Wieder einmal lädt die Bundesnetzagentur zu einer ihrer Veranstaltungen, mit denen sie ihrer Informationspflicht der Öffentlichkeit nachkommen will.
Auch bei diesem Termin stellen sich den in Aktionsbündnissen organisierten Bürgerinitiativen zahlreiche Fragen:
- Warum legt man diesen Termin auf einen Werktag, an dem die meisten ihrer Arbeit nachgehen müssen?
- Warum findet dieser Informationstag in Frankfurt statt und damit weitab von den durch die geplanten Gleichstrom- und Wechselstromtrassen betroffenen Bürgern? Wir fordern die Bundesnetzagentur auf, ihrer Informationspflicht dort nachzukommen, wo es auch den zahlreichen Betroffenen möglich ist, an den Veranstaltungen teilzunehmen. Diese Vorgehensweise hat mit einer echten Bürgerbeteiligung nichts zu tun.
- Welchen Wert haben Grenzwerte, wenn nicht erwiesen ist, dass sie die Gesundheit schützen?
- Die Bundesnetzagentur verspricht in ihrer Einladung einmal mehr, alle Fragen zum Vorgehen der Behörde bei der Genehmigung von Stromleitungen und zu Ihren Beteiligungsmöglichkeiten zu beantworten. Doch was nützen den Bürgerinnen und Bürgern Beteiligungsmöglichkeiten an einer nicht ergebnisoffenen Diskussion?
„Wenn es um den Schutz unserer Gesundheit geht, kennen wir als staatliche Behörde keine Kompromisse: Beim Netzausbau achten wir darauf, dass zum Schutz des Menschen alle Grenzwerte eingehalten werden“, verspricht die Bundesbehörde. Die existierenden Grenzwerte sind jedoch nicht ausreichend erforscht.
Bereits bei der Bürgerinitiativen-Konvent-Veranstaltung in Fulda Ende März wurde von Herrn Otte von der Bundesnetzagentur immer wieder betont, dass die Grenzwerte bei elektrischen und magnetischen Feldern eingehalten werden sollen. Keine Antwort hatte er leider auf das eigentliche Problem. Die um die Leiterseile entstehenden permanenten Korona-Felder ionisieren die in der Luft immer vorhanden Staubpartikel, die dann vom Wind in die Umgebung verfrachtet werden. Diese giftigen Stoffe führen, wie bereits in Brokdorf festgestellt, zu einer erhöhten Kindersterblichkeit durch Leukämie und Lungenkrebs. Hierfür gibt es keinerlei Grenzwerte.
Das Bundesamt für Strahlenschutz hat erst Mitte 2017 ein großangelegtes Forschungsprojekt gestartet, um die Risiken des Stromnetzausbaus zu untersuchen. Ergebnisse können frühestens in einigen Jahren vorliegen. Schon bei der Auftaktveranstaltung in Berlin stellte die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz, Inge Paulini, fest: Das Forschungsprogramm behindere den Ausbau des Stromnetzes “in keiner Weise”. Welche Schutzmaßnahmen gäbe es, wenn sich herausstellen würde, dass die Grenzwerte zu hoch angesetzt sind? Gesundheit ist ein hohes Gut. Trotzdem wird darauf erklärtermaßen nicht vorrangig Rücksicht genommen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sieht sogar in einer Beschleunigung des Netzausbaus eine seiner vordringlichsten Aufgaben – „Netzausbau first“. Für Großkonzerne und Investoren geht es schließlich um Investitionen im hohen zweistelligen Milliardenbereich mit einer gesetzlich garantierten Eigenkapitalrendite von derzeit 9,05 Prozent, auf Kosten der Stromkunden. Wir Bürgerinnen und Bürger können vor allem eins erkennen, Fakten sprechen eine deutliche Sprache: Die Energiewende wird ausgebremst, einen Kohleausstieg gibt es nicht, aber wir brauchen angeblich zahlreiche neue, teure Stromtrassen, als Freileitungen oder als Erdkabel, für die nicht vorhandene Energiewende. Das sollen die Betroffenen hinnehmen, ohne ein tatsächliches Mitspracherecht zu haben.
Denn die rechtlichen Grundlagen für die gesamte Netzausbau-Planung sind äußerst zweifelhaft. Nach Aussagen renommierter Rechtsexperten ist das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) sowohl mit Europarecht als auch mit der Aarhus Konvention nicht vereinbar. Die gesamte Netzausbau-Planung, die mit dem Szenariorahmen beginnt, beinhaltet ein gravierendes Versäumnis: Die Bestimmungen der Aarhus Konvention garantieren der betroffenen Öffentlichkeit bei Umweltverfahren den Zugang zu Gerichten, wenn alle Optionen noch offen sind. Es besteht jedoch keine rechtsverbindliche Einspruchsmöglichkeit gegen ein Szenario, das nur Stromtrassen als Umsetzung der Energiewende sieht. Unverbindliche Info-Veranstaltungen zu einem so späten Zeitpunkt sind schlicht lächerlich. Deshalb fordert das Aktionsbündnis den Stopp des widerrechtlichen, zentralistischen und intransparenten Planungsverfahrens beim Netzausbau.
Unser Aktionsbündnis vertritt seit Anfang 2014 zahlreiche Bürgerinitiativen entlang des geplanten Südostlink – aber auch BIs, die gegen unnötige Wechselstromleitungen kämpfen – und damit einen großen Teil der Bevölkerung in diesen Regionen. Durch die Erfahrungen dieser Jahre konnte kein Vertrauen in die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur entstehen. Die bayerischen Bürgerinitiativen werden deshalb ihren fundamentalen Widerstand gegen einen Netzausbau fortführen, der nicht der Stromversorgung dient, sondern dem Profit der Konzerne, die ihre Pläne mit Hilfe der BNetzA ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Anwohner durchsetzen wollen. Die Bundesnetzagentur trägt aktiv dazu bei, die deutschen Klimaziele zu verfehlen. Mit ihrer Vorgehensweise macht sie sich zum Gehilfen dieser Konzerne, anstatt dem Gemeinwohl zu dienen.
Zeitgleich zu unserer PM wurden auch vom Aktionsbündnis Ultranet und vom Bundesverband gegen Suedlink Pressemitteilungen in ähnlicher Form an einen ähnlichen Verteiler geschickt. Wir sind gespannt, ob wir die eiserne “Mauer des Schweigens” in der überregionalen Presse durchbrechen können.