Bewe­gen­de Rede zur „Tras­sen-Mar­terl“- Ein­wei­hung am 12.07.2024

Am 12.07.2024 wur­de in Luders­heim das soge­nann­te “Tras­sen-Mar­terl” ein­ge­weiht, das als Denk­mal und Sym­bol für 10 Jah­re Wider­stand  gegen den geplan­ten über­di­men­sio­nier­ten Netz­aus­bau rund um Alt­dorf und Luders­heim steht, und das gegen­über vom geplan­ten Stand­ort des neu­en Umspann­werks auf­ge­stellt wurde.

Gar­ry Lehr aus Win­kel­haid ist einer der drei Künst­ler, die  das Tras­sen-Mar­tel gestal­tet haben. Bei der Ein­wei­hung hielt er eine bewe­gen­de Rede, in der er vom Ent­ste­hen und von den Gedan­ken hin­ter dem Tras­sen-Mar­terl erzähl­te, und die wir hier wiedergeben.

 


„Das TRASSEN-MARTERL – für Alt­dorf – Luders­heim – Wein­hof – Winkelhaid“

Sehr geehr­ter Herr Bür­ger­meis­ter Tabor, sehr geehr­ter Herr Geist­mann, lie­be Alt­dor­fer und Luders­hei­mer, lie­be Wein­ho­fer und Win­kel­hai­der, Freun­de und Unter­stüt­zer der Bürgerinitiativen,

wir haben uns heu­te hier zusam­men­ge­fun­den, um ein soge­nann­tes Mar­terl zu ent­hül­len. Ein Mar­terl ist ein Bild­stock, ein Flur­denk­mal am Weges­rand aus Stein, Metall oder eben Holz, es erzählt Geschich­ten aus der Ver­gan­gen­heit und es zeugt von guten so wie schlech­ten Lebens­er­eig­nis­sen auch in der Gegenwart.

DER KÜNSTLERISCHE PROZESS – Anläss­lich des 10-jäh­ri­gen Bestehens der Bür­ger­initia­ti­ve „Akti­ons­bünd­nis Tras­sen­geg­ner“ in Bay­ern wur­de ange­fragt, wer denn bereit wäre, an der Her­stel­lung einer Skulp­tur mit­zu­wir­ken, die einer­seits die­sen lang­jäh­ri­gen Wider­stand gegen­ständ­lich dar­stel­len kön­ne und gleich­falls den Ort kenn­zeich­nen soll­te, an dem ein euro­päi­scher Netz-Kno­ten­punkt für Strom­han­del, sprich ein gigan­ti­sches Umspann­werk, ent­ste­hen soll. So fan­den sich tat­säch­lich drei ganz unter­schied­li­che Men­schen und wur­den sogleich zum Erstel­len einer Skulp­tur beauf­tragt! Der ers­te war Wer­ner Kal­bus aus Alt­dorf, der spon­tan eine Skiz­ze erstell­te und somit Ideen­ge­ber der hier ste­hen­den Skulp­tur wur­de. Wolf­gang Kau­tz, sehr ambi­tio­nier­ter Künst­ler aus Birn­thon, stieß dazu und brach­te sei­ne gera­de­zu unend­li­chen Erfah­run­gen im Umgang mit Holz und Metall mit ein. Auch ich wur­de gefragt, ob ich mich gern mit ein­brin­gen möch­te. Dar­auf­hin kon­tak­tier­te ich mei­ne Kol­le­gen und es kam zu einem ers­ten Treffen.

Wir drei waren uns einig, die Idee war sehr gut, und wir began­nen viel über Aus­füh­rung und detail­lier­te Aus­ge­stal­tung immer wie­der zu dis­ku­tie­ren. Es fühl­te sich gut an, an etwas zu arbei­ten, was Sinn macht, und wir freu­ten uns gemein­sam, wie Spon­ta­nei­tät und Gestal­tungs­wil­le unse­re krea­ti­ven Kräf­te frei­setz­ten! Es hat uns ein­fach Spaß gemacht, alle theo­re­ti­schen Ansät­ze kon­struk­tiv, hand­werk­lich umset­zen zu kön­nen. Ein durch­weg krea­ti­ver Pro­zess, des­sen Ergeb­nis heu­te vor uns steht: Das „TRASSEN-MARTERL“! Dan­ke auch an die­ser Stel­le den Feu­er­wehr­leu­ten, die gemein­sam mit der Stadt Alt­dorf einen geeig­ne­ten Stand­ort fan­den und auch die End­mon­ta­ge rea­li­sie­ren konnten.

Wir möch­ten heu­te ein Zei­chen set­zen. Ein gebau­ter Hin­weis für 10 Jah­re Wider­stand gegen Strom­au­to­bah­nen in Bay­ern. Dabei ist das rot-gel­be Kreuz Sym­bol für die­sen Wider­stand und ist somit unver­zicht­ba­rer Bestand­teil unse­rer Mar­terl-Skulp­tur gewor­den. Es mar­kiert Area­le, Gren­zen und Ver­läu­fe, wo Strom­mas­ten, Umspann­wer­ke und Strom-Über­ga­be­sta­tio­nen sowie Erd­ver­ka­be­lun­gen geplant sind. Posi­tiv gese­hen steht das rot-gel­be Kreuz jedoch auch für eine dezen­tra­le und regio­na­le Ener­gie­ver­sor­gung und somit für die wah­re Ener­gie­wen­de! Die­ses Kreuz sagt „STOP! – Bis hier­hin und nicht wei­ter“ und steht somit auch für den Erhalt unse­rer Hei­mat, unse­rer Kul­tur-Land­schaf­ten, unse­rer Wäl­der und Fel­der, und last but not least steht es eben­so gegen die Beein­träch­ti­gung und Gefähr­dung unser aller Gesund­heit und der Gesund­heit unge­bo­re­nen Lebens! Mit die­ser Skulp­tur wird das rot-gel­be Kreuz zum Zei­chen, das von uns, dem „Akti­ons­bünd­nis Tras­sen­geg­ner“, heu­te in eine ein­ma­li­ge Kul­tur­land­schaft gesetzt wurde.

Die zwei Ste­len, hier als Grenz­mar­kie­rung ver­stan­den, aus einer uralten Eiche her­aus­ge­sägt und bear­bei­tet, die ein­mal ver­mut­lich ein Jahr­tau­send stolz als Baum im deut­schen Wald stand, sym­bo­li­siert auch hier, wie in ver­gan­ge­ner Zeit, Stand­fes­tig­keit, Aus­dau­er, Gerichts­bar­keit … wofür auch unser Akti­ons­bünd­nis steht. Die zwei Ste­len sym­bo­li­sie­ren unse­re Demo­kra­tie, sie tra­gen alte Wun­den und Ver­nar­bun­gen und eben­so ganz neue Ver­let­zun­gen. Sie atmen förm­lich Geschich­te und Gegen­wart in Einem. Sie wer­den die Zeit über­dau­ern. Die zwei Ste­len ste­hen sich in ihrer Unter­schied­lich­keit wie zwei Pole gegen­über und sym­bo­li­sie­ren in ihrer Dua­li­tät die Demo­kra­tie im Spie­gel ihrer Ver­fas­sung. Sie ist angeschlagen!

DER ORT – Das Mar­terl steht hier an dem Ort, an dem ein 16 ha gro­ßes Umspann­werk und ein euro­päi­scher Netz­kno­ten­punkt ent­ste­hen sol­len. Die damit ein­her­ge­hen­de bru­ta­le Zer­stö­rung unse­rer Boden-Res­sour­cen macht uns betrof­fen, fas­sungs­los und wütend. Die zwei Ste­len sind in einer Nord-Süd-Ach­se aus­ge­rich­tet und mar­kie­ren und sym­bo­li­sie­ren somit den haupt­säch­li­chen Ver­lauf der Strom­au­to­bahn, die den Strom – angeb­lich – aus dem Nor­den in den Süden brin­gen will. Das Mar­terl hin­ter­fragt die­sen Anspruch, indem das Kreuz, der Wider­stand, es durch­kreuzt! Das Kreuz will hier aber auch ver­bin­den und bewah­ren. Es will Fort­schritt und Inno­va­ti­on in dezen­tra­len Ener­gie­pro­jek­ten und for­dert Ver­nunft ein im Umgang mit Mensch und Natur! Die Durch­sto­ßun­gen des rot-gel­ben Kreu­zes durch bei­de Ste­len mar­kie­ren neue, extre­me Ver­let­zun­gen, die beim Bege­hen von demo­kra­ti­schen Pro­zes­sen bis hier und heu­te ent­stan­den sind.

Bit­te blei­ben Sie und ihr alle inspi­riert, las­sen Sie sich ein, umge­hen Sie das Mar­terl, um die Kraft zu spü­ren, die zukünf­tig die­sen Ort neu zu defi­nie­ren ver­mag. Gemein­sam sind wir stark.
VIELEN DANK

Gar­ry Lehr

 

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