Ener­gie­ex­per­tin Kem­fert klärt Mythen in Her­zo­gen­au­rach auf

von Erwin Mey­er (erwin.meyer@gegenstromtrasse.de)

5. März 2015: Vor­trag von Prof. Dr. Clau­dia Kem­fert in Herzogenaurach.

Die kirch­li­che Erwach­se­nen­bil­dung des Land­krei­ses Erlan­gen-Höchstadt hat­te am Mitt­woch, den 05. März 2015 zu einem Vor­trag von Prof. Dr. Clau­dia Kem­fert gela­den. The­ma des Vor­tra­ges war „Kampf um Strom: Die wirt­schaft­li­chen Chan­cen einer klu­gen Energiewende“.

Die annä­hernd 200 Zuhö­rer wur­den anfangs mit klas­si­scher Musik begrüßt. Nach den Begrü­ßungs­wor­ten des Land­ra­tes Alex­an­der Tritt­hart hieß uns auch der Dekan Peter Husch­ke will­kom­men. Anschlie­ßend stimm­ten uns zwei wei­te­re klas­si­sche Wer­ke mit Orgel und Trom­pe­te, auf den Haupt­teil die­ses Abends, dem Vor­trag von Prof. Dr. Clau­dia Kem­fert, ein.

Zuerst bat sie die Zuhö­rer per Hand­zei­chen, ob sie fän­den, dass die Ener­gie­wen­de auf einem guten Weg sei. Wie zu erwar­ten war, gab deut­lich weni­ger Men­schen, die der Ener­gie­wen­de einen guten Weg beschei­nig­ten. Die über­wie­gen­de Mehr­heit stell­te der Ener­gie­wen­de ein schlech­tes Zeug­nis aus.

Fr. Kem­fert mach­te deut­lich, dass die meis­ten Men­schen die Ener­gie­wen­de nur mit Strom, mit Koh­le- und Atom­kraft­wer­ke sowie mit Strom­tras­sen in Ver­bin­dung brin­gen. Dies sei­en jedoch nur ein gerin­ger Teil der Ener­gie­wen­de. Der über­wie­gen­de Teil der Ener­gie­wen­de wird weder von der Poli­tik noch von den Medi­en erwähnt. Hier­bei han­delt es sich um Ver­kehr, um Haus/Heizung und vor allem ums Ener­gie­spa­ren. Soll­ten die­se The­men nicht mit in Fokus rücken, wären die Kli­ma­zie­le 2020 nur sehr, sehr schwer erreichbar.

Anschlie­ßend nahm sie sich des The­mas Ener­gie­er­zeu­gung an und lob­te den Baye­ri­schen Ener­gie­dia­log, den sie für rich­tungs­wei­send hielt, da hier alle Inter­es­sen­grup­pen mit­ein­an­der rede­ten. Das sei bis­her in der Bun­des­re­pu­blik so noch nie vorgekommen.

Als eine der Auf­ga­ben der Ener­gie­wen­de bezeich­ne­te sie die Ver­sor­gungs­si­cher­heit. Die­se sei durch Lei­tungs­neu­bau zu errei­chen, aller­dings nicht durch Neu­bau von Über­tra­gungs­net­zen, son­dern durch sinn­vol­le Erwei­te­rung der bestehen­den Ver­teil­net­ze, also regio­nal, dezen­tral. Die­se kön­ne man intel­li­gent (Smart Grids) mit­ein­an­der ver­net­zen, so dass Ver­sor­gungs­si­cher­heit gege­ben sei. Die Tech­nik hier­für ist bereits vor­han­den, aber es besteht momen­tan kein Markt, da der Strom zu bil­lig und im Über­fluss vor­han­den ist. Ver­ant­wort­lich für den momen­ta­nen Strom­über­schuss sind haupt­säch­lich die alten Koh­le­kraft­wer­ke (KKW). Die­se soll­te man abschal­ten, was zur Fol­ge hät­te, dass die Strom­erzeu­gung teue­rer wür­de und somit bereits vor­han­de­ne, rela­tiv neue Gas­kraft­wer­ke (GKW) wie­der markt­fä­hig wären. KKW pas­sen nicht für eine nach­hal­ti­ge Ener­gie­wen­de. Sie sind sehr kli­ma­schäd­lich, sehr unfle­xi­bel und deren Abschal­tung hät­te zwei wesent­li­che Vor­tei­le, die Emis­si­ons­min­de­rung und die Markt­be­rei­ni­gung. Ein Grund, war­um die KKW so güns­tig pro­du­zie­ren kön­nen ist der momen­ta­ne Preis der CO2 Zer­ti­fi­ka­te. Er liegt momen­tan bei ca. 7 Euro müss­te aber zwi­schen 40 und 60 Euro lie­gen, um die ange­rich­te­ten Schä­den aus­glei­chen zu können.

Beim The­ma Strom­tras­sen riet sie der CSU, stand­haft zu blei­ben und nicht von ihrer Mei­nung abzu­ge­hen. Eine erfolg­rei­che Ener­gie­wen­de brau­che zwar neue Tras­sen, aber nicht um Koh­lestrom, oder sogar Atom­strom zu trans­por­tie­ren, wie dies mit den Gleich­strom­tras­sen der Fall sein könn­te, son­dern es soll mög­lichst dezen­tral erzeug­te Ener­gien regio­nal ver­tei­len, also in Ver­teil­net­ze, in dezen­tra­le (Gas)Kraftwerke inves­tie­ren und natür­lich auch in Spei­cher. Bei den regio­na­len Kraft­wer­ken sieht Fr. Kem­fert noch Hand­lungs­be­darf in Bay­ern (z.B. 10H-Rege­lung für Windkraft).

Anschlie­ßend räum­te Fr. Kem­fert noch mit 3 Mythen auf:

Mythos 1: Unter­neh­men wan­dern wegen der hohen Ener­gie­kos­ten ab! FALSCH!!

Bei dem über­wie­gen­den Teil der Unter­neh­men machen die Ener­gie­kos­ten nur weni­ge Pro­zent der Gesamt­kos­ten aus. Ande­re Kos­ten (z.B. Per­so­nal­kos­ten) haben eine bedeu­tend höhe­ren Anteil an den Gesamtkosten

Mythos 2: Strom­kos­ten wer­den für Haus­hal­te unbe­zahl­bar! FALSCH!!

Die Strom­kos­ten tra­gen nur einen sehr gerin­gen Teil zu den Haus­halts­kos­ten bei, nicht ein­mal 3 Pro­zent. Mobi­li­tät und Ver­kehr machen fast 30 Pro­zent die­ser Kos­ten aus.

Mythos 3: Erneu­er­ba­re Ener­gien las­sen den Strom­preis explo­die­ren! FALSCH!!

Die Ener­gie­er­zeu­gung mit­tels erneu­er­ba­rer Ener­gien ist sehr preis­wert. An der Strom­bör­se in Leip­zig ist der Strom so preis­güns­tig wie sel­ten zuvor ein­zu­kau­fen. Die­se Preis­sen­kun­gen wur­den nicht an den Ver­brau­cher wei­ter­ge­ge­ben. Je güns­ti­ger der Strom, des­to höher die EEG Umla­ge. Durch die Befrei­ung vie­ler gro­ßer Unter­neh­men von der EEG-Umla­ge, erhö­hen sich die Kos­ten für die pri­va­ten Ver­brau­cher und die klei­nen und mit­tel­stän­di­schen Betriebe.

Gegen Ende ihres Vor­tra­ges stell­te sie noch klar, dass die Bür­ger die eigent­li­chen Trei­ber der Ener­gie­wen­de sei­en. Knapp die Hälf­te, genau 47 Pro­zent, der Anla­gen zur Erzeu­gung Erneu­er­ba­rer Ener­gien befin­den sich in Bür­ger­ei­gen­tum. Nur 12 Pro­zent sind Eigen­tum der gro­ßen Energieerzeuger.

Da hat jemand anschei­nend die Ent­wick­lung kom­plett ver­schla­fen. Klei­ne Anmer­kung von mir.

Fazit von Fr. Kemfert:

Die Ener­gie­wen­de soll­te man als Chan­ce betrach­ten für Inno­va­ti­on, für Wett­be­werbs­fä­hig­keit und für die Wirtschaft. 

Nach zwei Melo­dien aus Eng­land sprach Hel­mut Hof von der kath. Erwach­se­nen­bil­dung das Schluss­wort und mit zwei wei­te­ren klas­si­schen Wer­ken fand der offi­zi­el­le Teil sein Ende.

Im Anschluss trug sich Fr. Kem­fert noch in das „Gol­de­ne Buch“ der Stadt Her­zo­gen­au­rach ein und stand anschlie­ßend noch für Fra­gen zur Ver­fü­gung. Es wur­den auch 100 Exem­pla­re ihres Buches „Kampf um Strom“ ver­teilt, die sie auf Wunsch auch ger­ne signierte.

Mein Fazit:

Ein inter­es­san­ter Abend in schö­nem Ambi­en­te. Ein kurz­wei­li­ger Vor­trag umrahmt von herr­li­chen Musik­stü­cken hät­te sicher­lich mehr als knapp 200 Zuhö­rer ver­dient gehabt. Für Men­schen, die sich erst seit kur­zer Zeit mit die­ser The­ma­tik beschäf­ti­gen war sicher­lich viel Neu­es und Lehr­rei­ches zu hören. Leu­te die bereits tie­fer mit die­ser Mate­rie beschäf­tigt sind, wur­den noch­mals in ihrer Mei­nung bestätigt. 

2 Gedanken zu „Ener­gie­ex­per­tin Kem­fert klärt Mythen in Her­zo­gen­au­rach auf“

  1. Lie­be Dorothea,
    vie­len Dank für die­sen auf­schluss­rei­chen und infor­ma­ti­ven Bei­trag. Gut, dass unse­re stich­hal­ti­gen Argu­men­te gegen den Bau der HGÜ noch­mals von einer aus­ge­wie­se­nen Exper­tin bestä­tigt wurden.

  2. Lie­ber Erwin, vie­len Dank für Dei­nen tol­len Bericht! Lei­der konn­ten wir nicht dabei sein, aber Dank Dei­ner Bericht­erstat­tung wis­sen wir jetzt auch, was dort gespro­chen wur­de. Herz­li­chen Dank!
    Lg Ani­ta Dieminger

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