Von: Inge Hofgärtner (ingehofgaertner@freenet.de)
Laut den einführenden Worten von Peter Lachenmeier (Geschäftsführer Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH und Vorsitzender der Regionalversammlung der IHK Dillingen) würde der Netzausbau durch Bürgerproteste ausgebremst. Daraufhin wurde der Energiedialog gestartet. Die IHK Schwaben hätte sich zunächst für eine Trasse ausgesprochen, die Notwendigkeit wird jetzt diskutiert.
Nach Franz Bihler, dem Energiereferenten der IHK Schwaben begann die Energiewende mit dem Beschluss zum beschleunigten Atomausstieg nach Fukushima, unterstützt durch das Bundesbedarfsplangesetz, dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz und dem Energieleitungsausbaugesetz. Zuerst müsse die Notwendigkeit geprüft, dann der Verlauf festgelegt werden. Wichtig sei die Versorgungssicherheit. Störungen hätten seit 2012 nicht zugenommen, momentan hätten wir noch genügend Strom, doch wie sieht es 2022 aus? Der Windstrom aus dem Norden müsse abtransportiert werden. Er könne zwar die rechnerischen Nachweise nicht erbringen, glaube aber an die jährlich durchzuführende Bedarfsermittlung und an das, was die Bundesnetzagentur genehmigt. Seiner Meinung nach wird ein Mix notwendig sein aus einer Trasse, Gaskraftwerken, fossilen und erneuerbaren Energien. Dazu kommt, dass die Masten ja nicht wie geplant 80m hoch sein müssten, 40–50m reichten aus, man müsse die Abstände halt kleiner wählen.
Maybritt Otremba war die erste Referentin der Bundesnetzagentur. Ihrer Meinung nach müsse Strom in die Verbrauchszentren transportiert werden. Da erneuerbare Energien hauptsächlich im Norden und Osten erzeugt würden, müsse dieser Strom in den Süden transportiert werden, langfristig sei hierfür der Netzausbau notwendig. Die Beteiligungsmöglichkeiten sollen gestärkt werden, es können nach jedem Schritt schriftliche Stellungnahmen eingebracht werden. Die Bundesnetzagentur genehmige nicht alles, der Südlink sei zu überarbeiten und es wurden nur gut 50 der knapp 100 geforderten Leitungen der Netzbetreiber genehmigt. Die Süd/Ost-Trasse würde angeblich nicht wegen der Braunkohle gebaut (Anmerkung: Folien sollten dies belegen…).
Auch bei Weglassen von Windspitzen würde die Notwendigkeit dieser Trasse bestätigt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. (Anmerkung: sie rechnet mit Offshore-Anlagen, welche noch gar nicht genehmigt sind! Welcher massive Ausbau an Windenergie?)
Alternativen wären Gaskraftwerke, welche sich nicht rechnen und Gas nicht langfristig speicherbar sei, unterschiedliche Preiszonen, Rückkehr zur Atomkraft oder der Bau von Reservekraftwerken, was unrentabel sei und diese wieder zurück gebaut werden müssten.
Der zweite Sprecher der Bundesnetzagentur, Stefan Epping erwähnt die vorher als unrentabel dargestellten Reservekraftwerke wieder als Zwischenlösung, auch könnten fossile Energien zum Ausgleich verwendet werden, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Er betont wieder die Versorgungssicherheit, warnt vor Netzengpässen, Strom müsse aus der Überproduktion im Norden in die industriellen Verbrauchszentren transportiert werden. Auch Preiszonen und der Kapazitätsmechanismus waren Teil seines Vortrags. Des Weiteren könnten uns ja unter anderem Italien oder Frankreich mit Strom versorgen. Zu guter Letzt würde die Bundesnetzagentur selbst Gutachten in Auftrag geben, etwa über die Uni Graz oder die RWTH Aachen.
Zu den Diskussionen:
Auf die Nachfrage, ob bekannt wäre, dass uns Österreich mit über 5GW Strom versorgen könne, lautete die Antwort von Otremba, dass diese Netze nicht berücksichtigt worden wären. Dass das größte geplante AKW Hinkley Point in England uns mit Atomstrom versorgen könne, wie auch ein geplantes AKW in Kaliningrad oder bestehende an der tschechischen Grenze wird damit abgehandelt, dass Deutschland ja keine Insel sei, sondern an das europäische Stromnetz angeschlossen ist. Wollten wir das deutsche Netz davon entkoppeln, müssten wir nach Brüssel gehen, so ein Vertreter von Amprion. Die Fragestellerin betont, dass sie durch ihren Teil der kommenden Leitung keinen Atomstrom fließen haben möchte, schließlich gehöre der dazugehörige Masten ihr, da er in ihrem Garten stünde.
Ähnlich deutlich wird der Irrsinn durch den Kommentar eines Unternehmers, welcher die geplanten Trassen mit einem Teich vergleicht, bei dessen Planung die Frösche gefragt werden, wie groß dieser werden soll. Er wünsche sich die beste Lösung für unser Deutschland und sehe nicht ein, wieso er die durch Netzausbau entstehenden Mehrkosten mittragen müsse, wo die großen Unternehmen doch davon befreit würden. Auf das Erwähnen der Gesamtkosten von ca. 100Mrd Euro für den Netzausbau, welche sich mit etwa 2–4Cent als Netzentgeltumlage bemerkbar machen würden, kamen weder seitens Amprion noch der Bunesnetzagentur Einwände. Mit diesem Netzausbau sind mindestens zwei Subventionen verbunden. Zum einen auf den Bau der HGÜs für 100Mrd Euro, zum anderen auf den Erhalt der gesamten Kraftwerksanlagen (alle alten Kohle- und sonstige Kraftwerke), da eine HGÜ nur Strom in Wärme und elektrische Magnetfelder umwandelt, aber keinen Strom herstellt. Letzteres Phänomen nennt sich Kapazitätsmarkt, Kosten geschätzt 2 Cent pro kWh Jahresverbrauch in Deutschland. Für die eigentliche Energiewende geht dann Energie in Form von Geld aus, die Kohle auch bald.
Fazit: Die Bundesnetzagentur lieferte mit ihren Vorträgen eindrücklich den Beweis, dass das HGÜ-Konzept völlig ungeeignet ist, um die Energiewende in Deutschland voran zu bringen. Dieses ist ganz im Gegenteil kontraproduktiv und wird eine riesige Subventionslawine auslösen. Eine sinnvolles Konzept muss unter allen Umständen die Förderung von Innovationen, Kraft-Wärme-Kopplung, Batteriespeicher, Elektromobilität und Power to Gas umfassen. Das schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze und sichert Deutschlands Position als Exportweltmeister.
Ein Vertreter des AKW Grundremmingen erklärte sehr eindrücklich ‚dass eine HGÜ für die Netzstabilität und für die Versorgungssicherheit aus seiner und aus Sicht eines erfahrenen Elektroingenieurs völlig ungeeignet ist, und belegte dieses Argument mit Beispielen der letzten 8 Wochen. Nur Kraftwerksleistung vor Ort kann 50 Hertz Netzspannung und das System mit Blindleistung und Schwungmasse (Rotierenen Massen) am Leben halten , die HGÜ ist ein digitales System, welches in Sekunden mit verheerenden Folgen lahm gelegt wird:Totaler Black Out in Bayern (der ja gerade durch den Bau neuer Stromtrassen vermieden werden soll – schon wieder gelogen?).
Ein weiterer Kommentar spielt auf die utopische Planung bis 2023 zur Fertigstellung der geplanten Trassen inklusive der zahlreichen Klageverfahren an. Österreich würde uns schon auslachen, sie schmissen ihre alten Ölkraftwerke wieder an, luden ihre Pumpspeicher mit von uns geschenktem Strom voll und verkauften ihn wieder teuer an uns zurück.
Auch auf die Frage nach der Glaubwürdigkeit fehlen Antworten. Die alles entscheidende Frage nach der unabhängigen Bedarfsrechnung bleibt wieder einmal offen. Amprion räumt zumindest ein, dass die RWTH Aachen, bei welcher fünf Lehrstühle vom Netzbetreiber gesponsert werden, sehr nah am Netzbetreiber ist und deshalb etwa noch die Uni Graz zur Berechnung beauftragt worden sei. Auf die Hinterfragung der unabhängigen Berechnungen der Bundesnetzagentur fällt ihnen nur noch ein, dass die Fragestellerin doch ein Institut vorschlagen sollte. Das ist schlichtweg Nonsens, da solange die Bundesnetzagentur zahlt, auch immer nur dasselbe Ergebnis herauskommt. Ehrliche Gutachten schauen anders aus. Interessanterweise decken sich die Energieerzeugungszentren in Ostdeutschland, dem Startpunkt der Süd/Ost-Trasse, genau mit den Braunkohlerevieren in der Lausitz. Dort soll in der Zukunft massiv Windenergie ausgebaut werden, aber wo bitteschön? Welcher Strom soll aus Frankreich kommen? Wie sollen konventionelle Energien zum Ausgleich verwendet werden? Das ist technischer Unsinn, vergleicht man nur einmal die Flexibilität eines Gas- mit der eines Kohlegrills. Laut Amprion müssen Energien gebündelt werden, weshalb auch die Stadtwerke zusammengefasst worden sind. Des Weiteren wären Speicher bis in acht Jahren nicht so weit. Wichtig ist die Info, dass pro Jahr 30–100km Leitung ausgebaut werden können. Das bedeutet, dass diese ach so wichtigen Trassen auch nicht in acht Jahren fertig werden sein können. Die Stadtwerke wurden einfach geschluckt, was zu einem Oligopol geführt hat, was jedem Wettbewerb entgegensteht. Herr Bihler wurde auf seine Überzeugung, dass es einen Mix geben wird gefragt, ob er denn selber gerechnet hätte? Nein, das müsse er ja gar nicht, dafür gebe es die Wissenschaftler. Und auch hier sagen einige dies, andere seien anderer Meinung. Jedoch ist Glaube allein recht wenig und die Mehrheit hat sicher nicht immer Recht, auf die mehrheitlich gewählten Volksvertreter wird lieber nicht eingegangen. Der Amprion Vertreter spricht zum Thema Wissenschaftler sogar Herrn Professor von Hirschhausen fachliche Kompetenz ab, da er nicht einmal einen elektrotechnischen Hintergrund hätte.
Diskussion vor Beginn der Veranstaltung mit zwei Amprion Mitarbeitern (u.a. Herr Preuß, Projektkommunikation):
Amprion: „Wir bauen nur die Leitungen, denen ist es egal, welcher Strom da durchfließt.“
-> Verbraucher und Einspeisende werden offensichtlich nicht berücksichtigt.
Bemerkung auf die Aussage, mittelfristig aus der Braunkohle aussteigen zu müssen: „Müssen wir das?“
-> Klimaziele der Regierung werden ebenso außer Acht gelassen.
Doch mit dieser Trasse wird die Gestalt unserer Energieversorgung auf Jahrzehnte hinaus zementiert, die Energiewende, Klimaziele, Braunkohlereduktion bis zum Ausstieg, Speichertechnologien, Sparpotentiale und der Ausbau der erneuerbaren Energien werden Geschichte sein.
Gaskraftwerke kommen nicht zum Zug, da sie durch den an der Börse gehandelten Strompreis immer als letzte zum Zug kommen. Braunkohle ist billiger, weil die CO2-Zertifikate teilweise unter 3 Euro liegen. Bei mindestens 20 Euro würde sich das Blatt wenden und selbst das wäre nicht angemessen.
Amprion: „Hier sei wohl die Marktpreisgestaltung an der Börse nicht verstanden worden.“
-> Die Preisgestaltung ist jedoch zweitrangig, das Hauptproblem ist nicht zu wenig, sondern zu viel Strom in unseren Netzen.
Amprion: „Die Windmühlen stehen aus Ermangelung an Leitungen still, weil der Strom nicht abtransportiert werden kann.“
-> Weil die Braunkohle nicht abgeregelt werden kann, da unwirtschaftlich, stehen die Windräder still. Diese Leitungen wären doch Braunkohleleitungen, dass soll Amprion endlich ehrlich zugeben.
Amprion: „Ja, es wird auch Braunkohlestrom durchfließen, weil der Leitung die Stromherkunft egal ist.“
Wo soll der Windstrom herkommen, die Trasse beginnt im Braunkohlerevier?
Amprion: „Dieser wird über bestehende Leitungen aus dem Norden bis zum Beginn der HGÜ transportiert werden.“
Ist dort vielleicht auch ein Konverter geplant, da ja Wechsel- in Gleichstrom umgewandelt werden müsste?
Amprion: „ja.“
(Anmerkung: Wohlgemerkt, diese Konverter werden je nach Quelle 7–10ha Fläche verbrauchen.)
Wie sieht es mit der unabhängigen Bedarfsrechnung aus?
Amprion: „Unsere Berechnungen wurden veröffentlicht. In den ersten Informationsveranstaltungen waren nur wenige Teilnehmer.“
-> Wo sind vor allem die Randbedingungen, die Eingabegrößen? Egal welches Szenario im Netzentwicklungsplan betrachtet wird – viel, moderat, wenig Ausbau an erneuerbaren Energien – das Ergebnis sind immer dieselben Leitungen, möglichst überdimensioniert. Wie soll jemand geglaubt werden, der Studien in Auftrag gibt und diese bezahlt, da sind die Prognosen und Resultate doch von vorn herein klar.
Amprion: „Das wird von der Regierung so gefordert und dann müsste ja alles, etwa der Bau von Autobahnen in Frage gestellt werden.“
-> Das sollte auch der Fall sein, da es um die Notwendigkeit geht, nicht die Vertretung einzelner Interessen, kritisches Hinterfragen ist Pflicht. Der Bürger wird für dumm verkauft, da der, der satte Renditen von 9,05% bei 0 Risiko einstreicht – auch wenn kein Strom fließt, fließt der Gewinn – die Notwendigkeit ermittelt und auch noch die Gesetzesvorlagen schreibt.
Amprion: „Bundesrat und Bundestag schreiben die Gesetzesvorlagen, nicht wir.“
-> Von einem Insider ist bekannt, dass die mit Windstromleitung schön gefärbte Gesetzesvorlage aufgrund mangelndem besseren Wissens einfach durchgewunken wurde. Wo sollte also die Kompetenz herkommen, wenn nicht von der Stromlobby?
Wie sieht es mit Entschädigungen aus? Auf Nachbohren lägen diese bei 6 Euro je m² innerhalb des Korridors, dem üblichen m²-Preis für Ackerland in unserer Gegend. Zutreffend auch für Grundstücke mit Haus? Antwort: ja.
Auf die Frage wie mit dieser einer Zwangsenteignung gleichkommenden Existenzruinierung etwas Neues aufgebaut werden soll, kommt lapidar: „Dann bleiben Sie halt dort wohnen.“
-> Sarkasmus vom Feinsten, wo einen jeder, dem ein Haus in baldiger Trassennähe angeboten wird, auslacht. Wo die Ausgleichsflächen herkommen sollen und wie zufrieden die Betroffenen damit sein sollen, auch die Frage nach Bodenproben von bereits überspannten landwirtschaftlichen Flächen bleibt unbeantwortet.
Fazit: Auch an diesem Abend wurde wieder einmal das Märchen der Windstromleitung versucht aufrecht zu erhalten. Kurz zusammengefasst lautet die Botschaft: die Leitung wird ohne Sinn und Verstand geplant, der durchfließende Strom ist egal und die Betroffenen sollen sich nicht so anstellen.
Ob sich die IHK Schwaben oder auch wie in dieser Woche vernommen die IHK Mittelfranken für eine HGÜ-Trasse ausspricht, ist völlig obsolet.
Beim Energiedialog in München preschte die IHK München und Oberbayern mit Herrn Driessen und Dr. Ammann vor. Man benötige alle geplanten HGÜ-Leitungen. Das wurde in jede Kamera gehaucht, die Herr Driessen nur finden konnte.
Auf Rückfrage an Dr. Ammann bekräftige dieser, dass die IHK München und Oberbayern für alle IHKs spräche. Zur Bekräftigung wurde durch Dr. Ammann am 19.01. an alle Energiedialogteilnehmer ein Positionspapier des DIHK verschickt. Dort liest man auf Seite 23 nach, worum es (bei den Überkapazitäten in Europa) wirklich geht: “… Das gilt insbesondere auch für Deutschland als zentrale Drehscheibe für den Europäischen Stromhandel in der EU. Voraussetzung dafür ist allerdings der grenzüberschreitende Netzausbau.”
Auch die Presse hat sich diesem Positionspapier gewidmet. Und es ging darin natürlich auch um die unterschiedlichen Preiszonen, die allerdings nie beim Energiedialog belegt wurden. Tja, liebe IHK Vertreter. Da gehörte man wohl eher der Fraktion der Dampfplauderer an.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article136549338/DIHK-warnt-vor-Teilung-des-deutschen-Strommarktes.html
Dr. Ammann studierte übrigens an der RWTH Aachen (kann man alles so schön googeln). Diese steht wiederum den Übertragungsnetzbetreibern nahe. Und so ist der Klüngel und die Vernetzung der Lobbyisten auch hier belegbar.