Pressemitteilung vom 29. März 2021
Mitte März wurden Pläne von Tennet bekannt, die darauf schließen lassen, dass sich der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) möglicherweise bereits auf eine bestimmte Streckenführung der Juraleitung festgelegt hat. Die Empörung ist groß, da damit sehr deutlich wurde, dass die Stromtrasse an vielen Stellen sehr nah an die Wohnbebauung heranrückt. Offensichtlich eher unfreiwillig und „aufgrund der Berichterstattung in der Presse“ führt Tennet nun Informationsveranstaltungen für Politik und Öffentlichkeit durch, am 29. und 30. März 2021 soll es laut ÜNB insgesamt drei Veranstaltungen für Vertreter*innen der Bürgerinitiativen (BI) geben.
Die Kriterien für eine gerechte Beteiligung an diesen Veranstaltungen sind alles andere als transparent. Dies wird von den landkreisübergreifend organisierten BIs im Aktionsbündnis gegen die Juraleitung scharf kritisiert. Die BIs im Aktionsbündnis gegen die Juraleitung fordern Tennet deshalb gemeinsam und solidarisch dazu auf, alle Juraleitungs-Bürgerinitiativen gleich zu behandeln und nicht einige nach Gutdünken zu bevorzugen und andere auszugrenzen.
Öffentlichkeitsbeteiligung nur für BIs in bestimmtem Kilometerradius?
Leider hat sich wiederholt, was schon bei anderen Informationsveranstaltungen von Tennet im Sommer 2020 der Fall war: Bürgerreferentin und Projektleiter scheinen überfordert zu sein, kennen die Anzahl und die Namen der Bürgerinitiativen nicht, bemühen sich aber leider auch nicht darum, mit diesen über die bekannten Ansprechpartner des Aktionsbündnisses Kontakt aufzunehmen. Im Gegenteil, Bürgerinitiativen und Sprecher im Aktionsbündnis, die laut Tennet nicht „unmittelbar betroffen“ sind, werden systematisch von den Informationsveranstaltungen ausgeschlossen, Mails werden ignoriert, Anrufe werden nicht beantwortet. Offensichtlich wird eine offene gesellschaftliche Diskussion von Übertragungsnetzbetreiber Tennet nicht gewünscht. Stattdessen werden in einer Art Klassengesellschaft zunächst Bundestags- und Landtagsabgeordnete, danach betroffene Bürgermeister vorab informiert, und erst dann werden vereinzelt BIs eingeladen, die im Nachgang Infos bekommen dürfen. Transparenz hat sich Tennet auf die Fahnen geschrieben. Diese ist allerdings so nicht erkennbar.
Dieses Vorgehen ist alles andere als demokratisch und wirft Fragen auf: Dieses frei erfundene Kriterium einer räumlichen Nähe, die für eine angebliche Teilnahmeberechtigung von Bürgerinitiativen notwendig sein soll, führt jede Öffentlichkeitsbeteiligung ad absurdum. Öffentlichkeitsbeteiligung bei Infrastrukturprojekten kann nicht davon abhängig gemacht werden, in welchem Kilometerradius eine Person wohnt. Völlig ignoriert wird damit, dass sich seit Jahren im Aktionsbündnis Trassengegner nicht nur Anwohner der Juraleitung engagieren, sondern auch solche, die gegen den überdimensionierten Ausbau der Übertragungsnetze und die damit verbundenen ökologischen und sozialen Kosten sind. In Zusammenarbeit mit Experten sind sich die Trassengegner einig, dass der Bedarf für die Juraleitung P53 nicht belegt wurde, und die P53 die regionale Energiewende und den dringend notwendigen Klimaschutz verhindert. Die massiven Auswirkungen dieses Netzausbaus wie die großflächige Zerstörung des Reichswaldes gehen jeden etwas an, werden von allen Stromkunden bezahlt und sind keine Privatangelegenheit der durch Stromtrassen räumlich Betroffenen. Spätestens mit ihrer durch die Netzgebühren erhöhten Stromrechnung werden dies alle Menschen spüren.
Die sogenannten „Bürgerreferenten für Bürgerbeteiligung“ von Tennet sprechen ihrem Namen Hohn, wenn sie zum wiederholten Mal dem Aktionsbündnis gegen die Juraleitung eine faire und demokratische Beteiligung verweigern. Dies lässt vermuten, dass Kritiker mundtot gemacht werden sollen und Tennet nicht dazu bereit ist, sich der Diskussion mit dem gesamten Aktionsbündnis zu stellen, sondern hofft, die Solidarität unter den BIs zu schwächen, frei nach dem Motto „Teile und herrsche!“. Diesem Vorgehen treten die Vertreter*innen der Bürgerinitiativen entschieden entgegen.
Die vergebliche Suche nach der „verträglichen Variante“
Interessant bleibt in der Diskussion, wie hartnäckig seitens einiger Diskussionsteilnehmer aus Politik und Gesellschaft darauf beharrt wird, dass eine „verträgliche“ Variante des geplanten Megaprojektes realistisch sei. Für den Bedarf der Juraleitung oder den Mythos vom Mindestabstand fehlen jedoch wissenschaftlich fundierte Argumente , denn die oft geforderte „strikte“ Einhaltung von 400 Metern zur Wohnbebauung hat leider keinerlei bindendes rechtliches Fundament, sondern ist lediglich eine Vorgabe, die auf Freiwilligkeit der Übertragungsnetzbetreiber beruht. Auch eine Erdverkabelung, die im Februar 2021 mit der Novelle des Bundesbedarfsplangesetzes für die Juraleitung rechtlich ermöglicht wurde, ist in den Augen der Trassengegner nicht zu akzeptieren, sondern führt zu großen Belastungen durch große Kabelübergangsanlagen und eine unwiederbringliche Zerstörung des Bodenlebens.
Die Suche einiger Trassenbefürworter nach einer angeblich “verträglichen Variante” für die Juraleitung bewerten die Juraleitungs-Gegner als abgekoppelt von der Realität. Die Zustimmung zu dem überdimensionierten und unnötigen Projekt lässt Verantwortungsbewusstsein gegenüber Mensch und Natur vermissen. Das Ziel einer dezentralen Energiewende mit regionaler Wertschöpfung und einer bezahlbaren Energieversorgung, die den Klimazielen entspricht, wird mit dem Bau der Juraleitung und der intransparenten Vorgehensweise nicht erreicht werden können.
Für das Aktionsbündnis gegen die Juraleitung -
Für eine dezentrale Energiewende ohne überdimensionierten Netzausbau
• Dörte Hamann, Vertreterin der BIs aus dem Landkreis Nürnberger Land (Kontakt: pressestelle@stromautobahn.de)
• Oliver Hetzel, Vertreter der BIs aus dem Landkreis Eichstätt
• Wolfgang Schmid, Vertreter der BIs aus dem Landkreis Roth
• Conny Zeidler, Vertreterin der BIs aus dem Landkreis Neumarkt