Stillstand in der Energiewende – Beschleunigung beim Trassenbau?
Der Widerstand gegen den überdimensionierten Netzausbau ist die Grundvoraus-setzung für eine dezentrale Energiewende. Trassengegner verschiedener Aktionsbündnisse treffen sich deshalb am kommenden Samstag, den 24. März 2018, in Fulda zum Thema „SuedLink – SuedOstLink – Ultranet im Spannungsfeld von Energiewende, Politik und Netzausbau“. Die gemeinsame Forderung ist: Ja zur Energiewende – Nein zum überdimensionierten Netzausbau!
Es werden Mitglieder von rund 60 Initiativen aus dem Bundesverband gegen Suedlink (BBgS), dem Aktionsbündnis Ultranet sowie dem bayerischen Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse erwartet.
Mit der Verstärkung der überregionalen Zusammenarbeit fordern die Trassengegner ein Umdenken in der Energiepolitik von Bundesregierung und Landesregierungen: Dass die massiven Investitionen in ein europäisches Mega-Stromnetz die Energiewende voranbringen, so die Behauptung der großen Energiekonzerne und Übertragungsnetzbetreiber, wird von Seiten der Aktionsbündnisse fundamental in Frage gestellt. Erkennbar ist, dass der europäische Stromhandel, vor allem auch mit Atom- und Kohlestrom, im Vordergrund steht. Umwelt- und Klimaschutz wird den eigennützigen Konzerninteressen untergeordnet, eine kostengünstige Energieversorgung steht nicht im Vordergrund. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss vorrangig dezentral erfolgen, und es muss verstärkt in Speicher und dezentrale Verteilnetze investiert werden. Mit dieser Forderung stehen die BI-Vertreter nicht allein: Unterstützung kommt von Referenten des BUND Naturschutz, B.A.U.M. Consult, Eurosolar e.V. und von Vertretern von Parteien.
Die dezentrale Energiewende benötigt dringend eine breite gesellschaftliche Basis. Denn die Entwicklungen der letzten Wochen waren für die Stromkunden und für Energiewende-Befürworter alles andere als positiv:
Traumrenditen für Neubau von Trassen sollen bleiben
Dem geplanten Netzausbau wird Vorrang auf allen Ebenen eingeräumt. Am 22.03.2018 entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass die Bundesnetzagentur die garantierten Eigenkapital-Renditen der Netzbetreiber nicht wie geplant kürzen dürfe. Es war vorgesehen, ab 2019 die Rendite von stattlichen 9,05 Prozent auf 6,91 Prozent zu senken – für ein risikoloses Geschäft noch immer mehr als genug. Den Stromkunden drohen nun deutlich höhere Kosten.
Strategische Einbindung mit den „Rattenfängern“ vom Hamelner Bündnis
In den vom Südostlink betroffenen Landkreisen sind besorgte Landräte dem sogenannten „Bündnis Hamelner Erklärung e.V.“ beigetreten, in der Annahme, nur dadurch würden sie ausreichend Mitspracherecht und Rechtssicherheit bei der Planung der Trasse erhalten. Seit dem 12.03.2018 gibt es den eigens gegründeten „Ausschuss SuedOstLink“ im Hamelner Bündnis. Die Bürgerinitiativen vom Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse warnen eindringlich vor einer strategischen Einbindung. Aktionsbündnis-Sprecherin Dörte Hamann dazu: „Im Interesse der Menschen vor Ort muss ein Beitritt abgelehnt werden. Es geht explizit nicht um die Verhinderung einer unnötigen Trasse oder um die Interessen der Menschen vor Ort, sondern um eine Planung ohne spürbaren Widerstand. Denn die vom Hamelner Bündnis als Berater beauftragte OECOS GmbH ist keineswegs unbefangen, sondern arbeitet seit Jahren im Auftrag von Netzbetreibern, Energiekonzernen und Bundesbehörden. Es sind dieselben Juristen, die mitverantwortlich für die Erstellung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes sind, es sind dieselben Institute, die Aufträge der Netzbetreiber annehmen und die Bundesnetzagentur (BNetzA) beraten. Den sogenannten Beratern muss also eine hochgradige Befangenheit attestiert werden.“
Der bayerische Energiedialog: Monolog der Ideenlosen
Die Energiewende vor Ort in Bayern wird von der Staatsregierung weiterhin ausgebremst. Zu mehr als einem „Monolog der Ideenlosen“ reicht es nicht, wie Robert Wittmann, Mitglied im Sprecherteam des Aktionsbündnisses, zusammen mit weiteren Vertretern der Trassengegner am 12.03.2018 bei der Veranstaltung der Plattform Energie im Bayerischen Wirtschaftsministerium feststellen musste. Mit „Mr Task Force Netzausbau“ Franz Josef Pschierer wurde nun zudem ein expliziter Megatrassen-Befürworter zum Staatsminister für Wirtschaft, Energie und Technologie ernannt.
Trassenbau widerrechtlich beschleunigen
Auch der neue Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will den Netzausbau zur Chefsache machen und sieht im schnellen Ausbau der Stromnetze eine seiner vordringlichsten Aufgaben. Eine Beschleunigung des Trassenbaus wolle er gesetzlich forcieren, so der Wirtschaftsminister. Dies jedoch steht im Widerspruch zu Aussagen renommierter Rechtsexperten, nach deren Beurteilung das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) sowohl mit Europarecht als auch mit der Aarhus Konvention nicht vereinbar sei. Deshalb fordert das Aktionsbündnis den sofortigen Stopp des widerrechtlichen, zentralistischen und intransparenten Planungsverfahrens beim Netzausbau.
dh/22.03.2018