Von: Dörte Hamann
Die zweite Runde im Energiedialog steht an. Von Ruhe war Innerhalb der BI´s auch zwischen den Feiertagen nicht viel zu spüren. Betrachtet man die Pressemeldungen nach Neujahr, so kann man sich vorstellen, wohin die Energielobbyisten in diesem Jahr noch wollen: Zur Durchsetzung aller im NEP beantragten HGÜ-Trassen. Dabei scheuen sich die Wirtschaftsvertreter nicht, in überregionalen Pressemitteilungen einen aggressiven und unsachlichen Ton anzustimmen.
„In der Praxis ist es leider so, dass der Energiedialog von Vertretern der Industrie, der Gewerkschaften und der Energielobby dominiert und beeinflusst wird“, so der Pressesprecher der BI Altdorf / Burgthann Werner Merkel am 02.01.15 im „Boten“. “Argumente der Vertreter der Bürgerinitiativen sind bagatellisiert oder ins Lächerliche gezogen worden. Es findet eine stete Diffamierung als „Wutbürger“ statt.”
Innerhalb der Bürgerinitiativen ist dies ein häufiges Thema. Die Frage stellen wir uns oft: „Was können wir tun, um nicht als Wutbürger dazustehen? Wie schaffen wir es, nicht unsachlich zu wirken?“
Eine provokative, aber notwendige Frage fällt mir dazu ein: Warum wollen wir keine Wutbürger sein? Wollen wir uns wirklich in unserer Aktion hemmen lassen von einem Begriff, der gezielt als Diffamierungs-Strategie gegenüber demokratisch engagierten Bürgern ins Spiel gebracht wird, sobald eine Gruppe von Menschen es wagt, sich für die Bewahrung des rechten Maßes einzusetzen? Und auch wenn in den letzten Wochen anlässlich der unsäglich dummen Pegida-Demos die Bezeichnung „Wutbürger“ von hasserfüllten Menschen in Verruf gebracht wurde, wir sollten es uns nicht nehmen lassen, sie uns anzueignen und mit einer positiven Bedeutung zu versehen.
Diese Wut, diese Empörung ist der notwendige und gesunde Motor unseres Widerstandes gegen Wirtschaftslobbyisten, deren Ziel ungebremstes Wirtschaftswachstum ist, nicht aber die Durchsetzung einer Energiewende, die auf das Wohl der gesamten Bevölkerung ausgerichtet ist. Die Erhaltung der Natur, die in der bayerischen Verfassung als Staatsziel verankerte „Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen“, der soziale Friede, all das sind Dinge, die nicht selbstverständlich sind. Sie sind es wert, ununterbrochen gegen Egoismus und gegen wirtschaftlichen Profit verteidigt zu werden.
Und dazu braucht es ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein und Chuzpe, gerade auch während des Energiedialoges. Dem Verhaltenskodex der „Lobbyisten-Kommunikation“ sollte man sich dabei nicht anpassen, sondern ihn bewusst missachten: Mit den Bürgern entlang der Trasse kann es keine Aufteilung von Pfründen und damit auch keinen Kompromiss geben. Wir wollen sagen dürfen, was wir nicht wollen, denn dieses Weniger ist in der Folgewirkung konstruktiv und erhaltend. Wir wollen nicht mit Judasgeld an unsere Gemeinden ausbezahlt werden, wir wollen die Trasse nicht verschieben, wir wollen keinen internationalen Stromhandel über Megatrassen anstelle einer dezentralen Bürgerenergiewende!
Stéphane Hessel, ehemaliger Résistance-Kämpfer, findet für diese innere Haltung eines wahren, mutigen Wutbürgers überzeugende Worte: „Mischt euch ein, empört euch! Die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, die Intellektuellen, die ganze Gesellschaft dürfen sich nicht kleinmachen und kleinkriegen lassen von der internationalen Diktatur der Finanzmärkte, die es so weit gebracht hat, Frieden und Demokratie zu gefährden. Ich wünsche euch allen, jedem Einzelnen von euch einen Grund zur Empörung. Das ist kostbar.“
Und diese wohldosierte, überlegte Empörung wirkt genau so, wie es für eine Gesellschaft überlebensnotwendig ist: konstruktiv, nicht hemmend oder sogar zerstörerisch. Sie wird getragen von Empathie und Verantwortungsbewusstsein, und sie bringt die Forderung nach Veränderung auf diesem Weg mit großer Kraft voran.
„Neues schaffen heißt Widerstand leisten. Widerstand leisten heißt Neues schaffen.“
Dörte Hamann,
recht herzlichen Glückwunsch zu Deinem Beitrag, genau so sehe ich es auch.
Die etablierten Parteien (nicht nur die politischen Parteien) haben sich in den letzten Jahrzehnten in Sprache und Verhalten soweit von der Bevölkerung entfernt, dass unser Verhalten als unpassend oder störend empfunden wird.
Ich möchte aber stören, um den z.T. selbstgefälligen und arroganten Vertreter der Parteien zu zeigen, dass wir nicht die Ahnungslosen sind, als die wir immer gerne dargestellt werden.
Ich geben ebenfalls Dörte recht. Wenn es unser Los ist, als Wutbürger bezeichnet zu werden, dann soll es so sein. Aber ich will mir nicht von meinen Kindern und Kindeskindern vorwerfen lassen, warum ich nichts unternommen habe.
Wutbürger sind für mich Mutbürger! Menschen mit Bürgersinn! Menschen die für Demokratie, Transparenz und Moral einstehen.
Es ist unsere Pflicht mit Misstrauen darauf zu achten, wie unsere Regierungen agieren, und wir wollen über die Grundlagen und Hintergründe, sowie über die Risiken und Konsequenzen von Beschlüssen informiert werden, da wir der Politik nicht blindlings vertrauen dürfen und können. Es ist unsere unbedingte, verantwortungsvolle Bürgerpflicht unsere Meinung zu äußern und unseren Standpunkt nachhaltig zu vertreten.
Mut ist, die Wahrheit auszusprechen wo andere schweigen!