Von: Reinhard Schechinger (reinhard.schechinger@t-
Sehr geehrter Herr Dipl.-Ing. (FH) Trassenfreund,
Sie haben sich mit Ihrem Plädoyer für die HGÜ-Gleichstrom-Trasse durch Obermichelbach viel Arbeit und Mühe gegeben, vielen Dank dafür!
Da Sie mich explizit mehrfach ansprechen, darf ich Ihnen auch antworten!
Vorab – ich spreche ausschließlich über den Süd-Ost-Link!
Zu 1) Notwendigkeit der Stromtrasse
- Wenn Sie mit „ebensoviele Experten“, die die Trasse fordern, jene meinen, die
– Mitarbeiter der Stromerzeuger- Oligopolisten (E.ON, RWE, Vattenfall, EnBW),
– Mitarbeiter der ÜNB-Oligopolisten (TenneT, Amprion, 50hertz, Transnet BW),
– Politiker im Aktionärsverein oder im Aufsichtsrat der RWE,
– Mitarbeiter der Bundesnetzagentur, BNetzA,
– Wissenschaftler als Gefälligkeitsgutachter, z.B. RWTHA, DENA, sind, dann haben Sie Recht!Mir geht es darum, dass endlich auch die andere Meinung, die Meinung gegen die Trasse, gehört wird und die Mitbürger sich ein ausgewogenes Urteil bilden können. Sollte jemand dann – wie Sie – der sich mit der Materie beschäftigt hat, zur Meinung gelangen, dass die Trasse durch Obermichelbach führen soll, dann soll mir das Recht sein, wir sind dann nur unterschiedlicher Meinung!
- Was die Offshore-Windparks betrifft, schreiben Sie richtig:
„Fakt scheint zu sein“!Folgendes gilt für die Offshore-Windparks in der Ostsee!
In Betrieb Baltic 1 Leistung 48 MW Rostock Leistung 2,5 MW Im Bau Baltic 2 Leistung 288 MW Arconabecken Südost Leistung 480 MW Acadis Ost Leistung 348 MW Sollten die geplanten Projekte jemals ans Netz gehen und nicht am technischen oder am Widerstand des Bundeswehr-Radars scheitern, könnte man zumindest einen der beiden Blöcke des Kohlekraftwerks, KKW, in Lippendorf mit einer Nettoleistung von jeweils 891 MW vom Netz nehmen (oder wenigstens das KKW in Schkopau mit 418 MW oder eines der anderen 3 KKW im Osten), um die Klimaziele zu erreichen! All diese KKW sind im Einzugsbereich der HGÜ-Süd-Ost-Trasse.
Um alles in der Welt sollte man auf jeden Fall aber nicht noch 2 neue Kohlekraftwerke in Profen und Jänschwalde planen! Wahnsinn!
- Sie haben ebenfalls völlig Recht mit der Feststellung, dass es „günstiger war, Strom lokal zu produzieren, statt über große Entfernungen verlustbehaftet zu transportieren“!
Und das ist noch immer so!
Das ist genau der Ansatzpunkt der Energiewende – dezentrale Selbstversorgung, statt gefährlicher und teurer, zentraler AKWs und verqualmter Kohlekraftwerke mit Monstertrassen! Aber selbstverständlich sind diese dezentralen Netze zu modernisieren, um sie NOVA-fähig zu machen (Netzoptimierung vor Netzverstärkung vor Leitungsneubau). Die bestehende Netzinfrastruktur musste sich lange genug und mit Mängeln behaftet durch die Leidenszeit nach der Privatisierung schleppen.
Näheres zu diesem „Repowering“ entnehmen Sie bitte dem Buch von Prof. Dr. Lorenz Jarass: „Welchen Netzumbau erfordert die Energiewende?“ S.95 ff.Hierzu hören Sie nichts von Ihren Trassenfreunden!
- Warum in die Ferne nach Norwegen schweifen, wenn das „Gute“ so nahe liegt? Einerseits gibt es langfristige Verträge mit Österreichischen Kraftwerken und andererseits ein aktuelles Angebot der Österreichischen Verbund AG, eine Wasserkraftleistung von 1200 MW exklusiv für Bayern zur Verfügung zu stellen, verbunden mit der Nutzung bestehender Leitungen!
Das reicht zwar nicht, um die AKW zu ersetzen, könnte aber einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.
Dann nehmen wir noch die Erneuerbaren Energien, EE, in Bayern mit einem Anteil von aktuell bereits 36%, schalten das Gaskraftwerk in Irsching ein, bauen weitere Gaskraftwerke, bauen die EE weiter aus und machen die Speichertechnologie endlich nutzbar und „repowern“ (s.o.) die bestehenden Verbundnetze in alle Richtungen.
Magdeburg ist weiter entfernt von Bayern als Österreich und nach Norwegen ist es noch viel weiter.
Nein, die HGÜ-Süd-Ost-Trasse ist nicht „unumgänglich“, das ist die „1. Große Stromlüge“, die Blackoutlüge oder auch die Lüge vom Versorgungsengpass genannt.Die HGÜ-Süd-Ost Trasse ist überflüssig!
Zu 2) Übertragung von Kohle- u. Atomstrom:
- Auch hier sind wir uns einig: Wir haben keinen Versorgungsengpass, sondern ein Problem mit der Überkapazität. Wir sind uns auch einig, dass wir unsere Nachbarn nicht belästigen sollten, auch wenn Sie uns für überflüssigen Strom, den wir Ihnen schenken, 50 ct/KWh abknöpfen!
Wir sind uns nochmals einig, dass insbesondere bei Starkwind die Probleme am gravierendsten sind. Klar, dass das Stromangebot bei zusätzlicher Einspeisung durch EE wächst.
Wir beide ziehen daraus nur unterschiedliche Schlüsse:
Warum gehen Sie, wie die gesamte Stromlobby, von der ceteris paribus – Klausel aus, dass alle anderen Variablen gleichbleiben, wenn die Einspeisung durch die EE steigt?
Sie machen damit die EE zum mehrfachen „Buhmann“. Zum einen soll es wegen des nicht ausreichend vorhandenen Stroms aus EE zum Blackout kommen, zum anderen sollen die EE dafür verantwortlich sein, dass es wegen zu viel Stroms zum Shutdown kommt! Nicht fair – oder?
Auch wenn sich Kohlestrom liebend gerne mit Strom aus EE untrennbar zusammentut, um zur Senke zu gelangen, warum schalten wir nicht entsprechend ein Kohlekraftwerk nach dem anderen ab?
Dann gibt es nix zum Vermischen und der Strom ist irgendwann nur noch „grün“!Das EEG (Erneuerbare Energie Gesetz) legt zwar in EEG §1 Abs.1 fest, dass wir die Energiewende im Interesse des Klima- und Umweltschutzes anstreben, um fossile Energieressourcen zu schonen und EE zu fördern.
Aber das interessiert doch die Kohlestromlobby nicht, denn leider hat es der Gesetzgeber auf Grund der Einflüsterungen der Lobbyarbeit „versäumt“, einen Passus einzubauen, dass mit einem erweiterten Zubau der EE, die KKW schrittweise zurückgefahren und abgeschaltet werden müssen.
Die Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes EnWG §12 Abs. 3 i.V. mit §11 Abs. 1 liefern den KKW-Betreibern das Alibi für eine 100%-Auslastung, selbst bei Starkwind, wenn das Windrad „works as designed“ – nämlich Strom produziert!
Ergebnis: Jede KWh produzierten Kohle-Stroms muss von den ÜNB abgenommen werden!Und dazu brauchen SIE die HGÜ-Trasse! Das neue Geschäftsmodell der großen „4“ lautet Netze und Kohlestromhandel! Kein Wunder, bei einer garantierten Rendite von 9,05 % im Netzausbau. Zumindest E.ON hat den Ernst der Lage begriffen, RWE verlässt sich auf die SPD-Connection, Vattenfall steigt aus der Kohleverstromung aus!
- Die 100%-Verfügbarkeit der EE (Volatilität):
Sie schließen a priori einen Lösungsansatz (Speichermöglichkeit) aus. Wenn Sie die Arbeit einstellen, dann wird es als „Self- Fullfilling- Prophecy“ so sein!
Es gibt Lösungen, diese müssen dringend in Forschung und Entwicklung gefördert werden, mit ähnlichen Geldmitteln wie damals bei der Atomkraft (zzgl. der heutigen, sozialisierten Endlager- und Abbaukosten) oder so, wie heute der Kohlestrom subventioniert wird mit den verschleuderten CO2-Zertifikaten.
Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass die fossilen Energieträger begrenzt und endlich sind. Wenn ich mich dieser Meinung aber anschließe, muss ich weg vom Uran und von der Kohle und erledige damit nebenbei auch gleich das Klimaproblem durch wesentlich reduzierte CO2-Emissionen.
Näheres lesen Sie hierzu bitte in dem wunderbaren Büchlein von Frau Professor Claudia Kemfert: „Kampf um Strom – Mythen Macht und Monopole“!
Auf jeden Fall ist die mit Abstand schlechteste Lösung, die Volatilität der EE mit KKW ausgleichen zu wollen, da diese viel zu träge reagieren. Sinnvoller sind Gaskraftwerke deutscher Ingenieurskunst (Irsching) mit einem bislang unerreichten Wirkungsgrad. Mit Power-to-Gas muss die Abhängigkeit von Terrorstaaten nicht notwendigerweise neu entstehen
Nein, ich träume nicht! Wir müssen es nur tun, wir haben keine andere Wahl! Wenn wir es nicht tun, müssen es unsere Kinder tun – bitte erklären Sie das Ihren Kindern oder wenigstens meinen! - Kaliningrad und der Atomstrom:
Nach dem Bau der Süd-Ost-Trasse und der daran anschließenden, bereits im Bau befindlichen, Leitung nach Güstrow, Bentwisch, Lubmin braucht es nur noch eine HGÜ-Leitung in der Ostsee nach Kaliningrad!
Null Raumwiderstand, eine Kleinigkeit, in ein paar Monaten erledigt!
Rosatom hat nachweislich sowohl mit der Bundesregierung als auch mit dem ÜNB 50hertz Gespräche geführt! Das AKW ist nach russischer Lesart für den Stromexport nach Deutschland bestimmt.
Deutsche AKW ade – es lebe der russische Atomstrom? Geht’s noch?
Ein absolutes NO GO!
Zu 3) Deutscher Stromexportüberschuss
- Die Verdrehung der Argumente ist üblicherweise der Stromlobby vorbehalten. Aus dem Stromexportüberschuss einen Blackout wegen Strommangels abzuleiten, kann ich nicht akzeptieren. Die Panikmache bei der Abschaltung der ersten AKW nach Fukushima wurde längst entlarvt. Seit der Privatisierung der Stromversorgung kamen die Investitionen in die Netze zu kurz, sie wurden instabiler, es gab dafür keine garantierte Verzinsung von 9,05 %.
Aktuell und zukünftig haben wir keine Stromnot, sondern die Netze sind „ein bisschen verkommen“ – seit sie privatisiert sind und der Gewinnmaximierung dienen!
Leider, sehr geehrter Herr Trassenfreund, werden Sie in Ihren weiteren Ausführungen unsachlich und persönlich!
Wenn Sie mir großzügiger Weise „keine unlauteren Motive unterstellen“, dann tun Sie doch genau das, wenn Sie weiter unten feststellen, „dass Personen durchaus persönliche Motive haben“!
Nur gut, dass Sie mit Ihrem Altruismus ein Menschenfreund sind und sogar den Nürnberger Flughafen gut heißen, obwohl es dessen Erbauern im Jahre 1955 egal war, dass Sie rund 55 Jahre später nach Obermichelbach bauen sollte.
Aber seien Sie getröstet, auch ich war den Erbauern des Flughafens egal!
Aber ich bemerke den aktuellen Flugbetrieb über Obermichelbach kaum – auch nicht auf der Terrasse!
Der Flughafen war genauso vor uns da wie die beiden Hochspannungstrassen am Dorfende bei den Weihern, auch die Ferngasleitung 5 m vor meinem Grundstück, auch die Fernwasserleitung durch mein Grundstück – alles kein Problem für mich!
Das Problem ist nur die HGÜ Süd-Ost-Trasse, die wir nicht brauchen!
Diese „einseitige Sichtweise“ haben mittlerweile weit über 300 000 organisierte Bürger und ungezählte nicht organisierte, die sich bayernweit gegen diese Trasse aussprechen!
Trassenbefürworter gibt es in Obermichelbach auch: Sie und bestimmt noch andere!
Aber natürlich haben Sie Recht:
Die persönliche Betroffenheit war durchaus die Motivation, dass ich begonnen habe, mich intensiv mit der Trasse und der Stromlobby zu beschäftigen!
Das Ergebnis sollten Sie spätestens jetzt kennen:
Die Trasse ist nicht nur überflüssig, sondern sie schadet der Energiewende und dient ausschließlich der Stromindustrie, ein neues Geschäftsmodell zu implementieren, Stromhandel und Netzbetrieb!
Den unterschwelligen Vorwurf, ich wäre ein Anhänger des St. Florian – Prinzips weise ich zurück. Wir brauchen die Trasse weder im Osten, noch in der Mitte, noch im Westen von Bayern.
Es wäre für mich eine zu große Ehre, wenn die Herrschaften die Leitung nur bauen würden, um mich zu ärgern!
Nix für ungut, wir können das gerne weiter persönlich diskutieren!
Viele stromtrassenwiderständliche Grüße
Dipl.- Kfm. Reinhard Schechinger
PS:
Tipp: Sorgen Sie sich nicht um den Flughafen, sondern um ihre Familie! Die von der Gleichstromtrasse ausgehende ionisierte Raumladungswolke (Koronaentladung) wird bei Westwind an den Flugzeugen vorbei auch über Ihr Anwesen samt Terrasse fliegen. Das sind nämlich keine 800 Meter! Sprechen Sie doch bitte mit Ihrer Frau und Ihren Kindern darüber oder tun Sie es einfach als „Schmarrn“ ab, das überlasse ich Ihnen!
Wenn Sie es genauer wissen wollen, dann schauen Sie doch mal rein, auf Seite 2 (man beachte die Quellenangabe!)
www.abindieerde.de/2014–02-Doku/Journalisten%20werden%20Experten._02_2014.pdf
50Hertz, der für die HGÜ Süd Ost zuständige Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) auf Thüringer Gebiet schreibt auf seiner Homepage zur Gleichstromübertragung: „Die neue Leitung wird als Gleichstromverbindungen geplant. Diese Technik ist besser geeignet, große Strommengen zielgerichtet und effizient dorthin zu übertragen, wo diese gebraucht werden, als das mit dem vermaschten Wechselstromnetz möglich ist.“
Ja wo soll denn der Strom hin? Es rentiert sich so richtig, wenn er möglichst weit transportiert werden kann, ins europäische Ausland nämlich. Dort kann er dann teuer verkauft werden, internationaler Stromhandel, im überarbeiteten NEP weiterhin festgeschrieben.
Und dann redet die bayerische und andere Wirtschaft von Versorgungssicherheit! Versorgungssicherheit nur für die Konten der ÜNB, die bleiben gut gefüllt, auch dank der garantierten Super-Rendite von 9,05 %.
Schönen Gruß an den Trassenbefürworter, da soll er mal ansetzen.