Akti­ons­bünd­nis­se for­dern: NABEG 2.0 – Kein Frei­brief für Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber beim Stromnetzausbau

Heu­te ent­schei­den die Mit­glie­der des Deut­schen Bun­des­ta­ges über einen Gesetz­ent­wurf, der den Ener­gie­lei­tungs­aus­bau erneut beschleu­ni­gen soll. Aller­dings gibt es bereits seit 2011 das Netz­aus­bau­be­schleu­ni­gungs­ge­setz (NABEG). Nun geht es um „die Beschleu­ni­gung der Beschleu­ni­gung“. Zu Las­ten der All­ge­mein­heit wer­den hier­bei den Über­tra­gungs­netz­be­trei­bern noch weit­rei­chen­de­re Befug­nis­se und Rech­te zuge­stan­den. Denn künf­tig sol­len deren eige­ne Inter­es­sen für die Errich­tung und Inbe­trieb­nah­me von Strom­lei­tun­gen, Gas­kraft­wer­ken und Spei­cher­an­la­gen genü­gen, unge­ach­tet des „öffent­li­chen Inter­es­ses“ oder einer aus­rei­chen­den und dem Gemein­wohl die­nen­den abge­schlos­se­nen Bedarfs­fest­stel­lung. Die­se Geset­zes­fas­sung wider­spricht der Ver­pflich­tung für eine freie und sozia­le Mark­wirt­schaft, ist gegen die Ener­gie­wen­de gerich­tet und wird damit das Errei­chen der Kli­ma­zie­le verhindern.

Sor­gen der Bür­ger­initia­ti­ven wer­den ignoriert

Die gro­ßen Akti­ons­bünd­nis­se von Süd­ost­link (Akti­ons­bünd­nis gegen die Süd-Ost-Tras­se ABSOT), Ultra­net und Süd­link (BBgS) haben in zahl­rei­chen Anschrei­ben Ihren Unmut und ihre gro­ße Besorg­nis über die Novel­lie­rung des NABEG zum Aus­druck gebracht: Wenn die Mit­glie­der des Deut­schen Bun­des­ta­ges durch ihr Votum dem aktu­el­len Geset­zes­ent­wurf zur Beschleu­ni­gung des Ener­gie­lei­tungs­aus­baus zustim­men, wird uns das teu­er zu ste­hen kommen.

Doch unse­re gewähl­ten „Volks­ver­tre­ter“ glän­zen im viel gelob­ten Bür­ger­dia­log erneut – mit weni­gen Aus­nah­men – mit Igno­ranz und Schwei­gen zu unse­ren vor­ge­brach­ten Beden­ken. Im Gegen­teil, durch einen zwi­schen­zeit­lich ein­ge­reich­ten Ände­rungs­an­trag von CDU/CSU und SPD wird das NABEG wei­ter ver­schärft. Das eigent­li­che Ziel, die Ener­gie­wen­de erfolg­reich zu gestal­ten und umzu­set­zen, gerät zuneh­mend aus dem Blick­win­kel. Statt­des­sen gewährt man den Über­tra­gungs­netz­be­trei­bern einen Frei­fahrt­schein für lukra­ti­ve Netz­aus­bau­pro­jek­te. Da poli­ti­sche Fehl­ent­schei­dun­gen ohne Kon­se­quen­zen für die zustän­di­gen Minis­te­ri­en blei­ben, ver­schenkt man hier locker geschätz­te 52 Mil­li­ar­den Euro für einen Netz­aus­bau, der die Strom­prei­se mas­siv in die Höhe trei­ben wird und ver­spielt gleich­zei­tig die Chan­cen einer regio­na­len und dezen­tra­len Ener­gie­wen­de.  No risk – no fun? Auf fach­lich fun­dier­te Ant­wor­ten war­ten wir wei­ter­hin ver­ge­bens. Die Bür­ger­initia­ti­ven wer­den jedoch die Ent­schei­dun­gen der Abge­ord­ne­ten ihrer Wahl­krei­se nicht nur zur Kennt­nis neh­men, son­dern dazu wei­ter­hin das per­sön­li­che Gespräch suchen.

Wider­stand vor Ort wächst weiter

Nach wie vor enga­gie­ren sich Bür­ger­initia­ti­ven haupt­säch­lich aus Hes­sen, Thü­rin­gen, Bay­ern und Nie­der­sach­sen  gemein­sam gegen die geplan­ten HGÜ-Lei­tun­gen Süd­link, Süd­ost­link und Ultranet.

Wäh­rend man zu einem sehr frü­hen Zeit­punkt das OK zu den gigan­ti­schen Strom­netz-Aus­bau­plä­nen der Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber gege­ben hat­te, strei­ten sich heu­te Politiker/innen auf Lan­des- und Kom­mu­nal­ebe­ne über Tras­sen­ver­läu­fe von Strom­lei­tun­gen und ver­su­chen sich in Kla­ge­ver­fah­ren zu weh­ren. Die Geis­ter, die man einst rief, las­sen sich jedoch nicht mehr vertreiben.

Der aktu­el­le Gesetz­ent­wurf zum NABEG wird die Ver­wal­tungs­kom­pe­ten­zen von Län­dern, Kom­mu­nen und Gemein­den stark ein­schrän­ken, gel­ten­des Völ­ker­recht miss­ach­ten, den Umwelt­schutz viel­fach aus­blen­den und Bür­ger­rech­te mit Füßen tre­ten. Trans­pa­renz und früh­zei­ti­ge Ein­bin­dung in den Pla­nungs­pro­zess wird es nicht mehr geben. Bau­maß­nah­men kön­nen vor Abschluss des Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­rens bereits begin­nen. Irrever­si­ble Schä­den (z.B. Wald­ro­dun­gen) in Natur und Land­schaft wer­den bil­li­gend in Kauf genom­men.  Also sind wei­te­re Pro­tes­te vor­pro­gram­miert und Kla­ge­wel­len wer­den den Netz­aus­bau blo­ckie­ren. Solan­ge ÜNB nur im eige­nen wirt­schaft­li­chen Inter­es­se han­deln und vor allem unser „Netz­aus­bau­mi­nis­ter Alt­mai­er“ nicht bereit ist einen Dia­log zu füh­ren, der den Namen auch ver­dient, wird sich der Unmut in der Bür­ger­schaft und in den Netz­aus­bau-Regio­nen ver­stär­ken. Poli­ti­sches Geschwätz war ges­tern, wir for­dern Kon­zep­te! Dass sich Poli­ti­ker gegen­sei­tig auf die Schul­ter klop­fen und uns sehen­den Auges in die Kli­ma­ka­ta­stro­phe füh­ren, darf nicht wei­ter taten­los hin­ge­nom­men werden.

Netz­aus­bau als Wunsch­kon­zert für die ÜNB

Es steht außer Fra­ge, dass ein leis­tungs­fä­hi­ges Strom­netz die Grund­la­ge einer siche­ren Strom­ver­sor­gung in Deutsch­land dar­stellt. Doch in Zei­ten von Ener­gie­wen­de und Kli­ma­schutz wird immer deut­li­cher, dass nur durch die Sek­to­ren­kopp­lung Strom-Gas-Wär­me-Mobi­li­tät die ange­streb­ten Kli­ma­zie­le erreicht wer­den kön­nen. Dazu bedarf es einer gesamt­heit­li­chen Ener­gie­netz­pla­nung und nicht eines über­di­men­sio­nier­ten Stromnetzausbaus.

Die Inte­gra­ti­on der Erneu­er­ba­ren Ener­gien gelingt u.a. durch die Ein­be­zie­hung der vor­han­de­nen Gas­in­fra­struk­tur für Power-to-X-Spei­cher­tech­no­lo­gien, die Umset­zung regio­na­ler und dezen­tra­ler Ener­gie­kon­zep­te im Sin­ne des zel­lu­la­ren Ansat­zes, sowie mehr Fle­xi­bi­li­täts­op­tio­nen für Ver­teil­netz­be­trei­ber. Die nun im NABEG anste­hen­den Ver­än­de­run­gen, in denen sich die Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber zusätz­lich Mono­po­le für Power-to-Gas ins Gesetz schrei­ben dür­fen, kon­ter­ka­rie­ren einen trans­pa­ren­ten Markt und einen gesun­den Wettbewerb.

Strom­netz­aus­bau sei kein Wunsch­kon­zert für Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, ließ Wirt­schafts­mi­nis­ter Alt­mai­er auf diver­sen Sta­tio­nen sei­ner Netz­rei­se ver­lau­ten. Man könn­te hin­zu­fü­gen, aber für Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber und Ener­gie­kon­zer­ne in Zukunft schon!


Für die Bürgerinitiativen: 

 Dör­te Hamann
Spre­che­rin Akti­ons­bünd­nis gegen die Süd-Ost-Tras­se (ABSOT)
pressestelle@stromautobahn.de
www.stromautobahn.de

 Fran­zis­ka Hennerkes
Spre­che­rin Akti­ons­bünd­nis Ultranet
info@aktionsbuendnis-ultranet.de

Maria Quanz
Vor­stands­mit­glied BBgS
Bun­des­ver­band der BI gegen SuedLink
kontakt@bundesverband-gegen-suedlink.de
www.bundesverband-gegen-suedlink.de

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