BUNDESREGIERUNG- MIT GREENWASHING INS JAHR 2022

EU-Kom­mis­si­on erklärt Inves­ti­ti­on in Atom und Gas als klimafreundlich

Olaf Scholz mag neue Strom­tras­sen, kei­ne Fra­ge, das wur­de schon im Wahl­kampf mehr als deut­lich. Noch vor der Bedeu­tung des Wind­strom-Aus­baus spricht er in sei­ner Neu­jahrs­an­spra­che davon, man müs­se in die euro­päi­schen Über­tra­gungs­net­ze mas­siv inves­tie­ren, denn das brin­ge Wachs­tum, Arbeits­plät­ze und Wohl­stand für Deutsch­land. Der Aus­bau von PV wird als fun­da­men­ta­le Säu­le des Kli­ma­schut­zes gar nicht erst genannt, son­dern ver­sinkt irgend­wo im “und so wei­ter” – Zufall, Ver­gess­lich­keit, klei­ne Schus­se­lei? Eigent­lich sagt Scholz es ja: “Wir wer­den uns unab­hän­gig machen von Koh­le, Öl und Gas.” Von einer Unab­hän­gig­keit von Atom­kraft sagt er nichts. Also geht auch der euro­päi­sche Strom­han­del klar.

EU-Taxo­no­mie: Atom­kraft und Erd­gas wer­den grüngeredet

Buch­stäb­lich ein paar Minu­ten vor dem Jah­res­wech­sel wur­den die kon­kre­ten Plä­ne der EU-Kom­mis­si­on bekannt, – wel­chen Sta­tus die Atom­kraft zukünf­tig erhal­ten sol­le (voll­stän­di­ger Text hier). Eine Über­ra­schung war es nicht, denn die Ent­wick­lung war seit vie­len Jah­ren erkenn­bar (schon in den Plä­nen der Euro­päi­schen Ener­gie­uni­on Anfang 2015 war die Akzep­tanz für Kern­kraft auch in Zei­ten der Ener­gie­wen­de kein Geheim­nis, sie­he hier). Inves­ti­tio­nen in Erd­gas- und Atom­ener­gie sol­len in der EU künf­tig als kli­ma­freund­lich gel­ten. Es ist nicht zu erken­nen, dass Bun­des­kanz­ler Scholz und die Bun­des­re­gie­rung dem effek­tiv etwas ent­ge­gen­set­zen werden.

Denn hin­ter den Kulis­sen von Poli­tik und Wirt­schaft scheint die zukünf­ti­ge Rol­le der Atom­kraft längst aus­dis­ku­tiert wor­den zu sein. Man gönnt es den Atom­kraft­geg­nern, sich vor den jetzt still­ge­leg­ten AKW über den Erfolg ein wenig zu freu­en. Wäh­rend­des­sen spinnt die euro­päi­sche Atom­lob­by wei­ter Plä­ne und Ver­net­zun­gen, schla­fen gelegt hat sie sich nie.

Auch vom baye­ri­schen Wirt­schafts­mi­nis­ter Hubert Aiwan­ger war kürz­lich zu hören, dass neue gro­ße Strom­lei­tun­gen nach Bay­ern viel­leicht doch ganz gut wären, viel­leicht brau­che man ja im Win­ter auch mal den fran­zö­si­schen Atom­strom, wenn die Son­ne nicht schei­ne. Eine Aus­sa­ge, die einer­seits erken­nen lässt, dass eine ech­te Ener­gie­wen­de nicht ange­strebt wird, die aber auch fahr­läs­sig ist, wenn man sieht, dass kurz vor Jah­res­wech­sel 30 Pro­zent der AKW in Frank­reich vom Netz gehen muss­ten und nicht ein­satz­be­reit waren, um der baye­ri­schen Wirt­schaft zu bil­li­gem Strom zu verhelfen.

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Auch die Grü­nen rol­len mit Zustim­mung zum EU-Netz­aus­bau dem Atom­strom den roten Tep­pich aus

Laut Netz­ent­wick­lungs­plan steu­ert Deutsch­land in eine Strom­lü­cke – nicht zuletzt in eine Öko­strom­lü­cke. Zu bewei­sen, dass es Ener­gie­sys­te­me mit Erneu­er­ba­ren Ener­gien gibt (sie­he z.B. den Zel­lu­la­ren Ansatz), die ohne fos­sil-ato­ma­ren Strom funk­tio­nie­ren, das wäre jetzt die Auf­ga­be der neu­en Bun­des­re­gie­rung. Vor allem aber müss­te end­lich der Zusam­men­hang von Strom­han­del, Netz­aus­bau und dem Erhalt von fos­sil-ato­ma­rer Ener­gie­er­zeu­gung kri­tisch über­prüft wer­den. Wohin die vor­lie­gen­den Strom­tras­sen-Plä­ne füh­ren, soll­te spä­tes­tens jetzt auch der letz­te grü­ne Poli­ti­ker ver­stan­den haben. Was aber rei­tet den neu­en Minis­ter für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz Robert Habeck, wenn er behaup­tet: “Durch den mas­si­ven Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien und die Beschleu­ni­gung des Netz­aus­baus wer­den wir zei­gen, dass dies in Deutsch­land mög­lich ist”?

Kann man schon machen, dass man ver­sucht, mit Dreis­tig­keit und Rea­li­täts­ver­leug­nung die eige­ne Glaub­wür­dig­keits­lü­cke zu über­spie­len, die jetzt mit dem 1. Janu­ar 2022 so groß ist wie das Loch im AKW Fuku­shi­ma nach der Explo­si­on. Ein guter Start ist das nicht, denn die Fak­ten­la­ge bleibt glas­klar, und sie ist im Netz­ent­wick­lungs­plan nach­zu­le­sen: Zukünf­tig will die Bun­des­re­gie­rung die Ver­sor­gungs­si­cher­heit in Deutsch­land mit Strom­im­por­ten aus den Län­dern auf­recht erhal­ten, die sich stark machen für ein Wie­der­erstar­ken der Atom­kraft. Ein euro­päi­sches Ener­gie­sys­tem mit hun­dert Pro­zent Erneu­er­ba­ren Ener­gien stre­ben folg­lich de fac­to auch die Grü­nen nicht an.

Die Glaub­wür­dig­keit der Grü­nen wird dar­an zu mes­sen sein, ob sie wei­ter­hin den roten Tep­pich für Atom­strom aus­rol­len wol­len oder ob sie end­lich bereit sind, dar­über zu dis­ku­tie­ren, wel­cher Netz­aus­bau für die Ener­gie­wen­de tat­säch­lich benö­tigt wird. Es ist kein Geheim­nis, womit der Aus­bau von Erneu­er­ba­ren Ener­gien steht und fällt, denn baye­ri­sche Stadt­wer­ke schla­gen seit Mona­ten bei Gesprä­chen mit Bun­des- und Landespolitiker*innen Alarm, dass die Ener­gie­wen­de in Gefahr ist, weil die Ver­teil­net­ze feh­len. Das Über­tra­gungs­netz kann auf die­ser Ebe­ne kei­nen rele­van­ten Bei­trag zur Ener­gie­wen­de leisten.

Über­tra­gungs­net­ze statt Ver­teil­net­ze sind Fehlinvestition

Müss­te jetzt nicht drin­gend ver­hin­dert wer­den, dass weit mehr als 100 Mil­li­ar­den Euro, Roh­stof­fe und für den Aus­bau von Ver­teil­netz, Spei­chern und EE benö­tig­te Arbeits­kräf­te in Mil­li­ar­den­grä­ber wie Süd­link und Süd­ost­link ver­geu­det wer­den, um den Han­del mit Atom­strom zu för­dern? Sei­tens der Poli­tik auf Lan­des- und Bun­des­ebe­ne hört man lei­der nicht, dass die­ses ele­men­ta­re Pro­blem über­haupt wahr­ge­nom­men wird. Die Dis­kus­si­on um den not­wen­di­gen Netz­aus­bau fin­det nicht statt, statt­des­sen wird Atom­kraft und der Aus­bau des EU-Strom­han­dels als grü­ne Inves­ti­ti­on verkauft.

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