Die Verantwortung der Wahlgewinner
Das Wahlergebnis hat deutlich gemacht: Klimaschutz und Energiewende sind für die Wählerinnen und Wähler attraktive Themen, bei denen die CSU bislang auf ganzer Linie versagt hat. Auch bei der Frage um den Netzausbau nimmt die CSU die Rolle des Steigbügelhalters zugunsten der großen Energiekonzerne ein, für die der Trassenbau ein Milliardengeschäft ist. Jetzt haben die Freien Wähler durchaus Chancen, auch als Regierungspartei eine mit Fakten übereinstimmende Haltung zum Netzausbau einzunehmen, da sie längst erkannt haben, dass Übertragungsleitungen kein alternativloser Teil der Energiewende sind. Nicht erst im Wahlkampf hatten sich die Freien Wähler den Aussagen der Trassengegner angeschlossen: Der massive Netzausbau ist ganz im Sinne der Großkonzerne und dient dem europäischen Stromhandel, die Chancen für die regionalen Akteure der Energiewende werden damit eingeschränkt und zerstört. Bedeutsame wirtschaftliche Entwicklungen in Bayern finden mit Stromautobahnen nach und durch Bayern hindurch nicht statt.
Die Freien Wähler müssen nun aufpassen, dass sie nicht zur „CSU light“ werden. Es ist möglich, das Wahlthema Stromtrassen in die Koalitionsverhandlungen zu tragen. Dazu gehört in jedem Fall eine Stärkung der dezentralen Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien, die Abschaffung der 10H-Regelung und die Frage um die Gleichstromtrassen sowie die daraus resultierende ausfallsicherungsbedingte Aufrüstung bei Wechselstromleitungen. Jetzt könnte ein guter Zeitpunkt sein, den Beweis anzutreten, dass der vorhandene Netzausbau für die Versorgung Bayerns ausreicht, und dass für die Energiewende mehr Dezentralität mit einem zellularen Ansatz eine große gesellschaftliche und wirtschaftliche Chance für Bayern ist.
Erwartung an die Freien Wähler
Was die Trassengegner von den Freien Wählern erwarten, ist weiterhin die im Wahlkampf eingenommene eindeutig ablehnende Haltung zum Thema überdimensionierter Netzausbau. Damit kann die notwendige Diskussion angestoßen werden, welchen Netzausbau die Energiewende braucht und was ihr schadet. Dazu gehört es, sich entschieden den falschen Behauptungen entgegenzustellen, es sei ausschließlich Strom aus Erneuerbaren Energien, der mit dem Südostlink und anderen Stromtrassen nach Bayern transportiert werden würde. Das grüne Märchen vom Windstrom für den Süden hat ausgedient.
Der jetzt geplante Netzausbau muss überdacht werden, da hohe Anteile Kohlestrom mit eingerechnet werden. Dass ein zeitnaher Kohleausstieg aber dringend notwendig und gesellschaftlich gewünscht ist, wird auch mit den Protesten im Hambacher Forst immer deutlicher.
Als dringend notwendig erachten wir Trassengegner die Stärkung der dezentralen Energiewende in Bayern. Dieses Thema haben die Grünen nicht für sich gepachtet, und gerade deren unverständliche Zustimmung zum massiven Ausbau des Übertragungsnetzes mit Südostlink, Südlink und weiteren Trassen zeigt, dass sie es mit einer Unterstützung des Ausbaus der Erneuerbaren vor Ort nicht so ernst wie notwendig meinen können, wenn sie dieses Ziel durch den Import von Atom- und Kohlestrom konterkarieren.
Die Entscheidungen zum Bau der großen Übertragungstrassen finden in Berlin statt. Es wäre eine völlige Verkennung der politischen Realität, von den Freien Wählern die Durchsetzung eines sofortigen Planungsstopps aller Megatrassen nach Bayern zu erwarten. Die Ansetzung eines erneuten bayerischen Energiedialogs wäre aber zweifelsohne der richtige Weg, um einen zeitgemäßen und den Bedürfnissen der Energiewende angepassten Netzausbau zu garantieren.
Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse arbeitet überparteilich
Wir Trassengegner arbeiten mit allen Parteien zusammen, die gute Lösungen und eine sinnvolle Haltung zum Thema überdimensionierter Netzausbau und dezentrale Energiewende einnehmen, denn die Trassenfrage hängt von politischen Entscheidungen ab und ist keine physikalische Notwendigkeit. Den Kampf gegen den überdimensionierten Netzausbau führt das Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse aber unabhängig von Parteientscheidungen. Bundeswirtschaftsminister Altmaier strebt derzeit weitere Maßnahmen an, um den konzerndienlichen Trassenbau mit Hilfe von Sanktionen und Enteignungen von Grundstücksbesitzern durchzupeitschen. Die Proteste und Aktionen gegen den Südostlink, den Ostbayernring, die P44/P44mod und die Juraleitung gehen deshalb in jedem Fall mit hohem Tempo weiter, unabhängig davon, was bei den Koalitions-verhandlungen in München entschieden wird.