10 Jahre nach Fukushima: Hat Europa nichts gelernt? Neuer Netzentwicklungsplan fördert Handel mit Atomstrom und konterkariert deutschen Atomausstieg
Die Öffentlichkeit konnte bis zum 5. März 2021 den neuen Netzentwicklungsplan (NEP) Strom 2035 (2021) konsultieren. Offensichtlich hat jedoch kaum jemand bemerkt, dass dieser Netzentwicklungsplan der Übertragungsnetzbetreiber zeigt: Deutschland steuert auf eine Ökostromlücke zu, die mit Atomstrom gestopft werden soll. Die Bürgerinitiativen des bundesweiten Trassengegner-Bündnisses schlagen deshalb Alarm.
„Die Netzausbaupläne sind ein Offenbarungseid der Bundesregierung und aller verantwortlichen Parteien, die diesen Plänen zustimmen. Hat die Bundesregierung aus dem verheerenden Reaktorunglück von Fukushima nichts gelernt? Mit ihren vollkommen unzureichenden Ausbauplänen für Erneuerbare Energien sorgt die Bundesregierung dafür, dass die deutschen Stromkunden auch in Zukunft Atomstrom nutzen werden – ganz so, wie es die atomare Lobby schon 2011 angekündigt hat“, kritisiert Bündnis-Sprecherin Dörte Hamann. „Der geplante Netzausbau dient nicht der Energiewende, sondern den großen Energiekonzernen, die krampfhaft versuchen, aus komplett veralteten Geschäftsmodellen Profit zu schlagen. In den europäischen Nachbarländern wird erkennbar weiterhin auf Atomkraft gesetzt, was kein Wunder ist, wenn der lukrative EU-Markt die AKW-Betreiber mit Stromhandels-Geschäften lockt. Erstaunlich ist deshalb, dass der Netzausbau immer noch von Seiten der Befürworter als sogenanntes ‚Rückgrat der Energiewende‘ verkauft werden soll. Wer kann das noch ernsthaft glauben?“
Petra Filbeck vom „Bündnis für Atomausstieg (BüfA) und erneuerbare Energien Regensburg“ warnt: „Das birgt die große Gefahr von Atomunfällen, weil Schrottmeiler weiter am Netz bleiben. Mit zunehmender Laufzeit steigt das Risiko eines Super-GAU signifikant an. Wir fordern eine konsequente Energiewende statt Atomkraft.
BBgS-Sprecherin Maria Quanz stellt fest: „Der Protest gegen den überdimensionierten Netzausbau darf nicht nachlassen. Wir stehen vor der absurden Situation, dass der Ausbau des Übertragungsnetzes auch mit dem verstärkten Stromtransit zwischen jenen Ländern begründet wird, die sich klar zur Atomenergie bekennen – Frankreich, inzwischen auch Polen und Tschechien. Auf Kosten kleiner und mittelständischer Stromkunden fördert die aktuelle Netzplanung den fossil-atomaren Stromhandel und konterkariert damit nicht nur die Energiewende, sondern auch den demokratisch beschlossenen Atomausstieg in Deutschland. Die Klimaziele werden nicht erreicht und die Versorgungssicherheit ist in Gefahr. Der vorgelegte Netzentwicklungsplan muss daher abgelehnt werden.“
Im Vorwort des aktuellen Netzentwicklungsplans heißt es: “Konkret spiegelt die Szenarienausprägung für 2035 ein Energiesystem ohne Kernenergie, weitgehend ohne Kohlestrom, mit einem fortgeschrittenen Ausbaustand erneuerbarer Energien zu Land und auf See sowie einer immer flexibler reagierenden Stromnachfrage wider.” (S. 10)
Diese Behauptung ist jedoch schlicht gelogen, betrachtet man die Erzeugung in unseren Nachbarländern und die Tatsache, dass die Importe nach Deutschland laut vorliegendem NEP zunehmen. Dieser Strom stammt zu großen Teilen nicht aus Erneuerbaren Energien: “In Frankreich und Polen macht der Anteil der konventionellen Stromerzeugung im Jahr 2035 noch über die Hälfte aus.” (S. 82) Die Handelsaustausch-Energiemengen in den Szenarien des NEP zeigen: Es finden in allen Szenarien hohe Importe aus Frankreich statt. (S. 84)
Für das bundesweite Aktionsbündnis gegen den überdimensionierten Netzausbau:
- Dörte Hamann, Sprecherin Aktionsbündnis Trassengegner /Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse ABSOT
(Kontakt: pressestelle@stromautobahn.de) - Maria Quanz, Verbandssprecherin (HE) Bundesverband der BI gegen SuedLink
- Sebastian Locker, Aktionsbündnis Ultranet
- Conny Zeidler, Sprecherin der BIs gegen den Ersatzneubau Juraleitung
- Petra Filbeck, Sprecherin BüfA Regensburg
PDF zur Pressemitteilung
“10 Jahre nach Fukushima – Netzausbau für Atomstrom”