Trassengegner blockieren die Energiewende, werden sogar schon als NIMBY (Not in my Backyard) beschimpft. Aber ist es wirklich so? Dieser Beitrag richtet sich an alle, die nicht verstehen, warum es Menschen gibt, die gegen die Trasse kämpfen.
Wir haben die Situation, das wir in Deutschland Bürger haben, die vom Bau der Trasse direkt betroffen sind. Das sind zum größten Teil Bürger, bei denen die Trasse unmittelbar durch die Heimat verlaufen soll. Diese Bürger sind gegen die Trasse, während andere diese Haltung nicht verstehen und die Trasse für die Versorgungssicherheit oder aus anderen Gründen für nötig halten.
Beleuchten wir mal beide Seiten und versetzen uns jeweils in die Lage des anderen.
- Trassengegner, Betroffener vom Trassenbau
- Trassenbefürworter, Zum Beispiel wegen der Versorgungsssicherheit
Alle beiden Gruppen wollen den Atomausstieg und die Energiewende. Aber brauchen wir dafür die HGÜ-Trassen?
Nun zu unserem Gedankensprung
Du bist zu Hause, vertrautes Bild wenn du aus dem Fenster siehst. Möglicherweise siehst du schon eine Autobahn, Gleise oder auch eine vorhandene Freileitung. Du gehst am Wochenende oder am Feierabend auf den Balkon, die Terasse, gehst spazieren, das ist deine Heimat. |
Die Sicht der Trassengegner: |
Plötzlich erfährst du, das dort vor deinem Haus, deinem Fenster, nur wenige Meter weiter eine Stromtrasse gebaut werden soll. Nicht irgendeine, etwas neues, in Deutschland noch nie dagewesenes. Deutschland gehört zu Elite bei der Forschung, da muss man sich auch auf etwas neues einlassen. Doch eine über bewohnten Gebiet noch nicht erforschte Technik? Der Wald, indem du eben noch spazieren warst wird auf einer Breite von mindestens 60 Metern durchschnitten. Bäume weg! Für immer?! Du willst mehr darüber wissen, liest über diese Thematik und dir fällt auf, das an der Trasse andere gutes Geld verdienen, während du sie nicht einmal als 80 Meter hohe Wäscheleine benutzen darfst. Du willst auch wissen für was die Leitung gebraucht wird, aber merkst schnell, dass dir von allen Seiten nur Gegenwind entgegenschlägt. Du erkennst, dass die Trasse gar nicht für die Versorgungssicherheit gebraucht wird. Du willst andere davon überzeugen aber die breite Masse (Trassenbefürworter) will davon gar nichts wissen. Völlig unverständlich, es stehen doch Gesundheit, die Natur und viel Geld auf dem Spiel. Du bist plötzlich ein NIMBY weil du dich schützen willst! |
Der Blickwinkel der Trassenbefürworter: |
Du erfährst vom Trassenbau und das der für eine erfolgreiche Energiewende nötig ist. Klar, im Norden gibt es Strom ohne Ende und der Süden hat bald keinen mehr. Also transportieren wir ihn doch mit einer neuen Stromtrasse, die fast keine Verluste hat. Super Technik. Du bist nicht betroffen, „Gott sei Dank“?! Du hörst von den Protesten der Trassengegner. Warum protestieren die? Woher soll denen ihr Strom kommen? Solche Idioten, Hauptsache sie meckern wieder gegen irgendwas! Du bist Trassenbefürworter, warum auch nicht. Die Proteste der Trassengegner zeigen Wirkung, der Trassenverlauf soll nun geändert werden. Wo verläuft die neue Trasse? Bist du vielleicht betroffen und die Trasse steht bald vor deinem Fenster. Macht nichts, du bist ja für die Trasse. Bist du es immer noch? Jetzt, da sie vor deiner Tür vorbeigeht? |
Sicher trifft dieses Gedankenspiel nicht für alle zu aber es ist meine Erfahrung die ich gewonnen habe, seit ich gegen die Trasse kämpfe.
Bilder: Frank A m b r o s in Verbindung mit pixabay CC0 Public Domain
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und die Städte über 100.000 Einwohner im Norden und in Bayern zum Vergleich herausgesucht, die Zahlen sind aus dem Jahr 2013. Zusammengezählt ergibt sich, dass die Einwohner der aufgezählten bayrischen Städte nicht einmal die Einwohnerzahl von Berlin erreichen. Die gesamte Einwohnerzahl über 100.000 im Norden ergibt 7.540.060, die gesamte Einwohnerzahl der bayerischen Städte über 100.000 beträgt dagegen nur 2.552.093, die Differenz ist 4.987.967, also fast 5 Millionen Einwohner leben in den nördlichen Großstädten mehr als in Bayern, dabei sind die Städte unter 100 000 noch nicht berücksichtigt.
Städte über 100 000 Einwohner im Norden: Berlin 3 375 000, Hamburg 1 734 000, Hannover 514 137, Bremen 546 000, Oldenburg 158 000, Bremerhaven 108 000, Kiel 239 866, Lübeck 211 713, Wolfsburg 122 457 Bielefeld 328 000, Rostock 202 887
Städte über 100 000 Einwohner in Bayern: München 1 388 000 Einwohner, Augsburg 272 699, Nürnberg 495 121, Ingolstadt 133 400, Regensburg 138 296, Würzburg 124 577.
Nun stellt sich die Frage: Wenn nun der Norden auf Grund seiner hohen Bevölkerung einen weit höheren Bedarf hat, warum will er diesen fluktuierenden Windstrom, der mit 19Cent subventioniert wird, nach Bayern schicken?
Antwort: Weil er ohne Regelenergie im Norden nicht zu gebrauchen ist.
Frage: Bayern kann diesen ungeregelten Strom doch auch nicht gebrauchen. Was passiert dann mit dem Strom?
Antwort: Er wird von Österreich und der Schweiz bei Stromüberangebot zum Schnäppchenpreis am Spotmarkt gekauft. – Österreich hat Pumpspeicher und kann diese mit dem Billigstrom füllen.
Nun redet Bundeswirtschaftsminister Gabriel davon den deutschen ungeregelten Strom nach Italien zu schicken um dort die Klimaanlagen im Sommer zu betreiben. http://www.hna.de/politik/zwoelf-eu-staaten-einig-strommarkt-statt-kraftwerke-5083544.html
Welche Hirngespinste hat man ihm da nur wieder vorgegaukelt, Strom aus erneuerbaren Energien über transeuropäische Leitungen in das sonnige Italien transportieren. Wie wär´s wenn die Italiener ihren Strom vor Ort produzieren würden? Das wäre eine gute europäische Lösung. Denn wir deutschen Stromkunden haben unseren Strom aus Erneuerbaren teuer subventioniert und zwar in der Absicht unseren Atomstrom damit zu ersetzen. Wir Stromkunden wollen darum diesen Strom auch selbst verbrauchen und nicht über eine Börse sonst wohin verschenken.
Dem neu gegründeten Bündnis „Energie Union“ in diesem Bericht ist aber nicht Italien beigetreten, sondern beigetreten sind Tschechien und Polen, die in Zukunft nicht auf Erneuerbare setzen, sondern auf Atomenergie, Frankreich setzt ebenfalls auf Atomenergie, diese Länder spekulieren darauf, dass sie, wenn erst einmal die Trassen gebaut sind, uns teuren Atomstrom verkaufen können und zwar dann wenn der Wind nicht weht, denn dann steigen die Preise am Strommarkt. Weht jedoch der Wind so richtig heftig, dann wird der Strom auf Grund des Massenangebots am Spotmarkt immer billiger. Dann kommen Länder wie Österreich und Holland ins Spiel, sie haben bereits 2014 die Situation Billigangebot für sich genutzt und aus den 34,5 Terawattstunden des deutschen Stromüberschusses den größten Teil abgenommen. Das hat bewirkt, dass in Holland die Kilowattstunde nur 18 Cent kostete und in Österreich 20Cent. Der Schweiz gefällt dieses Modell Offshorestrom, sie will künftig auch vom Billigangebot aus Deutschland profitieren.
Dänemark, Norwegen, Schweden, schicken nichtbrauchbaren Windstrom zur gleichen Zeit auf die Reise, wenn Deutschland ebenfalls Überschuss in den Süden schickt. Schon verständlich, dass man da überdimensionale Trassen benötigt. Was war das nun wieder, das in diesen Trassen fließt, wenn kein Wind weht und der Süden in diesem Moment aber Strom benötigt?
Was soll das Gerede von Gabriel, „Deutschland schaut in der Stromversorgung nur auf sich“, hat Deutschland nicht jetzt schon die höchsten Stromkosten. Frage: Wollen wir das so weiter treiben bis unsere mittelständische Industrie am Boden liegt?
Sich so für dumm verkaufen lassen sollten wir Deutsche uns dennoch nicht, darum sollten wir schnellstmöglich Speicher und Regelenergie weiter entwickeln und zwar so, dass keine weiteren Strompreissteigerungen erfolgen.
Nun gibt es ein tolles Interview der Augsburger Allgemeinen mit dem Chef der Lechwerke. Es liest sich verständlich und lässt Hoffnung schöpfen, dass noch nicht alles verloren ist. http://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/Das-sind-die-Fehler-der-Energiewende-id35606512.html
Hier heißt es z.B. auch: “Das Verteilnetz macht 99 Prozent der Leitungen in unserem Gebiet aus, das Übertragungsnetz nur etwas mehr als ein Prozent. Bei einer dezentralen Energieerzeugung ist das Verteilnetz das Rückgrat der Energiewende.”
Überlegung: Bayern hat 7 Regierungsbezirke, also Schwaben, Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Ober‑, Mittel- und Unterfranken. Da eine Versorgung mit den Erneuerbaren von unten nach oben erfolgen muss, so könnte jeder Bezirk ja für sich einmal berechnen, u.a. nach dem Beispiel der Lechwerke, wie seine dezentrale Versorgung aussehen könnte und welche Regelenergie in seiner Region sich anbietet um die gesamte Erneuerbare Energie zu verwerten. Die noch fehlende Leistung müsste durch das eine oder andere Gaskraftwerk ergänzt werden. Ein wichtiger Faktor der Rechnung ist wie schon gesagt der Strompreis. Aber ein Problem nach dem anderen lösen, schön der Reihe nach und nicht das vorhandene Desaster immer noch größer machen.