Best of See­ho­fer – Klei­ne Chro­nik der wich­tigs­ten Drehmomente

von Bür­ger­initia­ti­ve Lein­burg <bi-leinburg@stromautobahn.de>

Foto: Dörte Hamann
Foto: Dör­te Hamann

Es ist kein „Dreh“strom, der ein­mal durch die Hoch­span­nungs-Gleich­strom-Über­tra­gungs­lei­tun­gen flie­ßen soll. Das Tau­zie­hen bei der Pla­nung der Tras­sen ist den­noch von wech­sel­haf­ten poli­ti­schen Spiel­chen geprägt, die rasant sind – selbst die eige­nen Par­tei­freun­de in der CSU kön­nen ihrem Minis­ter­prä­si­den­ten „Dreh­ho­fer“ nicht immer folgen.

Betrach­tet man See­ho­fers State­ments in einer zeit­lich kom­pri­mier­ten Ver­si­on, kann es einem durch­aus schwin­de­lig wer­den: Mal brau­che es die HGÜ-Tras­sen, mal nicht; mal sei bewie­sen, dass durch sie Koh­lestrom hin­durch fließt, mal wer­den sie wie­der zu Wind­strom­tras­sen; mal sei­en sie not­wen­dig für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit, mal wie­der nicht. Dies sind tat­säch­lich nicht gegen­sätz­li­che Posi­tio­nen ver­schie­de­ner Par­tei­en, die hier auf­ge­lis­tet wer­den, son­dern es sind die in sich voll­kom­men kon­trä­ren Mei­nungs­äu­ße­run­gen eines ein­zi­gen Poli­ti­kers inner­halb von 20 Monaten.

4. Febru­ar 2014: Not­brem­sung – Mora­to­ri­um zur Bürgerberuhigung

Minis­ter­prä­si­dent Horst See­ho­fer hat sich nach den zahl­rei­chen und laut­star­ken Pro­tes­ten gegen die geplan­ten Lei­tun­gen ein­ge­schal­tet, die Not­wen­dig­keit der Tras­se bezwei­felt und in Ber­lin ein Mora­to­ri­um bis August erzwungen.

Aus der Staats­kanz­lei heißt es dazu: „“Wir sind Poli­ti­ker, und wir gehen davon aus, dass wir poli­ti­sche Mög­lich­kei­ten haben.” Mit der geplan­ten Reform des Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Geset­zes (EEG) ände­re sich die Geschäfts­grund­la­ge, sag­te Hadert­hau­er. “Erst wenn wir hier ein Sze­na­rio haben, kön­nen wir sagen, was wir an Tras­sen brau­chen, ob die Tras­sen not­wen­dig sind und wie sie lie­gen.” Die Betrei­ber hät­ten ihre Plä­ne “jetzt zu unter­bre­chen”. Damit folgt das Kabi­nett der neu­en Linie, die Minis­ter­prä­si­dent Horst See­ho­fer (CSU) ver­gan­ge­ne Woche aus­gab.“ [1]

8. Febru­ar 2014: „Gegen den Wil­len Bay­erns wer­den die Tras­sen nicht kommen“

See­ho­fer: „Ich erwar­te, dass die Eck­punk­te der Ener­gie­wen­de zum Bei­spiel beim The­ma Netz­aus­bau mit Blick auf die Ver­sor­gungs­si­cher­heit und die Kos­ten für die Bür­ger noch­mal über­prüft wer­den. Da kann man nicht ein­fach sagen: Ein­mal beschlos­sen, immer beschlossen.“

Fra­ge der BILD an den Minis­ter­prä­si­den­ten: Sie wol­len kei­ne Strom­au­to­bahn von Sach­sen-Anhalt nach Bay­ern. Wol­len Sie die Ener­gie­wen­de torpedieren?

See­ho­fer: „Ganz im Gegen­teil. Bay­ern ist das Mus­ter­land bei der Umset­zung der Ener­gie­wen­de. Wir wer­den die Ziel­mar­ke des Bun­des für 2020 schon in die­sem Jahr errei­chen und ein Drit­tel des Stroms aus erneu­er­ba­ren Ener­gien bezie­hen. Wir Bay­ern brau­chen kei­ne Beleh­rung von irgend­je­mand. Kei­ner kann sich mit uns mes­sen, der sel­ber sei­ne Haus­auf­ga­ben bei der Ener­gie­wen­de noch nicht gemacht hat. Ich möch­te aber, dass die gro­ßen Strom­tras­sen nach Bay­ern noch ein­mal auf ihre Not­wen­dig­keit und auf ihre Mach­bar­keit hin über­prüft wer­den. Das Geschwätz, das dazu ein­ge­setzt hat von EU-Kom­mis­sar Oet­tin­ger und ande­ren Orts­un­kun­di­gen, wird an die­ser baye­ri­schen For­de­rung nichts ändern. Alle müs­sen sich klar sein: Gegen den Wil­len des Frei­staa­tes Bay­ern und 200 Bür­ger­meis­tern und Land­rä­ten kann die Strom­tras­se nicht kom­men.“ [2]

5. Mai 2015: Demo in Ingol­stadt – See­ho­fer zeigt der Kanz­le­rin, wie man mit dem Volk spricht; die Kanz­le­rin zeigt See­ho­fer, wie frau am Ende Recht behält

Besuch der Kanz­le­rin in See­ho­fers Hei­mat­stadt. Gut 2000 Tras­sen­geg­ner bele­ben den Rat­haus­platz mit Trom­meln und Pfeifen.

Der Minis­ter­prä­si­dent macht sich zum Spre­cher der Demons­tran­ten: „Ich bin über­zeugt, dass die­se Tras­se, über die wir hier und heu­te reden, näm­lich die Ost-Tras­se von Sach­sen-Anhalt bis nach Meit­in­gen quer durch Bay­ern, ers­tens nicht not­wen­dig ist. Und zwei­tens haben wir die Ener­gie­wen­de nicht gemacht, um aus der Atom­kraft in die Koh­le­kraft einzusteigen.“

Mer­kel behält letzt­end­lich See­ho­fer gegen­über die Hosen an, wie man jetzt im Rück­blick erkennt – sie wie­gelt ab: „Horst See­ho­fer und ich haben schon vie­le kom­pli­zier­te Pro­ble­me vor uns gehabt. Und Horst See­ho­fer und ich haben immer eine gemein­sa­me Lösung gefun­den. Das wird auch dies­mal so sein. Mehr kann ich dazu heu­te nicht sagen, aber wir wer­den das gemein­sam lösen.“ [3]

8. Juli 2014: Tras­sen oder Blackout!

Wirt­schafts­mi­nis­te­rin Aigner muss für See­ho­fer bit­te­re Pil­len ver­tei­len: „An der Not­wen­dig­keit der Tras­se besteht kein Zwei­fel mehr“, sag­te Wirt­schafts­mi­nis­te­rin Ilse Aigner. Die Ver­sor­gungs­si­cher­heit ist der Grund. Der bis­her geplan­te Tras­sen­ver­lauf wird aber von Bay­ern wei­ter nicht akzep­tiert. Auch der Aus­gangs­punkt im Braun­koh­le­re­vier bei Hal­le (Sach­sen-Anhalt) wer­de nicht hin­ge­nom­men. Eine alter­na­ti­ve Stre­cken­füh­rung soll in den nächs­ten Wochen mit dem Bund abge­spro­chen wer­den.“ [4]

2. Okto­ber 2014: See­ho­fer will Gas­kraft­wer­ke statt Trassen

See­ho­fer hat sich das Argu­ment mit den zu hohen Ren­di­ten für den Neu­bau von Tras­sen (9,05 Pro­zent auf Eigen­ka­pi­tal) zu eigen gemacht. In der Süd­deut­schen Zei­tung for­dert er, den Bedarf an neu­en Lei­tun­gen grund­le­gend zu über­den­ken und statt­des­sen Gas­kraft­wer­ke zu bau­en. Die hohen Kos­ten, die in die Mil­li­ar­den gehen, wür­den wei­ter in die Höhe schnel­len, wenn die Kabel unter die Erde ver­legt werden.

Wir sind im Moment an einer Weg­schei­de, wo wir wirk­lich nach­den­ken müs­sen über den nächs­ten Schritt der Ener­gie­wen­de. Die Befürch­tun­gen, die Lich­ter wür­den aus­ge­hen, sind alle so nicht ein­ge­trof­fen. Der Auto­ma­tis­mus der Ver­gan­gen­heit, wir bau­en erneu­er­ba­re Ener­gien über­all aus und hän­gen dann alles mit Net­zen zusam­men, ist schwer ins Wackeln gekommen.“

Man müs­se auch Alter­na­ti­ven prü­fen. An die Netz­be­trei­ber ging der deut­li­che Vor­wurf, die Tras­sen wür­den ledig­lich Kapi­tal­in­ter­es­sen die­nen, der Schutz der Natur wür­de dabei ver­nach­läs­sigt: “Es geht um nichts ande­res als eine Geld­an­la­ge mit siche­rer Rendite!”.

See­ho­fer will sich nicht unter Druck set­zen las­sen, für Ent­schei­dun­gen kön­ne man sich Zeit las­sen. Bay­ern wer­de in sei­ner Posi­ti­on “eisern” blei­ben. [5]

Novem­ber 2014: Koh­lestrom­lei­tun­gen wer­den wie­der zu Windstrom-Trassen

Beginn des Ener­gie­dia­logs am 3. Novem­ber in Mün­chen. Am Abend sickern ers­te Infor­ma­tio­nen durch, dass es Ände­run­gen bei der Süd-Ost-Tras­se geben soll. Eine offi­zi­el­le Stel­lung­nah­me der Netz­be­trei­ber wäh­rend des „Dia­lo­ges“ gibt es jedoch nicht.

Gleich am dar­auf­fol­gen­den Tag, dem 4. Novem­ber 2014, ver­öf­fent­li­chen die Netz­be­trei­ber ihre neu­en, ver­än­der­ten Plä­ne mit einer ver­län­ger­ten Tras­se. Der Anfangs­punkt ver­schiebt sich rund 150 Kilo­me­ter nach Nor­den von Bad Lauch­städt nach Wol­mir­stedt, der End­punkt soll statt Meit­in­gen in die Nähe von Gund­rem­min­gen ver­legt werden.

Auf dem Ener­gie­dia­log recht­fer­tigt man die­se neue Stre­cken­füh­rung hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand als „Oppor­tu­ni­täts­kos­ten der Akzep­tanz“, was bedeu­tet: Tech­nisch sind die­se Ände­run­gen nicht wirk­lich not­wen­dig – aber auch kei­nes­falls schlech­ter als vor­her, da auch der neue Anfangs­punkt bes­tens dafür geeig­net ist, Koh­lestrom ein­zu­spei­sen. Die Ver­ant­wort­li­chen mei­nen den­noch, mit den über­ar­bei­te­ten Plä­nen wäre glaub­haf­ter, dass vor­ran­gig Wind­strom durch die Lei­tun­gen flie­ßen wür­de, da der Start­punkt Wol­mir­stedt ja nun wei­ter im „wind­rei­chen“ Nor­den liegt. Da gibt man dann auf Kos­ten der Steu­er­zah­ler ger­ne auch mehr Geld aus.

See­ho­fer freut sich: „Das ist schon ein beacht­li­cher Teil­erfolg, dass der Trans­port von Koh­lestrom, der die Bevöl­ke­rung ja vor allem geär­gert hat, ver­hin­dert wor­den ist“. [6]

18. Novem­ber 2014: Ohne Koh­lestrom geht es nicht! – Auch nicht ohne Kohlestromtrassen?

See­ho­fer rudert zurück: Die Ener­gie­ver­sor­gung „wird ohne Koh­le nicht gehen – und auch nicht ohne Gas­kraft. Alles ande­re ist ein Mär­chen, das uns vie­le bei den Grü­nen zu lan­ge erzählt haben, weil sie an die Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Sub­ven­ti­ons­töp­fe her­an wol­len.” [7]

2. Febru­ar 2015: Aigner traut sich was, See­ho­fer schweigt

Am Ende des Ener­gie­dia­lo­ges stellt Aigner fest: “Ich sehe nicht, dass für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit zwei Tras­sen wirk­lich not­wen­dig sind. Und die Mehr­heit der Dia­log­teil­neh­mer teilt mei­ne Mei­nung.“ (Abschluss­state­ment S. 21) [8]

15. / 18. Mai 2015: „Tep­pich­händ­ler“ Horst See­ho­fer schachert mit Ver­läu­fen und Endpunkten

Auf die Fra­ge „Wird es [mit Ber­lin] einen Kuh­han­del mit ver­schie­de­nen Streit­the­men geben?“ ant­wor­tet der Minis­ter­prä­si­dent: „Wir sind kei­ne Tep­pich­händ­ler. So funk­tio­niert Poli­tik nicht. Jede Lösung muss in sich logisch erklär­bar sein. Es ist bes­ser, mal etwas nicht zu ent­schei­den – als etwas Fal­sches. […] Und wenn wir Tras­sen brau­chen, müs­sen sie ver­träg­lich für Mensch und Natur und unter Nut­zung bestehen­der Tras­sen ver­lau­fen. Sicher ist nur: Wenn sie kreuz und quer durch Bay­ern ver­lau­fen, wer­den wir sie poli­tisch und juris­tisch mit allen Mit­teln bekämp­fen. Dann kom­men sie nie.“

Wirt­schafts­mi­nis­te­rin Aigner denkt öffent­lich über einen geän­der­ten Ver­lauf des Sued­link durch Baden-Würt­tem­berg nach und wird von ande­ren Par­tei­en und Bun­des­län­dern für ihre „Sankt-Florians“-Vorschläge hef­tig kritisiert.

See­ho­fer ver­tei­digt sie mit die­sen Wor­ten: “Wir sehen ja auch die natio­na­le Auf­ga­be. Die Wech­sel­strom­tras­se nach Gra­fen­rhein­feld, der Ost­link unter Nut­zung bestehen­der Tras­sen nach Ingol­stadt oder Lands­hut als End­punkt, und von dem Süd­link ein Stumpf nach Gund­rem­min­gen. Das ist unser Gesprächs­an­ge­bot.” [9]

13. Juni 2015: See­ho­fer freut sich über geord­ne­ten „Pro­test“

Weil der Pro­test gegen neue Lei­tun­gen so groß ist, will See­ho­fer eine Abmil­de­rung der Plä­ne für Bay­ern errei­chen. Des­halb möch­ten die Bür­ger­initia­ti­ven (BIs) ihm dan­ken”, so die Ein­schät­zung in einem Bericht über die Stim­mung von Tras­sen­geg­nern in Bad Brückenau.

Der Minis­ter­prä­si­dent ist dann auch ganz ent­zückt über so viel gut­bür­ger­li­chen Blüm­chen-Pro­test mit Blas­ka­pel­le. “Blei­ben Sie bei die­ser Art und Wei­se des Pro­tests”, sagt See­ho­fer. Die sei für ihn eine grö­ße­re Ver­pflich­tung, als wenn „ande­re For­men des Pro­tes­tes“ gewählt würden.

Und so erzählt See­ho­fer den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern dann auch genau das, was sie ger­ne hören wol­len: “Für die Ener­gie­wen­de sind nach mei­ner Über­zeu­gung neue Tras­sen nicht not­wen­dig!” [10]

1. Juli 2015: Glo­ria Vik­to­ria beim Ener­gie­gip­fel – “Sämt­li­che Mons­ter­tras­sen sind vom Tisch”

Seit dem Ener­gie-Gip­fel am 1. Juli im Kanz­ler­amt zeigt die CSU den Bür­gern wie­der ein­mal, wie man “prag­ma­ti­sche” Poli­tik macht.

See­ho­fer fei­ert: „Ich habe ver­hin­dert, dass eine Tras­se mit 75 Meter hohen Mas­ten quer durch fünf baye­ri­sche Regie­rungs­be­zir­ke geht – von Ober­fran­ken bis nach Gund­rem­min­gen in Schwa­ben. Die­ser unse­li­ge Plan ist jetzt vom Tisch. Statt­des­sen wird eine bestehen­de Lei­tung, die aus Ober­fran­ken kommt, genutzt und aus­ge­baut. Sie wird in Lands­hut enden. Bei die­sem Pro­jekt set­zen wir vor allem auf Erd­ver­ka­be­lung. Hin­zu kommt noch ein kur­zer Abste­cher von Hes­sen oder Baden-Würt­tem­berg nach Gra­fen­rhein­feld in Unter­fran­ken. Unter dem Strich bedeu­tet das: Aus 420 eigent­lich geplan­ten Tras­sen­ki­lo­me­tern wer­den in Bay­ern 30 Kilo­me­ter, die noch völ­lig neu gebaut wer­den müs­sen.“ [11] Zudem bekommt Bay­ern zusätz­lich zwei neue Gas­kraft­wer­ke, was beim Ener­gie­dia­log immer als Alter­na­ti­ve zu den Gleich­strom­tras­sen galt.

Die Erklä­run­gen des Minis­ter­prä­si­den­ten, welch enor­me Ver­bes­se­run­gen die Ber­li­ner Ent­schei­dun­gen bedeu­ten, wer­den zuneh­mend gewagt und soll­ten als Bei­spiel für poli­ti­sche Real­sa­ti­re nicht in Ver­ges­sen­heit gera­ten. So ver­spricht See­ho­fer den Bür­gern unsicht­ba­re Erd­ka­bel: “Anders als die ursprüng­lich geplan­ten rie­si­gen Mas­ten quer durch Bay­ern wird man die jetzt ver­ein­bar­ten Erd­ka­bel nicht sehen”. Auch toll: “Bay­ern wird die Ener­gie­wen­de machen ohne gra­vie­ren­de Ein­grif­fe in die Natur”.

Bis jetzt hat sich noch kein Fach­re­fe­rent gefun­den, der See­ho­fer erklärt, dass a) Erd­ka­bel sicht­ba­re Tras­sen ver­ur­sa­chen und b) dies ein gra­vie­ren­der Ein­griff in die Natur ist und c) man Gleich­strom­ka­bel nicht ein­fach wie Lamet­ta auf vor­han­de­ne Mas­ten auf­hän­gen kann. Und d) haben die geplan­ten Gleich­strom­lei­tun­gen nichts mit der Ener­gie­wen­de zu tun, son­dern mit dem Erhalt der Koh­le­ver­stro­mung. Das wuss­te er schon mal, hat er aber wie­der vergessen.

See­ho­fer rech­net nach dem Strom­tras­sen-Kom­pro­miss nicht mehr mit gro­ßem Wider­stand in der Bevöl­ke­rung. Umso mehr ver­wun­dert es ihn, dass das Akti­ons­bünd­nis Tras­sen­geg­ner den Dia­log mit der Lan­des­re­gie­rung auf­kün­digt. Ein wenig ver­letz­ter Stolz ist aus den Reak­tio­nen des selbst­er­nann­ten Volks­ver­ste­hers her­aus­zu­le­sen: “Gesprä­che zu ver­wei­gern ist das schlech­tes­te”, fin­det See­ho­fer. [12]

7. Okto­ber 2015: Koh­lestrom-Erd­ka­bel – „Das soll­ten uns Men­schen und Natur wert sein.” [13]

Seit dem 7. Okto­ber 2015 ist der „epo­cha­le Sieg“ der CSU im Bun­des­ka­bi­nett per Beschluss abge­seg­net. See­ho­fer scheint damit ein poli­ti­sches Erbe hin­ter­las­sen zu wol­len. Dass die Begeis­te­rung vie­ler­orts nicht geteilt wird, wird von ihm hart­nä­ckig igno­riert: „Ich glau­be, das ist eine rich­ti­ge Ent­schei­dung – ich sage epo­chal, weil damit auf der einen Sei­te die Ener­gie­ver­sor­gung im not­wen­di­gen Umfang gewähr­leis­tet ist, auf der ande­ren Sei­te aber weder die Men­schen noch die Natur belas­tet sind.” [14] Die Regio­nen mit den rie­si­gen Koh­le­ab­bau­ge­bie­ten am Ende der Lei­tun­gen und die Umwelt­be­las­tun­gen durch die Koh­le­kraft­wer­ke inter­es­sie­ren offen­sicht­lich nicht.

Seit dem Som­mer herrscht ansons­ten – ober­fläch­lich betrach­tet – Funk­stil­le im Tras­sen­land. Der Pro­test köchelt auf klei­ner Flam­me wei­ter, um im nächs­ten Moment wie­der zum Flä­chen­brand zu werden.

Wäh­rend­des­sen kön­nen sich die Tras­sen­geg­ner die Zeit mit dem Besuch von „Bür­ger­kon­fe­ren­zen“ ver­trei­ben, aus­ge­rich­tet vom „Bür­ger­dia­log Strom­netz“, in denen man die Teil­neh­mer und die Pres­se von der Not­wen­dig­keit der Tras­sen über­zeu­gen will.[15] Die­se Form der soge­nann­ten Stra­te­gi­schen Ein­bin­dung bei Groß­pro­jek­ten ist seit eini­gen Jah­ren das pro­ba­te Mit­tel, um Bür­gern Trans­pa­renz und Mit­spra­che bei der Pla­nung vor­zu­gau­keln. Und auch um davon abzu­len­ken, dass ihnen laut der Aar­hus Kon­ven­ti­on das Recht auf Infor­ma­ti­on, Betei­li­gung und dem Zugang zu Gerich­ten zu einem Zeit­punkt zusteht, an dem noch alle Optio­nen offen sind – die jet­zi­gen Bemü­hun­gen um einen Dia­log kom­men Jah­re zu spät. Die­ser gro­be Ver­stoß im Ver­fah­ren macht selbst ein geneh­mig­tes Pro­jekt wie die HGÜ-Tras­sen zu ille­ga­len Bau­ten. [16]

See­ho­fer und die Koali­ti­on, die Bun­des­netz­agen­tur und die Netz­be­trei­ber arbei­ten dem­nach der­zeit auf Hoch­tou­ren, um Schwarz­bau­ten zu rea­li­sie­ren.
Wenn Sie jetzt wäh­len dürf­ten – wür­den Sie so einem Poli­ti­ker und sei­ner Par­tei Ihre Hei­mat anvertrauen?

[1] http://www.nordbayern.de/region/moratorium-geplant-bayern-bremst-stromautobahn-aus‑1.3435713

[2] http://www.bild.de/politik/inland/horst-seehofer/energiewende-seehofer-geht-auf-gabriel-und-oettinger-los-34586980.bild.html[2]

[3] http://ingolstadt-today.de/lesen–wir-sind-das-volk.html

[4] http://www.mittelbayerische.de/region/neumarkt-nachrichten/neue-stromtrasse-kommt-aber-anders-21102-art1089664.html

[5] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/energiewende-seehofer-stellt-neue-stromtrassen-infrage‑1.2155852

[6] http://www.mittelbayerische.de/bayern-nachrichten/seehofer-lobt-neue-trassenplaene-21705-art1145495.html[6]

[7] http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Seehofer-rudert-zurueck-Ohne-Kohlestrom-geht-es-doch-nicht-id32054167.html

[8]http://www.energieinnovativ.de/fileadmin/user_upload/energie_innovativ/Energiedialog/Dokumente/2015–02-02-Abschlussstatement-Energiedialog.pdf

[9]http://www.merkur.de/politik/ministerpraesident-horst-seehofer-grossen-merkur-interview-wir-sind-keine-teppichhaendler-5009032.html

http://www.br.de/nachrichten/aigner-suedlink-stromtrasse-100.html

[10] http://www.infranken.de/regional/bad-kissingen/Seehofer-Neue-Trassen-nicht-notwendig;art211,1084968

[11] http://www.donaukurier.de/nachrichten/bayern/Herr-Ich-bin-sehr-zufrieden;art155371,3072019#plx1180754572

[12] http://www.sueddeutsche.de/bayern/energiewende-trassengegner-reden-nicht-mehr-mit-aigner‑1.2549797

[13] http://www.br.de/nachrichten/stromnetzausbau-erdkabel-kabinett-bayern-100.html

[14] http://www.br.de/nachrichten/stromnetzausbau-erdkabel-kabinett-bayern-100.html

[15] http://www.buergerdialog-stromnetz.de/mediathek/dokumentation-buergerkonferenz-erlangen

[16] http://aarhus-konvention-initiative.de/

2 Gedanken zu „Best of See­ho­fer – Klei­ne Chro­nik der wich­tigs­ten Drehmomente“

  1. Wer hat die Bedarfs­er­mitt­lung 2024 der BNA (unter nach­fol­gen­den Link auf­ruf­bar) gelesen?
    http://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/Charlie/ZFBedarfsermittlung2024.pdf?__blob=publicationFile
    Hier steht auf Sei­te 12 u. a.
    …..In den Kon­sul­ta­tio­nen wur­den weni­ger die Metho­dik, son­dern in ers­ter Linie
    das im Modell vor­aus­ge­setz­te Design des Strom­markts und der euro­päi­sche Strom­han­del kritisiert…..
    ….pri­va­te Kon­sul­ta­ti­ons­teil­neh­mer äußer­ten ver­schie­dens­te Wün­sche, zum Bei­spiel den nach einer „dezen­tra­len“ Ener­gie­wen­de oder nach einem beschleu­nig­ten Aus­stieg aus der Kohleverstromung. …
    ……die recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen der Ener­gie­wen­de bei der Bestä­ti­gung des Netz­ent­wick­lungs­plans Strom ste­hen jedoch nicht zur Dis­po­si­ti­on der Bun­des­netz­agen­tur. Der bestä­tig­te Netz­ent­wick­lungs­plan Strom 2024 und der damit festgestellte
    Aus­bau­be­darf sind das Resul­tat der poli­tisch und gesetz­lich für die Ener­gie­ver­sor­gung vor­ge­ge­be­nen Bedin­gun­gen, wel­che die Bun­des­netz­agen­tur zu respek­tie­ren hat und nicht durch eige­ne Vor­stel­lun­gen erset­zen darf. …..

    ……..Die netz­tech­ni­sche Prü­fung und Bestä­ti­gung ein­zel­ner Stre­cken­maß­nah­men blei­ben jedoch inner­halb des gesetz­lich vor­ge­ge­be­nen Rahmens.
    ……Auf­grund ent­spre­chen­der Kon­sul­ta­ti­ons­bei­trä­ge der
    Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung hat die Bun­des­netz­agen­tur aller­dings zusätz­lich eine Alter­na­ti­ve für den HGÜ-Kor­ri­dor D (in Form einer Ver­bin­dung zwi­schen Wol­mir­stedt und Isar/Landshut) geprüft. Im Ergeb­nis kann der erheb­li­che Trans­port­be­darf aus Sach­sen-Anhalt nach Bay­ern auch mit der alter­na­ti­ven Lösung Wol­mir­stedt – Isar bewäl­tigt werden….
    Soweit aus der Bedarfs­er­mitt­lung kopiert.

    Also die Ent­schei­dung liegt beim Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um mit Vor­sitz von Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter Gabri­el (SPD) und bei kei­nem anderem. 

    See­ho­fer hat es ver­sucht die Tras­sen zu ver­hin­dern, man hat ihm aber nur das Bon­bon der Alter­na­ti­ve (wie oben beschrie­ben) gege­ben. – Wahr­schein­lich mit einem –PASTA- muss­te er abzie­hen. Was er erreich­te: Der Süd­link ver­läuft nur noch bis Gra­fen­rhein­feld und ab Regens­burg bis Lands­hut wird es wahr­schein­lich Erd­ver­ka­be­lung geben. Aller­dings benö­ti­gen die Lands­hu­ter auch einen Stand­ort für den Kon­ver­ter, der kann nicht unter die Erde, da wird es noch eini­ges Geran­gel geben, wenn erst ein­mal bekannt ist wel­ches Aus­maß die­ser haben wird.
    Die Bewoh­ner und Land­schaft ober­halb von Regens­burg bis zur Thü­rin­ger Gren­ze, wer­den alles abbe­kom­men!!!! Dar­auf wur­de kei­ne Rück­sicht genommen.

    See­ho­fer hat das min­des­te her­aus­ge­holt was bei dem star­ren Ver­hal­ten der ent­schei­den­den Per­so­nen mög­lich war. Der gro­ße Ener­gie­be­ra­ter von Sig­mar Gabri­el ist Rai­ner Baa­ke (die Grünen)

    http://www.agora-energiewende.de/de/presse/agoranews/news-detail/news/rainer-baake-direktor-von-agora-energiewende-wird-staatssekretaer-im-bundeswirtschaftsministerium/

    Er hat die Zügel in der Hand und berät den Wirt­schaft­mi­nis­ter indem er ihm sug­ge­riert was er für sinn­voll zu hal­ten hat, so ist auch die Ago­ra Ener­gie­wen­de bei der Baa­ke vor­mals Direk­tor war in die Ent­schei­dun­gen der euro­päi­schen Ener­gie­pla­nung mit eingebunden.
    Wie die Grü­nen vehe­ment die Not­wen­dig­keit der Tras­sen vor­an­trie­ben, das haben wir ja schon aus vie­len Berich­ten und Kom­men­ta­ren auf der Strom­au­to­bahn erfah­ren. Der Traum der Grü­nen scheint zu sein: Euro­pa mit deut­schem Wind- und Pho­to­vol­ta­ik­strom zu versorgen.
    In einer Rede hat Bun­des­mi­nis­ter Gabri­el ein­mal gesagt, dass wenn die trans­eu­ro­päi­schen­Tras­sen gebaut sind z. B. die Kli­ma­an­la­gen Ita­li­ens mit PV-Strom aus Bay­ern bedient wer­den kön­nen, oder so ähn­lich auf alle Fäl­le bleibt einem bei so einer Aus­sa­ge schon die Luft weg. 

    Von den Par­tei­en kann ich nur erken­nen, dass die Frei­en Wäh­ler immer an der Sei­te der Tras­sen Geg­ner stan­den. Sie haben ihr Mög­lichs­tes getan. Allen grö­ße­ren Par­tei­en gebe ich aber die Schuld wenn die Ener­gie­wen­de in einem Desas­ter endet.

    1. Klar ist natür­lich, dass See­ho­fer nicht allei­ne die Tras­sen beschlos­sen hat, son­dern er zusam­men mit der Koali­ti­on, und dort spie­len sogar Grü­ne wie Baa­ke eine Rol­le, das ist bekannt. Aber wenn die Zita­te im Text immer noch nicht aus­rei­chen, um zu bele­gen, dass er sei­ne selbst gesteck­ten Zie­le wie „Gegen den Wil­len Bay­erns wer­den die Tras­sen nicht kom­men“ NICHT erreicht hat und dies auch nie ernst­haft vor­hat­te, dann weiß ich auch nicht mehr. 

      Er hat NICHT das Mög­lichs­te ver­sucht, son­dern er hat immer wie­der, schon kurz nach dem Mora­to­ri­um Anfang 2014, aus­ge­tes­tet, wann und wie es ihm gelingt, sich aus sei­nen Wahl­ver­spre­chen an die Bür­ger her­aus­zu­steh­len. Wenn er es doch ernst­haft ver­sucht hät­te, dann wäre es hoch­not­pein­lich, am Ende nur mit die­sem Ergeb­nis, vor dem wir jetzt ste­hen, herauszukommen. 

      Die meis­ten Grü­nen wol­len in Sachen Tras­sen das Glei­che wie CDU, CSU und SPD – das ist genau genom­men ziem­lich irre, aber war­um sol­len sie dafür von uns mehr Kri­tik bekom­men als die ande­ren Par­tei­en, die an der Regie­rung sind? Ich bewer­te Poli­ti­ker lie­ber danach, was am Ende “hin­ten raus­kommt”, um es mal mit den ele­gan­ten Wor­ten unse­res Alt­kanz­lers zu sagen, und da haben sich die meis­ten Poli­ti­ker, die auf der für Lob­by­is­ten inter­es­san­ten Ebe­ne arbei­ten, nicht mit Ruhm bekle­ckert. Auf die 20-mona­ti­ge See­ho­fer-Show und sein unehr­li­ches Gezie­re hät­te ich per­sön­lich getrost ver­zich­ten kön­nen, denn es hat uns Tras­sen­geg­nern mei­ner Mei­nung nach mehr gescha­det als genützt, dass wir bis­wei­len sogar als hin­ter­wäld­le­ri­sches See­ho­fer-Gefol­ge wahr­ge­nom­men wurden.

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