Kosten im Verhältnis zum Nutzen beim Netzausbau kein Thema?
Am 28.01.2021 wurde im Bundestag das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) verabschiedet. Damit stimmt das Parlament nach nur dreißigminütiger Aussprache für einen noch umfangreicheren, beschleunigten Netzausbau. Dies stößt im bundesweiten Bündnis der Trassengegner auf Kritik. Dörte Hamann vom Aktionsbündnis Trassengegner dazu: „Mit großer Bestürzung stellen wir fest, dass das Thema Kosten beim Stromnetzausbau in der Diskussion bei der Entscheidung keine Rolle gespielt hat. Das halten wir für höchst verantwortungslos gegenüber den kleinen Stromkunden, die diesen Netzausbau über die Netzentgelte finanziell tragen sollen. Die Bundesregierung und die zustimmenden Parteien verabschieden einen ganzen Katalog voller Milliardenprojekte, ohne die von der EU vorgeschriebene Kosten-Nutzen-Analyse vorgelegt zu haben. Wir halten diese Pläne für europarechtswidrig. Deshalb fordern wir eine unabhängige Prüfung von umweltverträglichen, bezahlbaren Lösungen, wie sie auch im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschrieben sind.“
Überdimensionierter Netzausbau ist katastrophales Signal an Stromkunden und Absage an Klimaschutz
„Pläne für den Netzausbau zugunsten einiger weniger Profiteure gibt es mehr als genug, aber ein Plan für eine gesamtgesellschaftlich nutzbringende Energiewende fehlt weiterhin. So kann Klimaschutz nicht gelingen!“, kritisiert Hamann. „Den Übertragungsnetzausbau in diesem Ausmaß voranzutreiben, ohne ihn wirtschaftlich, juristisch, politisch und auf seine Auswirkungen auf die Umwelt hin einzuordnen, steht in eklatantem Widerspruch zu den deutschen Nachhaltigkeitszielen, ist ein höchst unseriöses und unsoziales Vorgehen und damit ein katastrophales Signal. Deutlicher kann man den Stromkunden und Betroffenen nicht sagen: Eure Interessen sind uns gleichgültig.“
Die Kosten für den geplanten Netzausbau steigen laut den Plänen der Bundesregierung damit noch einmal um 17,3 Milliarden Euro, dazu kommen die rund 100 Milliarden Euro Kosten, die mit den bereits verabschiedeten Netzausbauplänen entstehen. Diese Kosten werden von allen Stromkunden getragen, die nicht wie einige energieintensive Betriebe von den Netzentgelten befreit sind. „Das ist eine asoziale Energiepolitik zu Lasten von privaten Stromkunden und dem gesamten Mittelstand, im Interesse eines europaweiten, auch fossil-atomaren Stromhandels, der vorrangig industriellen Großabnehmern dient“, sind sich die Bürgerinitiativen einig.
Netzausbau wird trotz Corona beschleunigt, Mitspracherechte werden ausgehebelt
Das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG), gegen das das Bündnis im Mai 2020 einen bundesweiten Protesttag organisiert hatte, wurde am 20.01.2021 sang- und klanglos bis Ende 2022 verlängert. Damit werden die Mitspracherechte bei Großprojekten praktisch ausgehebelt, wichtige Erörterungstermine finden nicht statt oder werden online abgehandelt, womit den Betroffenen, aber auch Umweltverbänden und nicht zuletzt der gesamten Öffentlichkeit der Zugang zu einem transparenten Verfahren verwehrt bleibt. Diese Entscheidung ist genau das Gegenteil davon, was nötig wäre, um massive Großprojekte wie Südlink, Südostlink, Ultranet, Juraleitung und weitere zu begleiten. „Wir sehen durch diese gravierenden Eingriffe den sozialen Frieden in zahlreichen Regionen gefährdet“, so die Sorge der Vertreterin der Bürgerinitiativen. „Ein sofortiges Moratorium mit Überprüfung der Alternativen für diese überholte Übertragungsnetzausbauplanung sind nach unserer Ansicht unerlässlich. Die Verstärkung der dezentralen Strukturen bei der Energieversorgung würde für mehr regionale Wertschöpfung sorgen. Dazu müssen die Themen Sektorkopplung und Energiespeicher zwingend bei der Planung eine deutlich stärkere Berücksichtigung finden. Nur so können Klimaschutz und Energiewende gelingen.“
Ihrer Verantwortung gegenüber Ihren Wählerinnen und Wählern kommen die Bundestagsabgeordneten bis auf wenige Ausnahmen in keiner Weise nach. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier behindert die schnelle Umsetzung der Energiewende seit Jahren, wie an zahlreichen Entscheidungen klar erkennbar ist.
Die Bürgerinitiativen fordern deshalb: „Die für vom Netzausbau betroffene Regionen verantwortlichen Politikerinnen und Politiker aller Ebenen, Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, aber auch kommunale Vertreter*innen, müssen ein Moratorium zur Chefsache machen. Es darf kein Meter Trasse gebaut werden, bevor dies nicht bezüglich der Kosten, offener juristischer Fragestellungen und bezüglich des Nutzens für Versorgungssicherheit, Energiewende, Natur- und Klimaschutz transparent überprüft worden ist. Es gibt kostengünstigere und umweltfreundlichere Alternativen zu den jetzt im Bundestag verabschiedeten Plänen. Im Wahljahr 2021 sollte klar sein, dass wir niemanden aus der politischen Verantwortung entlassen werden, wenn für die schädlichen Milliardengräber und gegen eine dezentrale Energiewende mit den Bürger*innen gestimmt wurde.“
Für das bundesweite Aktionsbündnis gegen den überdimensionierten Netzausbau:
- Dörte Hamann, Sprecherin Aktionsbündnis Trassengegner / Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse ABSOT (Kontakt: pressestelle@stromautobahn.de)
- Maria Quanz, Verbandssprecherin (HE) Bundesverband der BI gegen SuedLink
- Sebastian Locker, Aktionsbündnis Ultranet
- Conny Zeidler, Sprecherin der BIs gegen den Ersatzneubau Juraleitung
- Petra Filbeck, Sprecherin BüfA Regensburg