Erklärung e.V.“. Deren Vertreter tingeln derzeit durch die Landratsämter entlang des Südostlinks, um Landräte, Oberbürgermeister und die Verwaltungsspitzen betroffener Landkreise in Bayern zur Kooperation zu bewegen.
Die strategische Einbindung der Kommunen
Die Hamelner Erklärung ist ein geschickt konstruiertes Mittel für eine perfekte Ruhigstellung jeglichen Protestes. Erklärtermaßen beschäftigt sich dieser Verein nicht mit dem Ob, sondern mit dem Wie beim Megatrassen-Bau. Es gehört schon eine gute Portion Selbstbetrug dazu, wenn man Leitungen als „konstruktiv“ bezeichnet, die für die Versorgungssicherheit Bayerns nicht notwendig sind, die die Natur vor der eigenen Haustür zerstören, die Gesundheit der Bevölkerung in Gefahr bringen, hohe Wertverluste für die Grundstücke bedeuten und die der Energiewende und der lokalen Wertschöpfung in Bayern schaden.
Intransparent: Wer ist das Hamelner Bündnis?
Das Bündnis Hamelner Erklärung darf man getrost als “Kunstrasen”-Konstrukt bezeichnen: Mit ihm werden die Interessen der Netzbetreiber und Großkonzerne geschmeidig durchgesetzt, unter scheinbarer Beteiligung der Kommunen. Nach seiner Satzung sorgt es für eine “transparente und rechtsstaatlichen Grundsätzen sowie guter fachlicher Praxis genügende Planung von Infrastrukturvorhaben”. Die in Deutschland gültige Aarhus Konvention wird nach Auskunft eines Vertreters der Hamelner Erklärung strikt abgelehnt, da eine “Fundamentalopposition” nicht in Frage komme. Was schlicht bedeutet, dass man sich im Hamelner Bündnis nicht um Europarecht schert.
Auf der Webseite des Bündnisses Hamelner Erklärung findet man zwar die beigetretenen Landkreise. Dies sieht auf den ersten Blick aus wie eine eigenständige Vertretung der Kommunen, die sich als persönlich Betroffene zusammengeschlossen haben. Nicht so leicht zu finden ist eine Antwort darauf, von welchen Experten sich die Landkreise beraten lassen.
Auf einer Veranstaltung des Bundesamtes für Strahlenschutz trat kürzlich Dr. Karsten Runge, Geschäftsführer der OECOS GmbH, im Namen des Bündnisses Hamelner Erklärung auf und schilderte die Risikokommunikation zum Stromnetzausbau aus Sicht „betroffener Bürger“.
Wer oder was steht hinter der OECOS GmbH?
Die OECOS GmbH ist bei großen Infrastrukturvorhaben kein unbeschriebenes Blatt, und sie sollte vor allem eines nicht: sich als „betroffene Bürger“ bezeichnen.
Durch sie wurde zum Beispiel die NABEG-Arbeitsgruppe der Bundesnetzagentur (BNetzA) planerisch beraten. So findet sich ein Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Karsten Runge auf der Seite der Bundesnetzagentur, wo er sich mit den „Ökologische Auswirkungen von Freileitungen und Erdkabeln (380 kV)“ beschäftigt, die laut der Verfasser eine „maßgebliche Grundlage der Strategischen Umweltprüfung des gültigen Bundesbedarfsplans Übertragungsnetze ist“ (siehe hier). Auch bei E.ON war OECOS schon auf der Gehaltsliste (hier).
Man muss eine hochgradige Befangenheit vermuten, wenn ein Unternehmen selbst von sich sagt, es sei „mit den Planungsfragestellungen des Netzausbaus sehr gut aus eigenen Aufträgen für Netzbetreiber vertraut“. Mehrfach war die OECOS GmbH für den Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz tätig, der für den nördlichen Teil des Südostlinks zuständig ist.
Noch immer im Auftrag der Netzbetreiber?
Wie kann davon ausgegangen werden, dass die Interessen der betroffenen Menschen von diesen Vertretern gewahrt werden? Genauso gut könnte man die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und 50Hertz sowie die Bundesnetzagentur selbst engagieren.
Am vergangenen Montag schwärmte der dem Bündnis beigetretene Hofer Landrat Dr. Oliver Bär (CSU) in der Frankenpost: “Das Bündnis hat ein ziemliches Gewicht, sitzt bei den wichtigen Entscheidungen mit am Tisch.” Nun, das ist keine Überraschung: Wie man an den Beratern des Hamelner Bündnisses sehen kann, ist es offensichtlich ein Konstrukt aus dem Zentrum des Trassenbefürworter-Lagers. Deshalb sitzen ja auch die “gewichtigen Entscheider” automatisch mit am Tisch. Nur leider entscheiden sie nicht in erster Linie im Interesse der Kommunen vor Ort, das liegt den bezahlten Planern so fern wie Hameln den betroffenen Menschen in Oberfranken und der Oberpfalz.
Die Landräte, die mit dem mehr als intransparenten Bündnis Hamelner Erklärung liebäugeln, sollten es besser wissen. Sie sollten auf für die Öffentlichkeit nachvollziehbare Art und Weise für Rechtssicherheit und Mitsprache dabei sorgen, dass ihre Landkreise das Recht bekommen, das ihnen zusteht. Denn das ist ihr Job, dafür wurden sie gewählt.
Bündnisse dieser Art liegen im Trend, siehe “Zweckverband Garzweiler” zwischen Tagebau-Kommunen und RWE. Auch diese Kommunen bilden sich ein, ihrer Region etwas Gutes zu tun, indem sie mit RWE zusammenarbeiten, weil sie hoffen, dass die Verantwortlichen damit “mit in die Pflicht genommen werden, Zukunft zu gestalten und die Dinge gemeinsam mit uns zu gestalten”. Der Preis ist hoch: RWE erhält einen permanenten Sitz im Lenkungsausschuss und die Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes muss mit RWE “eng abgestimmt” werden.
Reden mit dem Gegner eine Sache. Aber sich auf dessen Seite ziehen lassen sollte man sich deshalb nicht.
https://www1.wdr.de/nachrichten/geheimvertrag-rwe-tagebau-kommunen-100.html